Pflanzenkenner wie der Geograph Hermann Bösche halten die Neupflanzung am Berliner Ring für einen Rückfall in alte Zeiten. Eine sinnvolle Lösung wäre es seiner Meinung nach gewesen, die heimische Pflanzenwelt zu integrieren statt auszubaggern. Dass die Exoten lange zum Anwachsen brauchen, zeigt sich jetzt. Die Pflanzen sind zehn Monate nach dem Einpflanzen immer noch mickrig.
So kennen die Bamberger die Grünstreifen am Berliner Ring. Vor allem im Norden blüht es derzeit in vielen Farben. Fotos: Ronald Rinklef
Im Herbst hat das Bauamt eine Wildrasenfläche am Berliner Ring zugeschottert und mit exotischen Arten bepflanzt. Halten die Versprechungen einer Überprüfung stand?
Es war nur eine 2 200 Quadratmeter große Schotterfläche am südlichen Berliner Ring, aber der Streit, den sie auslöste, schlug Wellen bis zum Bayerischen Rechnungshof. Wo täglich 20 000 Autofahrer die Stadtautobahn auf und ab donnern, erlitt der Bamberger Umweltschutz die schwerste Schlappe seit Jahren. Heimischer Sandmagerrassen wurde weggebaggert und in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durch eine exotische Pflanzengesellschaft namens Silbersommer ersetzt. Ein schwerer Vorwurf in einer Stadt, die für ihr Naturschutzkonzept schon Preise einheimste.
Nach über zehn Monaten stellt sich die Frage: Wer hat den Bamberger Rasenkrieg gewonnen? Wie sehen die Flächen aus, von denen das Bauamt im September 2011 in einer Presseerklärung behauptet hatte, sie würden sich bis zum Beginn der Gartenschau in eine ansehnliche Begrünung verwandeln?
Ortstermin am Berliner Ring Höhe Forchheimer
Straße. Wer hier nach blühenden Landschaften fahndet, sucht vergeblich. Es gibt sie nicht, den Fahnen der Gartenschau zum Trotz, die wacker im Wind wehen. Nackt wie eine drei Wochen alte Baustelle sieht der Mittelstreifen aus. Die kleinen Pflänzchen, die sich mühsam halten, wecken eher Mitleid als Freude.
Der überraschende Umbau eines Sand- in eine Kalkschottergesellschaft hatte Ende 2011 zwei veritable Verbände aufgeschreckt: Der Landesbund für Vogelschutz und der Verkehrsclub Deutschland beschwerten sich beim Bayerischen Rechnungshof - wegen Steuergeldverschwendung und eines Verstoßes gegen ökologische Standards.
Beim Anblick des Schotterstreifens runzeln Experten auch im Juli 2012 noch die Stirn. Was wenige wissen: Die nur einmal im Jahr gemähten Grünstreifen links und rechts des Berliner Rings sind eine Insel der Artenvielfalt.
Bis zu 100 verschiedene Gräser-, Kräuter- und Wildblumenarten hat der Pflanzenkenner Hermann Bösche hier schon gezählt - auf einer Distanz von nur 100 Metern. Dagegen kommt ihm das, was jetzt auf der Verkehrsinsel wächst, suspekt vor. Zuchtformen von Sandnelken identifizierte Bösche, aber nicht die heimische Art; Salbei und Wolfsmilchgewächse wachsen hier, kultivierte Formen der Schafgarbe, das kanadische Berufkraut - "alles dubioses Zeug, was bei uns so nicht vorkommt und auch den Tieren nichts nutzt", sagt Bösche.
Doch es gibt eine zweite Erkenntnis: Der "Silbersommer" bekommt Gesellschaft. Überall auf der Steinöde siedeln sich heimische Arten an: Beginnend an den Bordsteinen schmuggelt sich Kompasslattich, Quecke, Gänsedistel ein. Auch Steinklee und Jakobsgreiskraut lässt sich nicht lange bitten und nutzt den sonnigen Standort.
Kehrt etwa die wilde Natur auf die Wüstedes Bauamts zurück? Hermann Bösche wundert es nicht, dass die Exoten nicht unter sich bleiben. "Da wird ständig Staub und Reifenabrieb eingetragen. So können auch andere Pflanzen keimen. "
Im Gegensatz zu den gepflanzten Arten sehen die Wildkräuter allerdings deutlich üppiger aus. Ein Widerspruch, der das Bauamt nicht irritiert. Die gleiche Behörde, die sehr zu Freude von Herman Bösche an der Autobahnauffahrt auch großflächig Sandmagerrasenflächen schützt, sieht sich bei der Entwicklung des Mittelstreifens voll im Plan. "Die Natur braucht eben ein, zwei Jahre", sagt Andreas Eisgruber. Für ihn ist wichtig, dass der Staat durch die Schotterung mittelfristig Geld spart.
"Unser Pflegeaufwand für die Fläche liegt bislang bei null." Dafür muss man wissen: Das Bauamt hat den Wechsel vor allem damit begründet, dass die Kosten für das Mähen von Naturrasenflächen entfallen. Bereits nach vier Jahren soll sich der Einsatz von 38000 Euro amortisiert haben.
Doch es gibt Zweifel, ob dies zutrifft. Wie Jürgen Gerdes, Biologe vom Umweltamt der Stadt Bamberg, sagt, sind es gerade die zufliegenden Wildkräuter, die anfangs bei Kiesflächen für einen erheblichen Mehraufwand sorgen. Zudem werden auch die Grünstreifen am Berliner Ring meist nur einmal im Jahr gemäht. "Man kann sich an einer Hand abzählen, wie oft man eine 2200 Quadratmeter große Fläche für 38000 Euro mähen kann", sagt Gerdes.
Auf einem anderen Blatt steht die optische Wirkung der Kiesflächen an der südlichen Stadteinfahrt.
"Das ist für Bamberg kein Aushängeschild", sagt Anna Maria Welsch-Bomba, die mehrmals in der Woche nach Forchheim zu ihrem Arbeitsplatz fährt. Die immer noch entblößten Schotterflächen findet sie "unfertig", ganz im Gegensatz zu den Straßenränder am Ring, dort wo sie wie bisher blühen: "Das ist eine Augenweide."
Verstümmelung des Baumbestandes z.B. an der oberen Brücke, teure Blumenkübel aus Holland verteilt über die ganze Stadt, Verschotterung von Blühwiesen. Drei Negativbeispiele, bei denen sich die Stadt im Jahr der Landesgartenschau nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat.
Ob eine Wildrasenfläche oder eine künstlich angelegtes Scheinbiotop billiger ist, darf in einer Stadt wie Bamberg keine Frage sein. Wichtiger ist meines Erachtens zum einen die Außenwirkung (Schotterpiste als Kontrapunkt zur LGS) zum zweiten die Tatsache, dass auf dem Mittelstreifen Arten angepflanzt wurden, die hier nicht natürlich vorkommen und so landschaftlich keinen Nutzen bringen. Ganz im Gegenteil haben Insekten und Vögel nichts von dem Grünzeugs. Die langfristigen Folgen (und dann evtl. auch Kosten) sind durch solche Anpflanzungen gar nicht berücksichtigt.
da möchte man doch glatt anhelten und Blümchen pflücken....
KlaRa
ist eine fiktive (vom FT erfundene Person), welche dem geneigten Leser immer nur das Gute zu vermitteln versucht...
Wo sind sie geblieben...
Bitte um Antwort, ihr Beamtensä...!
Verstümmelung des Baumbestandes z.B. an der oberen Brücke, teure Blumenkübel aus Holland verteilt über die ganze Stadt, Verschotterung von Blühwiesen. Drei Negativbeispiele, bei denen sich die Stadt im Jahr der Landesgartenschau nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat.
Ob eine Wildrasenfläche oder eine künstlich angelegtes Scheinbiotop billiger ist, darf in einer Stadt wie Bamberg keine Frage sein.
Wichtiger ist meines Erachtens zum einen die Außenwirkung (Schotterpiste als Kontrapunkt zur LGS) zum zweiten die Tatsache, dass auf dem Mittelstreifen Arten angepflanzt wurden, die hier nicht natürlich vorkommen und so landschaftlich keinen Nutzen bringen. Ganz im Gegenteil haben Insekten und Vögel nichts von dem Grünzeugs. Die langfristigen Folgen (und dann evtl. auch Kosten) sind durch solche Anpflanzungen gar nicht berücksichtigt.
da möchte man doch glatt anhelten und Blümchen pflücken....
ist eine fiktive (vom FT erfundene Person), welche dem geneigten Leser immer nur das Gute zu vermitteln versucht...