Aufnahmeeinrichtung: Warum der Stadt Bamberg die Hände gebunden sind

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Kleiner Fortschritt für den Bamberger Osten: Zwischen Birkenallee und Kastanienstraße wird entlang der Aufnahmeeinichtung Oberfranken in neuer Geh- und Radweg gebaut. Ronald Rinklef
Kleiner Fortschritt für den Bamberger Osten:  Zwischen Birkenallee und Kastanienstraße wird entlang der Aufnahmeeinichtung Oberfranken in neuer Geh- und Radweg gebaut.  Ronald Rinklef

In sieben Jahren wird die Befristung für die Aufnahmeeinrichtung Oberfranken ablaufen. Doch was ist danach?

Es sind die kleinen Fortschritte, die den Bamberger Konversionsprozess ausmachen. Und der lange Atem. Es ist also eine gute Nachricht, die in der Sitzung des Konversionssenats verkündet wird: Nach zähen Verhandlungen mit dem Bund und dem Land soll in den nächsten Wochen mit dem Bau eines 500 000 Euro teuren Radwegs entlang der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) an der Pödeldorfer Straße begonnen werden - ein Zeichen, dass man auf die die Klagen aus dem Bamberger Osten reagiert und versucht, die schlechte Anbindung zu verbessern, unter denen vor allem die Natosiedlung leidet.

Von den Fraktionen bekam Konversionsreferent Christian Hinterstein deshalb viel Lob. Auch dafür, dass endlich die lange erwartete Verlegung des Eingangs der AEO an die Pödeldorfer Straße ermöglicht wird. "Es ist kaum vorstellbar, wie schwierig der Abstimmungsprozess war", schüttelt Bürgermeister Christian Lange (CSU) den Kopf.

Freilich: Der Radweg an der AEO ist nur ein kleiner Etappensieg im Ringen um den Bamberger Osten. Glaubt man einflussreichen Stimmen der Bamberger Politik, will man nach dem guten Abschneiden der AfD in Teilen der Stadt deutlich lauter für Bamberger Interessen auf dem Konversionsgelände eintreten, vor allem dafür, dass die Aufnahmeeinrichtung keinesfalls über das Jahr 2025 hinaus betrieben wird. "Wir wollen das Gelände kaufen und werden die Einrichtung schließen", war am Rande der Sitzung des Konversionssenats zu hören.


Ein vollmundiger Spruch

Im Moment ist das erst einmal nicht mehr als ein vollmundiger Spruch. Man muss wissen, dass die Stadt in diesem Spiel nur indirekt über Einfluss verfügt, da sie weder Eigentümer der Fläche noch der Betreiber der Einrichtung ist. Sollte der Bedarf für die Flüchtlingsunterbringung über 2025 anhalten oder gar größer werden, dann wird es für die Stadt schwer werden, die Fläche zu kaufen und beispielsweise in Wohnbauland umzuwandeln.

Worauf sich die Bamberger Ambitionen stützen, ist die gemeinsame Erklärung des Freistaates Bayern und der Stadt Bamberg vom August 2018, die von Innenminister Joachim Herrmann, Sozialministerin Emilia Müller und Melanie Huml (alle CSU) unterschrieben wurde. Darin ist unter Punkt 2 von einer Befristung der Aufnahmeeinrichtung auf maximal zehn Jahre und einem unwiderruflichen Ende mit Ablauf des Jahres 2025 die Rede.

Doch wer immer auch erklärt, er wolle die Einrichtung vorzeitig schließen, braucht einen starken Arm in Berlin und München. Bisher, so sagt Konversionsreferent Christian Hinterstein, hat der Bund Verhandlungen über die Fläche der AEO stets mit dem Hinweis darauf abgeblockt, dass der Bedarf für die Zukunft noch nicht abzusehen sei. Auch gibt es rechtliche Bedingungen, die die Option auf einen Zugriff erschweren. So darf die vorgeschriebene Wertermittlung für einen Kauf nicht älter als ein halbes Jahr sein.
Wie schwach die Position der Stadt Bamberg ist, lässt sich auch daraus ablesen, wie der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Jens Spahn (CDU), die Bitten aus Bamberg abgebügelt hat. Spahn zeigte keinerlei Entgegenkommen gegenüber den Hoffnungen, der Bund könne Erwerbssicherheiten für frei werdende Flächen der Bundespolizei geben.

Wenigstens auf dem Gelände der Lagarde-Kaserne kommt der Konversionsprozess allmählich in die Gänge. Die nächsten Frühling beginnende Entsiegelung von rund 13 Hektar Fläche wird voraussichtlich einen zweistelligen Millionenbetrag kosten und drei Jahre in Anspruch nehmen.

Läuft alles wie geplant, könnten 2020 bis 2021 die ersten von 300 bis 400 Wohnungen im südwestlichen Bereich der ehemaligen Lagardekaserne fertiggestellt werden, sagt Harald Lang vom Konversionsamt. Voraussetzung ist ein zweistufiges Investorenauswahlverfahren, das im Mai 2018 seine entscheidende Phase erreicht. Dann soll eine Jury entscheiden, wer den Zuschlag für ein Viertel der Fläche der Lagardekaserne erhält.



Kommentar des Autors:


Wer zu spät kommt...

Vielleicht ist es ein bisschen simpel, an dieser Stelle einen Satz zu zitieren, den Michail Gorbatschow am 6. Oktober 1989 in Ostberlin gesagt haben soll. Aber er trifft.

Spätestens mit ihrer Unterschrift unter die Ergänzungsvereinbarung vom November 2015 hat die Stadt den Status Quo in Bamberg-Ost festgezurrt: Bamberg hat ein Aufnahmeeinrichtung bekommen: für ein digitales Gründerzentrum und eine Handvoll nicht eingelöster Versprechen wie etwa die Übereignung der 12 Wohnhäuser des Lindenangers.

Manchen im Stadtrat, in dem einflussreiche Kräfte vor nicht allzu langer Zeit noch von einem Mundo Arabico genannten Stadtviertel schwärmten, ist möglicherweise erst beim Auszählen der Stimmen der Bundestagswahl klar geworden, was hier auf dem Spiel steht und dass es um mehr geht als nur um Befindlichkeiten.

Ende 2017 ist sonnenklar: Der Schaden, der durch die Einrichtung für den Bamberger Osten ausgelöst wird, übersteigt die Vorteile bei weitem. Eine Korrektur scheint dringender geboten denn je.

Genau das ist das Problem: Die vorzeitige Schließung der Einrichtung scheint angesichts der Investitionen des Freistaates und der Kräfteverhältnisse so gut wie ausgeschlossen.

Aber: Unmöglich wäre sie nicht, ebenso wie eine Halbierung.

Wer sich die ehemalige Flynn-Siedlung aus der Vogelperspektive ansieht, dem sticht eines ins Auge: Der Umgang mit Platz ist anders als überall sonst in Bamberg geradezu verschwenderisch.

Wenn der Frust vieler Bamberger der CSU in München nicht egal ist, darf es keine Denkverbote geben. Eine kleinere und bessere Lösung ist auch jetzt noch jederzeit machbar. Fehler können korrigiert werden - Gorbatschow zum Trotz.