Auf Piss-Patrouille bei der Sandkerwa

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Saubere Lösung: Die Benutzung der Open-Air-Pissoirs ist kostenlos. Fotos: Sabine Christofzik
Saubere Lösung: Die Benutzung der Open-Air-Pissoirs ist kostenlos.  Fotos: Sabine Christofzik
 
Fünf Urinal-Cross-Ständer sind im Festgebiet zu finden.
Fünf Urinal-Cross-Ständer sind im Festgebiet zu finden.
 

Wildpinkler sind im Sandgebiet ein echtes Ärgernis. Zur Kerwa-Zeit ist's ganz besonders schlimm.

Drei Sichtungen in ein Stunde. Am hellichten Samstagmittag. Gut, Nummer 3 zählt wahrscheinlich nur zur Hälfte, aber er stand verdächtig breitbeinig und in sich gekehrt da, der Bursche in Biker-Montur. Ob das Gras am Leinritt das aufgenommen hat, was sonst aufs Pflaster pladdert oder an Hauswänden hinunterläuft, war auf die Entfernung nicht genau zu erkennen.

Nicht-Anwohner von Fest-Arealen brauchen sich mit dem Thema Wildpinkler nur theoretisch zu befassen. Hausbesitzer und Mieter in und rund um Bambergs Kneipenmeile werden aber fast täglich in der Praxis damit konfrontiert.

Man könnte es nett umschreiben mit "menschlichen Hinterlassenschaften in flüssiger und fester Form" oder es als das bezeichnen, was es ist: Inhalt von Magen, Darm und Blase, der morgens in Hauseingängen losgekratzt, in Fluren aufgewischt oder von Wänden gespült werden muss.


Da hört der Spaß auf

Drei Sichtungen in einer Stunde am letzten Sandkirchweih-Samstag. Mal eben zwischen zwei Buden (in denen Esswaren verkauft werden) verschwinden und erleichtert zurückkommen. Wer solches Tun unfreiwillig beobachten muss, dem kann für eine Weile der Kerwa-Spaß vergehen.

Wenn man schon am Tag mehrfach Zeuge wird, wie sich Mancher anstands- und rücksichtslos danebenbenimmt, wie viel "erfolgreicher" wäre man erst, würde man am Abend gezielt nach Wildpinklern Ausschau halten?

Kurzer Piss-Patrouillengang am Sandkerwa-Auftakt-Donnerstag. Die Vegetation am Leinritt müsste doch nach den Festtagen förmlich explodieren, so gut wie sie gedüngt wird. Man muss nicht lange von der Markusbrücke heruntespähen, bis ein junger Mann, den Bierkrug in der Hand, aus einer Vierergruppe heraustritt und in Richtung Schilfbewuchs marschiert. Zielstrebig und noch sicheren Schritts. Huhu, Bubi. Publikum schaut von oben!


Warteschlangen vor den Klos

Ist der Weg zum nächsten Freiluft-Herrenklo zu weit gewesen? Oder war's die "freie Natur", die ihn verlockt hat? Die sogenannten Urinal-Cross-Ständer, die im Sandgebiet an fünf Standorten aufgestellt sind, werden tatsächlich gut angenommen. Da braucht man sich gar nicht auf die Lauer zu legen, das kriegt man im Vorbeigehen mit. Manchmal sind alle vier Abteile gleichzeitig besetzt.

In langen Schlagen vor den Toilettencontainern warten vor allem Frauen. Schnell das loswerden, was einen drückt, egal wo, kommt für die wenigsten in Frage. Aber nicht, dass man nicht doch mal zwischen parkenden Autos dort, wo eben noch Kopf und Rumpf einer Dame zu erkennen waren, urplötzlich gar nichts mehr sieht. Kerwa-Dirndl-Trägerinnen, die sich das trauen, sind klar im Vorteil. Es gibt halt mehr als eine Gelegenheit, wo Skinny-Jeans extrem unpraktisch sind.


Wenigstens trifft's kein Wohnhaus

Sichtschutz zwischen drei Wagen und einem Anhänger sucht auch ein Mann mittleren Alters. Die Mauer, die den Domplatz zum Katzenberg hin abgrenzt, muss dran glauben. Wenigstens hat er sich kein Wohnhaus ausgesucht. Man kann verstehen, warum die sowieso schon nachtschwärmerlärmgeplagten Sand-Anwohner aus der Haut fahren möchten, wenn sie mehrmals in der Woche "Schweinerei" wegputzen müssen.

Amüsant ist die Suche nach Wildpinklern nicht. Und die Zahl der "Treffer" spärlich. Da wäre eine spätere Zeit am Abend erfolgversprechender - wenn bei Vielen der Alkoholpegel hoch und die Hemmschwelle niedrig ist.
Die zwei Typen, die es wohl gerade noch über den Geyerswörthsteg geschafft haben und sich dann quasi synchron keine Mühe geben, vor den Blicken anderer das zu verbergen, wonach ihnen gerade ist, registriert man nur noch mit Achselzucken.


So heftig ist es wirklich:


Wildpinkler zur Sandkerwazeit? Dafür hat Elmar Hollfelder nur ein bitteres Lachen übrig. "Bei diesem Fest ist es im Grünhundsbrunnen fast noch harmlos", sagt er. Oder besser gesagt: war. Denn heuer gibt es den beliebten Treffpunkt mit Bewirtung und Musik nicht mehr. Das liegt am neuen Sicherheitskonzept. "Wenn da Leute gesessen haben und später, wenn aufgeräumt wurde, sind die wohl doch lieber woanders hingegangen".

Ganz im Gegensatz zu den restlichen 361 Tagen im Jahr. "Die kommen von der Sandstraße hoch, stellen sich hin und marschieren wieder runter. Da weiß man genau, was die in den fünf Minuten gemacht haben", ärgert sich Hollfelder.


Zu zehnt an der Wand

"Manchmal stehen sie zu zehnt an der Wand. Als Anwohner hört man es die ganze Zeit plätschern. Das allein ist schon eklig. Vom Geruch ganz zu schweigen". Der Grünhundsbrunnen sei "die Toilette der Sandstraße. Und zwar das ganze Jahr über".

Gleichgültig bis aggressiv reagierten die, die von Anwohnern auf ihre Taten angesprochen würden. "Kein Anstand, keine Kinderstube, kein schlechtes Gewissen - sowas ist ein gesellschaftliches Problem!" Elmar Hollfelder setzt Hoffnung in das "Piss-Ei" (wie er es nennt), das heuer erstmals im Grünhundsbrunnen aufgestellt ist.
"Wenn das 50 Prozent plus X der Leute benutzen, die sonst auf die Straße oder an die Wände pinkeln würden, wäre schon mal was gewonnen."


Urin läuft talwärts

Wenn Edelgard Koch an einem warmen und trockenen Sandkerwa-Abend in der Pflasterrinne der Elisabethenstraße Flüssigkeit talwärts laufen sieht, ist für sie klar, dass nicht weiter oben jemand seinen Putzeimer ausgeschüttet hat. "Da wo's etwas dunkler ist, stehen sie dann, ganz ungeniert".

Selbst zwei Meter vor dem Toilettenwagen hat die Sand-G'ma-Bürgermeisterin schon Männer sich "erleichtern" sehen. Und nicht etwa, dass vor dem Klohäuschen eine besonders lange Warteschlange gewesen wäre ...
"Freilich fragt man die, was das soll. Manche ziehen dann doch den Kopf ein, die meisten zucken mit den Schultern und ein paar werden auch frech."


"Ich brunz noo, wo ich will"

Edelgard Koch mag nicht so recht herausrücken mit dem, was sie zu hören bekommt. Dann zitiert sie aber doch: ",Ich brunz noo wo ich will'. Und noch ein paar andere Sachen in der Art." Letzten Endes bleibt ihr nichts anderes übrig, als zum Eimer zu greifen und das, was da fließt, mit Wasser zu verdünnen. Nicht nur zur Kerwa-Zeit.