Nach 24 Jahren nicht mehr zu gebrauchen? Unsere Grafik zeigt schon einmal, was droht, wenn keine neue Nutzung für das Einkaufszentrum gefunden wird. Foto: Barbara Herbst
"Flugzeugträger an der Ludwigstraße". Von oben erschließen sich die Dimensionen des über 300 Meter langen Gebäudes. Foto: Rinklef
Leerstand im Inneren. Zu kaufen gibt es hier nichts mehr. Foto: Ronald R
Ein Gutachten macht wenig Hoffnung auf eine Wiederbelebung des Einzelhandels im Atrium. Allzu traurig stimmt das die Stadträte aber nicht. Erstmals wird laut über den Abriss der bis auf das Cinestar verwaisten Riesenimmobilie nachgedacht. Wie denkt man in Bamberg darüber?
Der Besuch im Atrium des Jahres 2014 löst beklemmende Gefühle aus: Ein Schildergeschäft ist der letzte Mohikaner eines vor 24 Jahren mit viel Zuversicht gestarteten Einkaufszentrums. Wer zu den Kassenschlagern des Cinestar will, muss durch ein Geisterkaufhaus laufen. Welche Zukunft hat der einst florierende Handelsmagnet? Die Antwort auf diese Frage ist 65 Seiten dick und gespickt mit Zahlen, denen eines gemeinsam ist: Sie verheißen nichts Gutes für das Atrium.
Die Analyse stammt von der Gesellschaft für Markt und Absatzforschung (GMA) und wurde von der Stadt Bamberg und dem Eigentümer der Immobilie in Auftrag gegeben, einer Investmentgesellschaft aus den Niederlanden. Im Bausenat präsentierte Stefan Leuninger die Fakten. Auch wenn es sich um eine Art Todesurteil handelte, löste sein Fazit in der Politik keine Bestürzung, sondern eher Erleichterung aus. Man weiß jetzt wenigstens, woran man ist. Und warum manches nicht mehr geht.
Zum Beispiel, die Größe. Glaubt man der Standortanalyse, dann ist der Leerstand hauptsächlich der zu geringen Fläche und der daraus resultierenden mangelnden Attraktivität der Passage geschuldet. Auch in anderen Städten Deutschlands seien es vor allem die kleinen und mittleren Center, die aufgeben müssen, weil sie nicht genügend Kunden anziehen können. Doppelt so groß Was heißt das für Bamberg? Die Schlussfolgerung ist eindeutig. Wollte man das Atrium erfolgreich wiederbeleben, muss viel zusammenkommen: Geld und Raum. Nur mit einer Fläche von 25 000 Quadratmetern, also der doppelten von heute, nur mit 80 Läden und einem Umsatz von 100 Millionen Euro, hätte die neue alte Mall eine Zukunft.
Genau das ist das Problem. Denn kein Szenario ist in der Bamberger Politik derzeit weniger aussichtsreich als die Idee eines neuen Superkaufhauses am Bahnhof. Abgesehen davon, dass sich niemand vorstellen kann, wie die doppelte Fläche auf dem begrenzten Areal umgesetzt werden kann, sind es vor allem die Auswirkungen auf die Innenstadt, die abschrecken. Das "Quartier an der Mauer" wäre hinfällig, bevor es überhaupt beschlossen ist. Und nicht nur das: Leuninger sprach von drastischen Umsatzverteilungen. Bis zu 20 Prozent des bestehenden Handels stünde vor dem Aus.
Wie ernst die Gefahren eines solchen Verdrängungswettbewerbs zu nehmen sind, zeigt auch der Blick auf die gesamte Stadt. Laut GMA gab es in Bamberg seit 2007 eine drastische Bereinigung im Einzelhandel. So schrumpfte die Zahl der Unternehmen binnen sieben Jahren von 500 auf 413. Gleichzeitig ging die Verkaufsfläche um 20 Prozent zurück. Betroffen sind alle Sortimente, besonders Nahrung und Genussmittel, Bekleidung, Schuhe und Sport. Der schlechteste Fall? Wie reagiert der Eigentümer des Atrium auf die Ergebnisse der Potenzialanalyse? Das war am Mittwoch nicht in Erfahrung zu bringen. Projektentwickler Stefan Zimmermann geht allerdings davon aus, dass GMA ein "Worst-Case-Szenario" entwickelt hat. In Wahrheit sehe es besser aus: "Wir glauben nach wie vor an eine Entwicklung dieses Standortes."
Die Stadträte sind sich einig, dass nun Ideen jenseits des Handels gefragt sind. "Jetzt ist klar, dass weder in der bestehenden, noch in der vergrößerten Variante ein Einkaufszentrum realisiert werden kann", sagt Klaus Stieringer (SPD). Er hatte auch in der Vergangenheit immer wieder vor den Gefahren einer Kannibalisierung des Handels durch neue Flächen gewarnt. Birgit Dietz (CSU) fordert Stadt und Eigentümer dazu auf, über neue Nutzungen nachzudenken. Dazu gehören etwa der Busbahnhof oder ein Bahnhofshotel.
Auch vor Abrissgedanken schrecken die Stadträte nicht zurück - ungeachtet der unklaren Zukunft des Multiplexkinos Cinestar. Ursula Sowa (GAL) hält einen Teilabbruch für das geringere Übel, denke man an die Folgen langen Leerstands. Einen ähnlichen Weg schlägt Martin Pöhner (FDP) vor. "Statt Einzelhandel könnte man überlegen, das Atrium bis auf das Parkhaus abzureißen. Die Stadt sollte gemeinsam mit den Investoren prüfen, ob ein Dienstleistungszentrum möglich ist."
Ich möchte jetzt keinen Roman verfassen, aber wenn ich einen Satz lese wie "Dem Huckepack-Kino wird hier keiner eine Träne nachweinen!" (FT vom 18.09.2014), dann stellt sich mir die Frage, wie kann eine Person für 83.000 Bamberger sprechen und urteilen. Das hier fast 100 Arbeitsplätze verloren gehen und Menschen nicht mehr wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, oder ihre Familien ernähren sollen, geht in all den Berichten gänzlich unter. So diente das CineStar in all den Jahren über 800 Leuten als guter Arbeitgeber und mehreren Millionen Besuchern als gelungene Unterhaltung. Mal ganz davon abgesehen, dass ich persönlich die journalistische Herangehensweise etwas fraglich finde, bleibt bei der ganzen Sache das Menschliche gänzlich auf der Strecke!
Ich möchte jetzt keinen Roman verfassen, aber wenn ich einen Satz lese wie "Dem Huckepack-Kino wird hier keiner eine Träne nachweinen!" (FT vom 18.09.2014), dann stellt sich mir die Frage, wie kann eine Person für 83.000 Bamberger sprechen und urteilen. Das hier fast 100 Arbeitsplätze verloren gehen und Menschen nicht mehr wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, oder ihre Familien ernähren sollen, geht in all den Berichten gänzlich unter. So diente das CineStar in all den Jahren über 800 Leuten als guter Arbeitgeber und mehreren Millionen Besuchern als gelungene Unterhaltung. Mal ganz davon abgesehen, dass ich persönlich die journalistische Herangehensweise etwas fraglich finde, bleibt bei der ganzen Sache das Menschliche gänzlich auf der Strecke!