Samuel Keil ist auf der Straße mit Flüchtlingen ins Gespräch gekommen - und hat zwei neue Freunde gefunden. Deren Botschaft: Wir wollen nicht euer Geld, sondern das, was wir in Syrien nicht mehr haben: ein Leben.
Waseem (20) ist der glücklichste Mann im alten Forsthaus in Burgebrach. 42 Asylbewerber leben hier, aus dem Irak, Eritrea oder Syrien. Der 20-Jährige hat das, worauf die anderen noch warten: Papiere. Reisepass und den sogenannten Aufenthaltstitel, gewissermaßen die Aufenthaltserlaubnis.
Waseem kommt gerade vom Jobcenter, begleitet wird er von Tarek (22), ebenfalls Flüchtling, ebenfalls Syrer. Die beiden jungen Männer sind Kumpel, achten auf ihr äußeres Erscheinungsbild. Sie setzen sich zu Samuel Keil (26) an den Tisch im Schatten vor der Gemeinschaftsunterkunft. Der Bamberger ist nach Burgebrach gekommen, um die beiden Jungs zu besuchen. Die drei kennen sich gerade mal etwas über zwei Wochen. Da hatte Samuel Waseem am Gabelmann in Bamberg auf sein T-Shirt mit dem Aufdruck "Love-Peace-Skate" angesprochen. Aus dem anfänglichen Geplänkel wurde schnell ein ernsthaftes Gespräch, als die beiden Flüchtlinge erzählten, dass sie aus Syrien stammen.
Privates Engagement Es sind nicht die ersten, die Samuel kennengelernt hat. Er engagiert sich bei der Initiative "Freund statt fremd", gibt dort Deutschkurse. Außerdem beteiligt er sich beim Café Basar der evangelischen freikirchlichen Gemeinde in Bamberg. Mitglied in einem Verein oder einer Organisation ist er nicht, er und seine Mitbewohnerin seien einfach Privatleute, die helfen wollen.
Da geht es nicht nur um Kleidung und Fahrräder, sondern auch soziale Kontakte. Ein gemeinsames Essen mit Asylbewerbern oder eben ein Besuch in Burgebrach.
Es ist ein freundliches Willkommenheißen, mit Tarek und Waseem kommt man schnell ins Gespräch. Dann die Frage: "Warum seid ihr hier?" Waseem wird ernst, holt tief Luft. "Weil du in meinem Land dein Leben nicht retten kannst." Dort regiere die Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Tarek fügt hinzu: "Hier haben wir eine Chance auf ein Leben, eine Zukunft - in Syrien nicht." Tarek ist geflohen, weil man ihn zum Militär zwingen wollte. "Wer sich widersetzt, wird umgebracht."
Hier seien sie freundlich aufgenommen worden. Doch ja, manche hätten auch Angst. "Das akzeptieren wir, schließlich sind wir Fremde." Das Gespräch mit den beiden Männern läuft auf Englisch, sie sind erst seit zwei Monaten hier. Doch sie wissen, dass sie "Ausländer" sind. Das Wort sitzt.
Was ist die Botschaft von Waseem und Tarek? Erstens: "Kommt her und redet mit uns. Wir erzählen euch unsere Geschichte." Und: "Wir sind nicht wegen des Geldes hier." Ja, es gebe auch jene Flüchtlinge, die dasitzen und die Hand aufhalten würden. "Aber wir respektieren dieses Land, das uns aufnimmt. Wir wollen arbeiten, damit niemand für uns bezahlen muss." Für die beiden sei es die Chance auf ein neues Leben, das sie in Syrien nicht hätten.
Natürlich fehle ihnen die Familie, die sie hatten zurücklassen müssen. Irgendwann, wenn der Krieg vorbei ist, wollen sie vielleicht zurück und das Land wieder aufbauen. Doch bis dahin sehen sie ihre Zukunft in Deutschland.
Die Einheimischen helfen bei der Integration Zügig wollen sie die Sprache lernen und sich integrieren. Dabei helfen Menschen wie Samuel Keil aus Bamberg und die Burgebracher direkt vor Ort. Peter Wilhelm zum Beispiel, der mit den Asylbewerbern im Haus wohnt. Oder der 18-jährige "Fabi", der zum Einkaufen vorbeikommt und Sport mit den Flüchtlingen macht.
Deborah Neser, Leiterin der Burgebracher Tafel, freut sich über Helfer aus dem ehemaligen Forsthaus. Als die Zeitung da ist, startet sie gleich einen Aufruf: Wer Obst und Gemüse aus dem Garten übrig hat, möge es vorbeibringen, täglich zwischen neun und zwölf.
Das verteilt sie nicht nur an Bedürftige und Flüchtlinge. "Ich zeige ihnen auch, was man damit kochen kann." Zum Beispiel beim gemeinsamen Abendessen mit Freunden.
Asylbewerber einfach freundlich ansprechen - dagegen ist sicherlich nichts einzuwenden. Nicht jeder Asylbewerber ist gleichzeitig auch ein Asylbetrüger. Gerade Flüchtlinge, die wegen des grausamen IS-Terrors aus Syrien oder dem Irak zu uns kommen, werden bei uns noch eher akzeptiert, als beispielsweise Zuwanderer aus vergleichsweise sicheren Balkanländern. Das Engagement von Herrn Samuel Keil verdient jedenfalls Lob und Anerkennung.
Trotzdem sollte man mit dem sicherlich gut gemeinten "Ansprechen" etwas vorsichtiger sein: Gemeint ist das Ansprechen von jungen weiblichen Migranten durch junge, einheimische männliche Personen. Dies gilt um so mehr, sofern die Damen aus islamisch geprägten Ländern kommen. Es sind unzählige Fälle bekannt, in denen eine freundliche Kontaktaufnahme von den männlichen Angehörigen der jungen Damen (meist Brüder, Cousins usw.) völlig falsch aufgefasst wurde und es zu massiven Auseinandersetzungen kam. Natürlich kommt es auch immer wieder darauf an, wie gläubig die Betreffenden sind, bzw. wie weit sie mit unserer Kultur bereits vertraut sind.
Schade, dass dieser Umstand im Artikel nicht näher angesprochen worden ist.
... siehe: "Polizei räumt Asylbewerberunterkunft in Mainstockheim" vom 24.07.2015
So kann es auch gehen - die andere Seite der Medaille.