Die heimischen Firmen scheinen sich langsam von der Krise zu erholen - doch die Zulieferer der Autoindustrie kommen nur schwer wieder in Gang. Die vorsichtige Zuversicht wird von deutlichen Warnzeichen überschattet.
Das metallene Klimpern der Präzisionspressteile ist bei Oekatech in Bamberg leiser geworden in den Corona-Monaten. Kurzarbeit prägt das Werk. "Im August ist momentan eine positive Trendwende vorhanden, wir sind gespannt", berichtet Werkleiter Matthias Czech. Die Stimmung pendle zwischen skeptisch angespannt und vorsichtig optimistisch. Der Einbruch sei härter gekommen als in Zeiten der Finanzkrise, Kunden hätten Aufträge rigoroser abgebrochen, Bestände leergeräumt, weniger Rücksicht auf das Wohl der Zulieferer genommen. "Als kleiner Betrieb mit 80 Mann müssen wir sehr spontan reagieren, in Vorleistung für Kunden gehen", erklärt Czech, der wie seine Mitarbeiter hofft, dass der Positivtrend anhält und ein zweiter Lockdown ausbleibt.
Auch die Arbeitsagentur Bamberg-Coburg spricht von einer spürbaren Entspannung, "auch wenn von einer Entwarnung keine Rede sein kann", wie Leiterin Brigitte Glos erklärt. Beim Höchststand im April waren im Agenturgebiet fast 60 000 Beschäftigte in 5000 Betrieben in Kurzarbeit. Im Juli nur noch rund 3000 Arbeitnehmer in 130 Betrieben. "Die Neueinstellungen und Entlassungen bewegen sich seit einigen Wochen wieder auf Vorkrisenniveau", erklärt Glos.
Viertagewoche im Gespräch
Die Arbeitsagentur habe den Schuss nicht gehört, kritisiert Mario Gutmann, Betriebsratsvorsitzender bei Bosch und in der IG Metall bundesweit aktiv. Die Gewerkschaft der Metallbauer hat erst kürzlich eine Viertagewoche vorgeschlagen, um drohende Kündigungslawinen zu vermeiden. Für Gutmann ein deutliches Warnsignal, wie ernst die Lage wirklich ist.
"Ich persönlich gehe davon aus, dass wir mit den bestehenden Maßnahmen wie Kurzarbeit, Konjunkturpaket, Insolvenzverschiebung und Nutzung der bestehenden Demographie eine Riesenwelle vor uns herschieben", mahnt Gutmann. "Die Rechnung bekommen wir alle am Ende der Kurzarbeit, und wir werden leider mit einem massiven Anstieg der Arbeitslosenzahlen flächendeckend in Deutschland rechnen müssen", warnt der Gewerkschaftsfunktionär, der sich nicht nur über Leichtsinn bei Auslandsreisenden, sondern auch über Naivität bei der Bewertung der Krisenfolgen ärgert. Aus seiner Sicht müsste die Arbeitsagentur schon längst Programme auf den Weg bringen, massenhafte Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. "In der größten Rezession seit dem 2. Weltkrieg, in der wir uns aktuell befinden, wird das Werkzeug Kurzarbeit leider nicht ausreichend sein."
Seinen eigenen Betrieb Bosch sieht er wegen der bestehenden Betriebsvereinbarung "Standortsicherung 2026" gut aufgestellt. Bosch Bamberg führt laut Sprecherin Claudia Arnold in der Fertigung Kurzarbeit bis Jahresende 2020 auf Basis der bisherigen Vereinbarungen bedarfsgerecht fort.
Auch die deutschen Brose-Standorte sind weiterhin in Kurzarbeit, "wenn auch mit sinkender Tendenz", wie Sprecherin Kristin Ebenau berichtet. Wie lange noch, lasse sich schwer vorhersagen, weil Brose direkt von den Abrufen der Kunden abhänge. "Kurzarbeit ist auch im internationalen Vergleich ein sehr leistungsfähiges Instrument, um Absatzkrisen bewältigen zu können. Daher befürwortet Brose die Überlegungen, Kurzarbeit auf 24 Monate auszudehnen."
Kurzarbeit hier wie dort
Neben Brose und Bosch sind von den Bamberger Industriegrößen auch Wieland, Maschinenbau Leicht, Grupo Antolin und mit einer Urlaubsunterbrechung auch Schaeffler weiter "in kurz", in der Region auch Valeo in Ebern und Waasner in Forchheim. Eine positive Ausnahme bildet Verpackungsspezialist Albea in Scheßlitz.
"Die Bamberger Industrie- und Zulieferbetriebe haben immer noch große Schwierigkeiten", bestätigt der Bamberger Wirtschaftsreferent Stefan Goller. Ähnlich wie im Bundestrend sei in den Bereichen Industrie und Dienstleistungen noch eine deutliche Delle spürbar, während Einzelhandel und Gastronomie anzögen. Eine Umfrage unter 190 Bamberger Unternehmern in der Innenstadt habe "verhaltenen Optimismus" gezeigt. Für alle Branchen gelte: "Ein zweiter Lockdown wäre sehr schlimm."
Das sieht die IG Metall Bamberg ähnlich: "Der Herbst wird massiv entscheiden, wie es weitergeht", erklärt der kommissarische Erste Bevollmächtigte Martin Feder. Der China-Markt ziehe wieder an, die deutsche Industrieproduktion ebenso, die Kurzarbeit sei urlaubsbedingt zurückgegangen. Doch: "Wir haben alle Angst vor einer zweiten Welle. Ein zweiter Shutdown wäre eine Katastrophe."