Am Sonntag geht es in Bamberg um die Zukunft der Muna

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Im ehemaligen Militärgelände Muna soll ein 46 Hektar großer Gewerbepark entstehen. Doch eine Bürgerinitiative läuft gegen die Rodung Sturm. Ronald Rinklef
Im ehemaligen Militärgelände Muna soll ein 46 Hektar großer Gewerbepark entstehen. Doch eine Bürgerinitiative läuft gegen die Rodung Sturm.  Ronald Rinklef

57 700 Bürger entscheiden über eine wichtige Frage der Stadtentwicklung. Vieles deutet auf ein knappes Rennen hin

Bamberg steht vor einer lange nicht erlebten politischen Erfahrung. Erstmals seit 1998 sind die Bürger aufgerufen, in einer Frage der Stadtentwicklung selbst zu bestimmen. Das ist auch deshalb eine Premiere, weil es OB Andreas Starke (SPD) in den vergangenen Jahren stets gelungen war, Konflikte zu befrieden. So konnten Bürgerentscheide über den Weinberg am Michelsberg, die Jugendherberge Wolfsschlucht und die Radverkehrspolitik in letzter Sekunde durch Kompromisse abgewendet werden.

Diese Kraft zur Versöhnung scheint 2018 zu versagen. Bis zuletzt tobte die Informationsschlacht, ein mit großem Aufwand betriebenes Ringen um Zustimmung. Was passiert mit der ehemaligen Munitionsanstalt, im Volksmund auch Muna genannt, eine Hinterlassenschaft der Bamberger Militärgeschichte? Wie soll sich die 140 Hektar große Fläche entwickeln?

450 Wahlhelfer im Einsatz

Exakt 57 711 Wahlberechtigte sind aufgerufen, auf zwei Fragen und eine Stichfrage zu antworten. Für die Bewältigung des Bürgerentscheids wird ein hoher Aufwand getrieben. 450 Wahlhelfer sind am Sonntag im Einsatz. Es dürfte bis 21 Uhr dauern, bis alle Wahllokale ausgezählt sind. Ab 18 Uhr lädt die Stadt ein, den Vorgang der Stimmauszählung live im Sitzungssaal des Rathauses Maxplatz mitzuverfolgen.

Worüber wird abgestimmt? Bürgerentscheid 1 (Ratsbegehren) wirbt unter dem Titel "Bambergs Zukunft" für Zustimmung zum Vorschlag der Stadtratsmehrheit. Sie will auf der jetzt noch eingezäunten Fläche ein 46 Hektar großes Gewerbegebiet schaffen. Verbunden ist das mit dem Versprechen, den Anteil der Muna außerhalb einer rund 60 Hektar großen Eingriffsfläche zu einem Naherholungsgebiet umzuwandeln. Klar ist: Die Öffnung des Geländes wird nur dann erfolgen, wenn die kontaminierten Böden von Altlasten und Kampfmitteln befreit sind - was Kosten aufwirft.

Bürgerentscheid 2 ist die Alternative, wie sie von der Bürgerinitiative "Für den Hauptsmoorwald" (BI) gefordert wird. Wer hier mit Ja antwortet, spricht sich für die Einstellung des Bebauungsplans 429 aus - mit allen Zielen, zu denen neben dem Gewerbegebiet auch ein Naturschutzgebiet Schießplatz und die Öffnung von Teilen der Muna gehört.

Wie üblich bei zwei Bürgerentscheiden, die sich inhaltlich entgegenstehen, wird auch eine Stichfrage gestellt. Sie sorgt Klarheit, sollten die beiden zuvor gestellten Fragen in einer nicht miteinander zu vereinbarenden Weise mehrheitlich mit Ja beantwortet werden.

Um angenommen zu werden, müssen beide Entscheide zudem das erforderliche Quorum erreichen. Es liegt bei 15 Prozent der Wahlberechtigten in Bamberg, exakt 8656 Ja-Stimmen. Bis gestern früh haben laut Stadt 10 728 Personen die Briefwahlunterlagen beantragt, was für eine hohe Beteiligung spricht. Dies würde auch mit einer Umfrage der Uni Bamberg korrespondieren, die vor einer Woche veröffentlicht wurde. Dabei zeichnete sich ein knapper Vorsprung der BI ab.

Grobe Fehleinschätzungen

Der Masse der kursierenden Informationen zum Trotz geistern immer noch grobe Fehleinschätzungen durch die Landschaft. Weder trifft die Befürchtung zu, dass für die Gewerbepläne der gesamte Hauptsmoorwald gerodet werden muss. Noch lässt sich behaupten, dass es sich bei der Muna um eine geringwertige, weitgehend versiegelte Militärfläche handelt. Ein Großteil des dort vorzufindenden Waldes ist Jahrzehnte alt und vergleichsweise unberührt.

Wie geht es weiter, wenn der Entscheid ausgezählt ist? OB Starke kündigte an, auch dann um Zustimmung bei der BI zu werben, wenn das Ratsbegehren gewänne. Kompromissbereitschaft erhofft er auch, sollte sich die BI durchsetzen. Die Stadtgesellschaft werde es nicht hinnehmen, dass das Gelände auf Dauer nicht betretbar sei und die Frage der Altlasten nicht gelöst werde.

Auch von der BI kamen Signale, dass der Bürgerentscheid keinen Stillstand und das Ende der Gespräche bedeuten muss. "Ein Stopp des Bebauungsplans 429 kann zu einem starken Signal für eine neue Politik werden, die Klima-, Natur- und Emissionsschutz berücksichtigt", sagte Volker Braun. Auch die BI schließe eine gewerbliche Nutzung der Muna nicht kategorisch aus. Sie müsse aber vernünftig sein.