Altersarmut in Bamberg: Wenn die Rente nicht reicht

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Endlich wird die Grundrente ausgezahlt: Rentner*innen können sich auf bis zu 400 Euro mehr im Monat freuen.
Endlich wird die Grundrente ausgezahlt: Rentner*innen können sich auf bis zu 400 Euro mehr im Monat freuen.
Foto: Stephanie Pilick/dpa

Viele ältere Menschen verzichten aus Scham auf Hilfe. Einige bringt das sogar mit dem Gesetz in Konflikt.

In der Weltkulturerbestadt Bamberg lässt sich der Lebensabend genießen, dafür sorgen unter anderem gemütliche Cafés, Modegeschäfte für jedes Alter und ein reiches Kulturangebot. Doch gibt es auch in Bamberg Rentner, die jeden Cent zweimal umdrehen und dennoch nicht wissen, wie sie die laufenden Ausgaben bestreiten sollen.

"Bei uns melden sich viele Leute, die in irgendeiner Form Unterstützung brauchen", sagt Stefanie Hahn, die Seniorenbeauftragte der Stadt Bamberg. "Gerade Frauen bekommen zum Teil sehr niedrige Renten, weil sie zum Beispiel lang Kinder betreut haben oder der Partner früh starb." Auch Teilzeitarbeit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Selbständigkeit oder "gebrochene Lebensläufe" sorgten im Alter für Probleme.

Angst vor Altersarmut steigt an

Viele Ratsuchende wollen wieder Ordnung in ihr Leben bekommen oder erst mal einen Überblick über ihre finanzielle Situation gewinnen. Andere wollen die Voraussetzungen für Grundsicherung im Alter oder die Teilnahme an der Bamberger Tafel erfragen. Die Zahl der Menschen, die Angst vor Altersarmut hätten, sei deutlich gestiegen.

Viele Beschäftigte müssen im Alter aufstocken

Dass immer mehr Menschen die Altersarmut drohe, hat auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kürzlich herausgestellt. Rund 24.000 Arbeitnehmer (oder 37 Prozent der Beschäftigten) in Bamberg würden laut NGG nach derzeitigem Stand nur eine Rente unterhalb der staatlichen Grundsicherung bekommen. "Klar ist, dass aus Mini-Löhnen keine Spitzen-Renten werden", Michael Grundl, Geschäftsführer der NGG-Region Oberfranken. Gerade in Branchen wie dem Gastgewerbe und Bäckerhandwerk müssten in Bamberg viele Beschäftigte im Alter aufstocken. Er fordert reguläre Vollzeitstellen statt auf Aushilfen mit wenigen Wochenstunden zu setzen.

Viele Rentner verzichten auf Unterstützung - aus Scham

Laut Hahn verzichten viele arme Rentner aus Scham auf die staatliche Unterstützung, die ihnen zustehen würde. "Dahinter stecken bei manchen ungerechtfertigte Ängste. Und relativ häufig sind die Menschen auch schon länger daran gewöhnt, mit wenig klarzukommen", weiß Hahn.

"Schulden können schnell entstehen", weiß Sibylle Pleißner, Schuldnerberaterin beim Diakonischen Werk Bamberg-Forchheim. "Wenn der Partner stirbt und man vielleicht auch nicht verheiratet war, steht die Frau schnell ohne ausreichende Rente, mit einer viel zu teuren Wohnung und auch noch mit den Beerdigungskosten da." Pleißner kann sich an einen solchen Fall erinnern, in dem der Spendenverein "Franken helfen Franken" der Mediengruppe Oberfranken schnell und unbürokratisch mit 1000 Euro geholfen hat.

Schuld und Schulden

Der Weg zur Schuldnerberatung falle gerade Älteren sehr schwer. "Keiner spricht gern über Schulden. Und besonders vor den eigenen Kindern wollen viele ihre finanzielle Not verbergen." Dahinter stecke auch der Irrglaube, dass Schulden in der öffentlichen Wahrnehmung mit "selbst schuld sein" verbunden würden.

Schuldig im Sinne des Gesetzes machen sich freilich diejenigen, die sich fremdes Eigentum einfach nehmen. In den Polizeiberichten liest man gelegentlich von Senioren, die Lebensmittel stehlen. "Das gab es auch früher schon", sagt Christian Heyd. "Bei den einen reicht die Rente nicht, bei anderen fehlt vielleicht aus gesundheitlichen Gründen die Einsicht, dass sie unrechtmäßig handeln." Bei jedem schuldfähigen Täter werden solche Delikte wie ein normaler Ladendiebstahl behandelt.

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Kommentar von Stefan Fößel: Falsche Scham

Leider passiert viel Ungutes vor allem im Kopf. Aus Schamverschweigen die alt gewordenen Eltern ihre finanzielle Not vor den eigenen Kindern. Die würden vielleicht gern helfen - wenn sie es denn wüssten.

Aus Scham vor den neugierigen Blicken der anderen trauen sich viele Bedürftige nicht aufs Amt, um die schmale Rente aufzustocken. Oder zur Tafel, wo es Lebensmittel und andere nützliche Dinge geben würde. Dabei sollte es nicht beschämend sein, um Rat und Hilfe zu bitten. Vielmehr beschämt es, dass vielen Menschen am Abend eines arbeitsreichen Lebens nicht mehr Geld bleibt.

Sie haben unsere Unterstützung verdient und sollten darin bestätigt werden, sich helfen zu lassen. Und sei es nur durch einen neugierigen Blick weniger.