Aloysia Luise Löwenfels: entschiedene Zeugin ihres Glaubens

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Luise Löwenfels nach Beendigung ihrer Ausbildung als Kindergärtnerin 1935. Foto: Generalat der Armen Dienstmägde Jesu Christi (Dernbacher Schwestern)
Luise Löwenfels nach Beendigung ihrer Ausbildung als Kindergärtnerin 1935.  Foto: Generalat der Armen Dienstmägde Jesu Christi (Dernbacher Schwestern)

Für die aus Trabelsdorf stammende Ordensschwester Aloysia Luise Löwenfels wurde das Verfahren zur Seligsprechung eröffnet. Die gebürtige Jüdin wurde 1942 in Auschwitz ermordet.

Für Andrea Friedrich ist die Einleitung des Seligsprechungsverfahrens für Schwester Aloysia Luise Löwenfels "eine hochaktuelle Chance". Die Chance nämlich, "allen Anfängen einer nationalsozialistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Ideologie entschieden zu wehren", sagt die Pastoralreferentin der Pfarrei Priesendorf, die sich intensiv mit dem Leben der Ordensfrau beschäftigt hat. Und die im jetzt eingeleiteten Verfahren auch als eine von 50 Zeugen von den theologischen und historischen Gutachtern angehört wird.

Hochaktuell ist der Fingerzeig auf die im Jahr 1915 in Trabelsdorf geborene Jüdin Luise Löwenfels an diesem 9. November, in dem sich die sogenannte Reichskristallnacht zum 77. Mal jährt. Auch in Trabelsdorf zerstörten SA-Leute aus Bamberg und Dorfbewohner die Inneneinrichtung und die Ritualien der Synagoge. Um die Nachbarhäuser nicht zu gefährden, wurde die Synagoge nicht angezündet. Doch bei den Ausschreitungen wurden jüdische Einwohner misshandelt.


Mit 27 Jahren ermordet

Die Lebens- und Leidensgeschichte der jüdischen Nonne Aloysia Luise Löwenfels vollendete sich am 9. August 1942 im Konzentrationslager Auschwitz. Sie starb zusammen mit 987 Schicksalsgefährten in der Gaskammer, gerade 27 Jahre alt. "Wir verehren sie als eine Frau, die - ungeachtet ihres noch jungen Alters - entschieden dem Weg gefolgt ist, den Gott sie geführt hat", erklärt Schwester Christiane Humpert vom Orden der Dernbacher Schwestern, die das Seligsprechungsverfahren angestoßen hat. Aloysia Luise Löwenfels habe "als Märtyrerin Zeugnis für ihren Glauben abgelegt", fügt Schwester Christine hinzu. Sie hat als Postulatorin die Aufgabe, den Lebensweg, die Schriften von Schwester Aloysia und mündliche Aussagen von Zeitzeugen zusammenzutragen.

Offiziell eröffnet wurde das Seligsprechungsverfahren von Weihbischof Manfred Grothe, Administrator des Bistums Limburg. Ein Gremium aus Theologen und Historikern - unter ihnen der Bamberger Domkapitular Norbert Jung - wird sich nun ein Bild machen über das Leben und Martyrium der katholischen Ordensfrau mit jüdischen Wurzeln. Bis die Gutachter die Stellungnahme, die "Positio", erarbeitet haben, wird etwa ein Jahr vergehen. Die römische Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen prüft dann diese Positio. Die Seligsprechung selbst erfolgt bei positivem Urteil durch den Papst. "Bei Märtyrern aus der NS-Zeit stehen die Chancen relativ gut, dass es zügig geht", weiß Andrea Friedrich.


Leben in England und USA abgelehnt

Nach einem wohl lange andauernden inneren Prozess wandte sich Luise Löwenfels aus dem Judentum heraus dem katholischen Glauben zu. Zum Missfallen ihrer jüdischen Familie konvertierte die ausgebildete Kindergärtnerin 1935, wurde in Mönchengladbach getauft und trat zwei Jahre später in den Orden der Dernbacher Schwestern, der "Armen Dienstmägde Jesu Christi", ein. Da die Ordensniederlassung unter Beobachtung der Gestapo stand, zog Schwester Aloysia in eine Niederlassung in Lutterade-Geelen in den Niederlanden.

Nach dem Einmarsch der deutschen Besatzungsmacht in die Niederlande war sie auch dort nicht mehr sicher. Dennoch lehnte Schwester Aloysia, die außerhalb des Klosters den Davidsstern tragen musste, ein Angebot des Ordens ab, nach England zu gehen. Auch die dringenden Bitten ihres Bruders, mit dem sie nach dem Bruch mit ihrer Familie noch in Kontakt stand, ihm ins Exil in die USA zu folgen, lehnte sie ab.


Schicksal angenommen

"Aloysia Luise hätte somit die Möglichkeit gehabt, ihrem Schicksal auszuweichen", betont Pastoralreferentin Andrea Friedrich. Die Ordensfrau habe also ihr Schicksal "mit freiem Willen angenommen, das ist für die anstehende Seligsprechung auch ein ganz wichtiger Punkt". Überliefert ist ein Zitat von Aloysia Luise, die sich vierzehn Tage vor ihrer Verhaftung einer Mitschwester gegenüber so äußerte: "Ich fühle, dass etwas geschieht, aber ich habe meine Meinung gemacht und mich ganz dem Willen Gottes ergeben."

Ihr Todesurteil war der an sich mutige Hirtenbrief der holländischen Bischöfe, die am 26. Juli 1942 die Verfolgung der Juden durch die deutschen Besatzer verurteilten. Die Nazis reagierten darauf eine Woche später mit dem Abtransport aller Ordensleute und Priester jüdischer Abstammung sowie anderer getaufter und auch nicht getaufter Juden ins Lager Westerbork - über 40 000 Menschen. Unter den vierzehn deutschstämmigen Ordensleuten waren Aloysia Luise Löwenfels, Edith Stein und deren Schwester Rosa.

Als die SS-Leute morgens gegen 6.30 Uhr Schwester Aloysia aus dem Kloster holten, "schien sie völlig ruhig zu sein, sie schaute sich nicht um. Eine Mitschwester sagte, dass sie aufrecht schritt und ihr keine Angst anzusehen war", berichtet Andrea Friedrich. Von Westerbork ging es im Viehwaggon am 7. August 1942 nach Auschwitz. Sofort nach ihrer Ankunft am 9. August wurden die Ordensfrauen ermordet.

Aloysia Luise hatte elf Geschwister. Zwei dieser Kinder verstarben früh in Trabelsdorf und wurden auf dem jüdischen Friedhof in Lisberg beigesetzt. Nach dem Tod des Vaters Salomon zog seine Witwe Sophia mit den Kindern nach Ingolstadt. Am 10. November 1938 mussten alle Juden die Stadt binnen einer Stunde verlassen. Die Familie Löwenfels kam in Hüttenheim bei Kitzingen unter, wo sie bis zu ihrer Emigration in die USA lebte.

Nur Aloysia Luise blieb zurück, auch ihr Bruder Heinrich verließ Deutschland nicht. Er wurde etwa drei Wochen nach seiner Schwester ebenfalls in Auschwitz vergast. Seinen vierjährigen Sohn Ernst hatte Heinrich Löwenfels retten können: Als der Zug nach Auschwitz einen Bahnübergang passierte, an dem Ordensschwestern warteten, warf er diesen seinen Buben zu. Die Ordensfrauen konnten das Kind verstecken und nach dem Krieg 1946 seine Verwandten in Amerika ausfindig machen.


Spurensuche

Am Freitag, 13. November, findet um 17 Uhr in der Pfarrkirche Priesendorf eine spirituell-historische Spurensuche mit musikalischer Untermalung statt. Anhand der Ausstellung "Das weibliche Gesicht von Kirche" wird der Frage nachgegangen, wie bedeutende christliche Frauen aus Vergangenheit und Gegenwart dem Göttlichen Raum in ihrem Leben gegeben haben. Erstmals wird in der Ausstellung auch die Person der Trabelsdorferin (Pfarrei Priesendorf) Schwester Aloysia hinzugefügt.

Zu dieser Veranstaltung laden Andrea Friedrich, Geistliche Beirätin im Katholischen Deutschen Frauenbund Diözesanverband Bamberg gemeinsam mit der diözesanen Frauenpastoral (Susanne Grimmer) und der Erwachsenenbildung der Pfarrei Priesendorf (Sandra Müller) ein.