530 Stadtbauwohnungen in Bamberg sollen verkauft werden

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3600 Wohnungen befinden sich im Eigentum der Stadtbau. Rund 15 Prozent von ihnen sollen jetzt an städtisch verwaltete Stiftungen verkauft werden. Unser Bild zeigt die Eichendorffstraße. Fotos: Ronald Rinklef
3600 Wohnungen befinden sich im Eigentum der Stadtbau. Rund 15 Prozent von ihnen sollen jetzt an städtisch verwaltete Stiftungen verkauft werden. Unser Bild zeigt die Eichendorffstraße.   Fotos: Ronald Rinklef
Bezahlbare Wohnungen sollen mit dem Millionenerlös schnell geschaffen werden, auch auf dem ehemaligen Glaskontor-Gelände.
Bezahlbare Wohnungen sollen mit dem Millionenerlös schnell geschaffen werden, auch auf dem ehemaligen Glaskontor-Gelände.
 

530 Wohnungen und 17 Gewerbeeinheiten der Stadtbau sollen an städtische Stiftungen verkauft werden. Doch für die Mieter verändert sich kaum etwas.

Rund 530 Mieterhaushalte in Bamberg erhalten in diesen Tagen eine überraschende Nachricht: Ihre Wohnungen sollen zum 1. Januar 2017 den Eigentümer wechseln.
Empfänger des Schreibens müssen aber nicht fürchten, dass hier im öffentlichen Eigentum befindlicher und nach sozialen Kriterien vermieteter Wohnraum privatisiert wird. Es handelt sich um eine Transaktion innerhalb des Konzerns Stadt, eine Umschichtung von Vermögenswerten, wie die Verantwortlichen im Rathaus formulieren.

Es bestehe deshalb kein Grund zur Sorge, heißt es im Bamberger Rathaus. Für die betroffenen Mieter werde sich nichts ändern. Vom Ansprechpartner bis zur Kontonummer für die monatlichen Überweisungen bleibe alles beim Alten, weil die Stadtbau die Verwaltung behält.

Dennoch: Eine derartige finanzpolitische Weichenstellung hat Bamberg noch nicht erlebt: Die Eigentumsübertragung von 530 Wohn- und 17 Gewerbeeinheiten in 93 Gebäuden der Stadtbau an ein gutes Dutzend kommunal verwalteter Stiftungen spült eine hohe zweistellige Millionensumme in die Kassen der Stadtbau. Und das soll sie auch.

Es ist Dienstagmittag im Besprechungszimmer von Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD). Wenige Stunden, bevor der Finanzsenat über das Millionengeschäft berät, erklärt das Stadtoberhaupt, warum die Stadt zu diesem ungewöhnlichen Verkaufsmodell greifen muss, um ihre politischen Ziele zu erreichen. Es geht um die Rendite der Stiftungen in einer Niedrigzinsphase und es geht auch um dringend benötige Investitionen für den sozialen Wohnungsbau. Für OB Starke ist es ein Geschäft, das gut vorbereitet ist und allen Beteiligten nutzt - vor allem den Bürgern. "Es versetzt die Stadtbau in die Lage, bezahlbare Wohnungen in Bamberg zu schaffen."


Stiftungen suchen Sachanlagen

Der Eigentumswechsel der weit über die Stadt verstreuten Immobilien ist auf der Basis von Wertermittlungen und von komplizierten Darlehensübertragungen berechnet worden. Dabei spielt auch der Sanierungsstand der Wohnungen eine wichtige Rolle. Dennoch: Im Prinzip ist das Modell einfach: Die städtisch verwalteten Stiftungen, von der Weltkulturerbestiftung bis zur Bürgerspitalstiftung, stehen in der Null-Zins-Phase vor nie gekannten Problemen. Nicht nur, dass die Kapitalanlagen nichts mehr einbringen, sie können sogar Geld kosten. "Eine katastrophale Situation", sagt der Bamberger Stiftungsreferent und Kämmerer Bertram Felix. Für ihn ist der Erwerb von Sachwerten das Gebot der Stunde, wenn Stiftungen ihrem Stiftungszweck auch in Zukunft genügen wollen.

Die Stadtbau mit ihren derzeit 3600 Wohnungen plagt das gegenteilige Problem. Selbst in Zeiten billigen Geldes verlangen die Banken hohe Absicherungen und Eigenkapitalquoten, wenn Bauvorhaben realisiert werden sollen. Und die sind das erklärte Ziel der Stadtpolitik. Ganz konkret sollen mit dem Geld der Stiftungen 225 neue Miet- und Eigentumswohnungen gebaut werden. Auf dem ehemaligen Glaskontorgelände in der Wunderburg, in der Gereuth und später auch auf der Fläche der Lagardekaserne. OB Starke und Stadtbau-Chef Veit Bergmann erhoffen sich dank des "frischen Kapitals", bereits in wenigen Jahren eine Entspannung auf dem Bamberger Wohnungsmarkt.


Zustimmung wahrscheinlich

Der Aufsichtsrat der Stadtbau GmbH hat dem Plan bereits zugestimmt, das Ergebnis war einstimmig. Wenn alles nach Plan läuft, wird der Stadtrat in der Vollsitzung am Mittwoch eine Grundsatzentscheidung über über den Verkauf der Stadtbauwohnungen treffen. Die Eigentumsübertragung soll nach einer Reihe aufwändiger Vorbereitungen bereits zum 1. Januar kommenden Jahres erfolgen.

Zwar liegt die Verwaltung der Stiftungen auch bei der Stadt Bamberg und damit bei den gewählten Bürgervertretern. Dennoch ist wegen der Tragweite der Beschlüsse eine kontroverse Debatte nicht auszuschließen.
Klare Zustimmung signalisierte im Gespräch mit dieser Zeitung Helmut Müller, Chef der CSU-Fraktion. Müller lobte das Konzept wörtlich als "Win-Win-Situation". Die Stadtbau brauche dringend liquide Mittel, und für die Stiftungen gebe es nichts Sinnvolleres, als in Immobilien in Bamberg zu investieren. Auch sei durch die Übertragung garantiert, dass die Wohnungen "in der Familie" blieben.

Auch Ursula Sowa von der GAL spricht von einem "genialen Modell", das sehr sorgfältig ausgetüftelt worden sei. Durch den Wechsel des Vermögens werde die Stadtbau in die Lage versetzt, in den Wohnungsbau zu investieren, ohne Schulden aufzunehmen. Wichtig ist den Grünen, dass sich die "Mieter nicht verschlechtern". Weder dürfe es zu einer verkaufsbedingten Mieterhöhung kommen, noch dazu, dass die Substanz vernachlässigt werde. Fraglich ist allerdings, ob die Grünen dem Verkauf im vorgesehenen Zeitablauf zustimmen. Sowa hielte es in jedem Fall für gut, wenn eine Bürgerinformationsveranstaltung vorgeschaltet wäre.


"Wir rufen nicht Hurra!"

Nach eigenen Angaben war Dieter Weinsheimer (Bamberger Allianz) der einzige, der sich im nicht öffentlich tagenden Ältestenrat kritisch zu dem Vorhaben geäußert hat. "Wir rufen nicht Hurra und wir weisen darauf hin, dass extreme Niedrigzinsen, die jetzt diesen Verkauf sinnvoll machen, auch einmal wieder steigen können." Kritisch sieht Weinsheimer vor allem das Tempo, mit dem der Beschluss durchgepeitscht werden soll. "Dieser Zeitplan war so nicht vorgesehen."