20 Prozent: Bamberg führt eine "Sozialquote" auf dem Wohnungsmarkt ein

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Bauen in Bamberg soll billiger werden: Blick aus der Luft auf den entstehenden Ulanenpark ind er Wunderburg. Ronald Rinklef
Bauen in Bamberg soll billiger werden: Blick aus der Luft auf den entstehenden Ulanenpark ind er Wunderburg.  Ronald Rinklef

Eine Sozialklausel soll zur Entlastung auf dem überhitzten Wohnungsmarkt in Bamberg beitragen. Doch es bestehen Zweifel, ob sie wirkt.

Schon die erste Debatte im Bausenat hat es vor Augen geführt. Die Sozialklausel, mit der der Bamberger Stadtrat den angespannten Bamberger Immobilienmarkt bändigen will, ist umstritten. Das Ergebnis in der Abstimmung spiegelt diese Stimmung. Gegen die fünf Stimmen der CSU und des Bamberger Bürger-Blocks beschloss die Mehrheit aus SPD, GAL und Bamberger Allianz, dass die Regulierung ab sofort in Angriff genommen wird - vorausgesetzt, dass sie der Stadtrat nicht doch noch zu Fall bringt.

Kann es Nachteile haben, wenn Bauherren, die mehr als 1000 Quadratmeter Wohnfläche schaffen, vertraglich verpflichtet werden, 20 Prozent der geplanten Wohnungen unterhalb des in Bamberg auf und davon galoppierenden Marktpreises anzubieten? Mit dem Wohnbaulandmodell hat die Stadt einen ähnlichen Weg bei der Schaffung von Baugebieten für Einfamilienhäuser schon beschritten.


Was sagt OB Starke?

Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) zweifelt nicht am Erfolg dieses Modells: "Ich sehe in der Sozialklausel das geeignete Instrument, um bezahlbaren Wohnraum für alle Schichten und in größerem Umfang als bisher bereitzustellen." Die Quote von 20 Prozent sei ein vernünftiger Kompromiss zwischen den Interessen der Bürgerschaft und denen der Investoren.


CSU: Das ist Augenwischerei!

Doch Starke erntete heftigen Widerspruch aus den Reihen der "Großen Kooperationsgemeinschaft": Franz-Wilhelm Heller von der CSU bezeichnete die Sozialklausel als Augenwischerei, die mit dem gewünschten sozialen Wohnungsbau nichts zu tun habe. Sie werde im Ergebnis das Gegenteil dessen bewirken, was man will, nämlich eine Senkung der Marktpreise. "Nur wenn viele Wohnungen gebaut werden, wird es zu einer Regulierung der Preise kommen", sagte Heller. Dagegen führe eine Sozialklausel dazu, dass die Wohnungen, die nicht unter die Klausel fielen, teurer würden. "Das ist kontraproduktiv."

Ganz anders die Grünen: Ihnen ging die Sozialquote von 20 Prozent nicht weit genug. Sie argumentierten für eine Quote von 30 Prozent und lehnten auch die mögliche Ablösung der Ansprüche ab. "Wie kann man im Jahr 2017 immer noch dem Glauben anhängen, dass der Markt alles richtet", fragte Ralf Dischinger mit Blick zur CSU. Er beschrieb die Sozialklausel als zwingend, um "die soziale Verantwortung für jene zu übernehmen, die nicht unter den sozialen Wohnungsbau fallen - Normalverdiener.".


Keine Wohnungen für Bedürftige

Ein noch weit reichenderer Vorschlag kam von Heinrich Schwimmbeck von der Bamberger Linken Liste. Er bezeichnete den Verwaltungskompromiss als vertane Chance und forderte seine Kollegen auf, statt dessen die Weichen klar für echten Sozialwohnungsbau zu stellen. Nur damit sei den Empfängern von Grundsicherung geholfen, die unter der Wohnraumverknappung am meisten litten. Wie Schwimmbeck sagte, seien andere Städte deutlich mutiger als Bamberg. In Berlin liege die Sozialquote bei 25 Prozent, in Köln bei 30, in Freiburg gar bei 50 Prozent. Doch der Versuch der Linken, die Quote heraufzusetzen scheiterte ebenso wie das Unterfangen die städtische Mietobergrenze zu drücken. Die Mehrheit wollte es anders.


Vier Varianten

Wie funktioniert die Sozialklausel in Bamberg? Investoren können vier Wahlmöglichkeiten nutzen oder kombinieren, etwa die Festlegung einer städtischen Mietobergrenze oder eine einkommensorientierte Förderung (EOF). Dabei zahlt der Mieter eine einkommensabhängige Miete, der Differenzbetrag zur höchstzulässigen Miete wird zugeschossen.

Klagt die Baugenossenschaft?

Alle Varianten der Sozialklausel verfolgen das Ziel, dass mehr bezahlbare Wohnungen geschaffen werden. Ob das wirklich klappt, daran hat Günther Straub erhebliche Zweifel. Der Geschäftsführer der Baugenossenschaft Stadt und Landkreis Bamberg hat sich verpflichtet als Ausgleich für 69 neue Wohnungen in der Mittelbachstraße 44 vergünstigte Wohnungen auf dem Megalithgelände zu erstellen. Möglicherweise sei diese Form der Subventionierung als Eingriff in den geschlossenen Wirkungskreis einer Genossenschaft auch rechtlich anfechtbar, meint Straub. Um Wohnungspreise zu dämpfen, empfiehlt er, die öffentlichen Auflagen zurückzufahren. Ständig neue Vorschriften hätten dazu geführt, dass die Baupreise seit 2000 förmlich explodierten. "Was wir wirklich brauchen sind schlichte Wohnungen - ohne Luxusgedöns", meint Straub.

Was sagen Mieterschützer?

Aufgeschlossen stehen Mieterschützer der Sozialklausel gegenüber. Ulrich Rupertz vom Deutschen Mieterbund bezeichnet es als Schritt in die richtige Richtung, wenngleich es besser gewesen wäre, tatsächlich auch neue Sozialwohnungen zu errichten wie in München der Fall. Das Risiko, dass Investoren die verbilligten Konditionen durch teurere Preise wieder hereinholen, betrachtet Rupertz angesichts der Realitäten auf dem Immobilienmarkt als gering. "Investoren schöpfen in der Regel immer das höchst mögliche Renditepotenzial aus."


Kommentar des Autors:


Ein Anfang

Die Diagnose ist klar. In Bamberg werden zu wenige preiswerte Wohnungen gebaut. Wer das aussitzen will, riskiert sozialen Sprengstoff.

Die Stadträte haben das erkannt und wollen mit der Sozialklausel gegensteuern.

Gut! Doch ist Regulierung die einzige Therapie in einem Markt, der unter einer Vielzahl öffentlicher Auflagen ächzt? Sind es die Ursachen der Krankheit, die hier bekämpft werden, oder doch nur die Symptome?

Sicher scheint: Es wird nicht reichen, die Lasten alleine der Privatwirtschaft aufzubürden und selbst die Hände in Unschuld zu waschen.

Es ist der Staat/die Stadt, die das Gestrüpp von Vorschriften zurückschneiden müssen, die das Bauen über die Maßen verteuert haben. Und sie müssen selbst mit gutem Beispiel vorangehen und den Bau von günstigen Wohnungen in die Hand nehmen, auch wenn es Milliarden kostet.

Den über Jahre hinweg aufgebauten Mangel zu beseitigen, ist eine Mammutaufgabe. Kleckern reicht nicht.