Der Hotel- und Gaststättenverband kritisiert, dass in Bamberg massenhaft neue Hotelbetten ohne Verpflegung genehmigt werden. Das überfülle Lokale und führe zu Preistreiben. Was fehlt, sei ein durchdachtes Entwicklungskonzept.
Das Ibis-Styles-Hotel in der Langen Straße ist zwar erst seit ein paar Tagen eröffnet, doch die ersten Bewertungen im Internet sind rosig. Die nahe Baustelle, eine lockere Klobrille und andere Anlaufschwierigkeiten verzeihen die ersten Gäste. Ein eigenes Hotelrestaurant gibt es nicht, aber: "Das Frühstücksbuffet ist sehr reichhaltig und das Personal sehr freundlich und hilfsbereit", schreibt Sixty53 aus Gummersbach in einem Buchungsportal. Die Onlinekarte zeigt an, dass in einem Radius von einem halben Kilometer immerhin 121 Restaurants liegen.
Hier beginnt für Joachim Kastner, den stellvertretenden Kreisvorsitzenden des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), schon das Problem. "Im Landkreis kann man zusehen, wie die Lokale zumachen, und in der Stadt hat man Schwierigkeiten, überhaupt noch spontan einen Platz in einer Wirtschaft oder einem Restaurant zu bekommen", ärgert sich der Hoteldirektor im Schloss Burgellern bei Scheßlitz. "Die Stadtoberen tun ihr Übriges dafür und genehmigen annähernd tausend neue Gästebetten - alles Hotel Garnis - ohne eine eigene Verpflegung der Gäste. Alle diese Hotelgäste drängen zusätzlich in die Restaurants und Wirtschaften. Man kann sich vorstellen, dass das nicht funktioniert."
Nach den Berechnungen des Dehoga werden auch die neuen Kettenhotels "einige alteingesessene Hotels verdrängen und in den Ruin treiben". Aber die Investition in Hotelobjekte sei für die großen Fonds einfach zu verlockend. Hauptkritikpunkt der Dehoga-Vertreter: Anstatt verschiedene Hotelklassen auch mit Gastronomie vorzuschreiben, werde nur auf eine Kategorie gesetzt - drei Sterne.
An den "Kampfpreisen" der neuen Hotels könne man laut Kastner erkennen, wohin die Reise gehe. "Und statt der eigentlich angestrebten Urlauber und Einzelreisenden werden noch mehr Gruppen und Junggesellenabschiede nach Bamberg geholt, die man eigentlich vermeiden wollte." Das Fazit des Hotel- und Gaststättenverbands: "Es fehlt hier von Seiten der Stadt an einem klaren Hotelentwicklungskonzept." Dieses solle zwar kommen, aber die ersten Genehmigungen sind schon erteilt, die ersten Hotels bereits eröffnet. Die Warnungen des Dehoga würden von der Stadt nicht erst genommen.
Die Stadt widerspricht
Was sagt die Stadt zu den Vorwürfen? "1000 Betten zusätzlich, das wäre, bezogen auf den derzeitigen Bestand von rund 3600 Betten, eine deutliche Steigerung des Bettenvolumens der gewerblichen Betriebe", rechnet Andreas Christel vom städtischen Tourismus-Kongress-Service vor. "Selbst wenn alle in Planung befindlichen Objekte realisiert werden, muss man sich bewusst sein, das dies über einen Zeithorizont von mehreren Jahren geschieht." Es werde also nicht von heute auf morgen neue Hotelansiedlungen und vierstellige Bettenzuwächse geben. Eine solche stufenweise Entwicklung habe Bamberg und dem ansässigen Hotelgewerbe nicht geschadet, im Gegenteil: Im Vergleich zu den erfolgten Bettenmehrungen sind parallel dazu die Übernachtungen weitaus stärker gewachsen, was zu einer deutlichen Auslastungssteigerung geführt habe.
"So ist die durchschnittliche Bettenbelegung in Bamberg seit 2010 von 38,4 auf den letztjährigen Wert von 51,3 Prozent gestiegen - und das ansässige Hotelgewerbe hat von der Entwicklung profitiert", argumentiert Christel. Kastner prophezeit dagegen: In ein paar Jahren werde die Auslastung auf 30 Prozent rutschen. "In Bayreuth hat man in den 90er-Jahren gesehen, was dann passiert: ein Preiskampf."
Kulturbürgermeister Christian Lange zeigt Verständnis für die Dehoga-Vertreter. Eine Aktualisierung des zehn Jahre alten Hotelentwicklungskonzepts müsse her, um möglichen Investoren aufzuzeigen, wo Bedarf ist und Fehlentwicklungen vorzubeugen. Dabei wolle man mit dem Hotel- und Gaststättenverband zusammenarbeiten. "Wir müssen einen Weg finden, wie wir das Thema Steigerung der Bettenkapazitäten und Steigerung des gastronomischen Angebots verbinden."
Herr Kastner kennt sich aus, kennt "overtourism" und die Warnsignale dafür. Leider ist die Stadtpolitik mindestens 10 Jahre hinterher und offensichtlich sind Dokumentationen über Venedig und Rothenburg unbekannt. Mit dem aktuellen Immobilienrausch verschwinden die alteingesessenen Familien. Kinder und Enkel können die Denkmäler nicht halten. Ferienwohnungen versucht man seit kurzem erst zu regeln, jetzt noch ein Verdrängungswettbewerb von Hotelketten. Die Verlierer werden die Einwohner Bambergs sein. Nicht die Besucher, die für 50 Euro pro Nacht, mitten in der Altstadt übernachten konnten. Um die Lebens- und Wohnqualität der Bamberger Bürger zur retten, braucht es mutige Schritte- und einen sofortigen Genehmigungs-Stopp für temporäres Wohnen...
Soso, der Hotel- und Gaststättenverband spricht von "Kampfpreisen".
Wenn ich beruflich übernachten muss, habe ich nur ein bestimmtes Budget für ein Einzelzimmer. Manche alteingesessenen Hotel erhöhen zwar gerne regelmäßig die Preise, aber mit Renovierungen und Modernisierungen halten die sich zurück. Das gilt nicht nur für Bamberg, auch in Schweinfurt und Würzburg gibt es das Problem. Die angeblich "bösen" Kettenhotels bieten z. T. vernünftige Preise und guten Service, z. B. Schlüsselautomat für Spätanreise, zeitgemäße Kreditkartenzahlung, Zimmer mit Dusche/WC (ja, es gibt tatsächlich noch Zimmer mit Etagendusche/WC), Lärmschutzfenster u. Klimaanlage. Die B&B Hotels u. a. bieten das.
Ich denke, einige Probleme sind hausgemacht. Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.