Um europäische und globale Agrarpolitik ging es beim Scheßlitzer Bauerntag 2013. Bei der mittlerweile 53. Veranstaltung dieser Art ging ein Gruß an den früheren Bundestagsabgeordneten und Bamberger Oberbürgermeister Paul Röhner, der die Veranstaltung ins Leben gerufen hatte.
Gerade mal acht Hektar Bauernland konnte Günther Felßner sein Eigen nennen, als er in den 1990er Jahren vor der Entscheidung stand, ob er wachsen oder weichen sollte. Doch der studierte Landwirt wollte weitermachen, und so wurden aus zehn Kühen 120 in einem neuen Stall und aus Günther Felßners Anwesen ein stolzer Betrieb von - meist zugepachteten - 200 Hektar. Gestern war der 46-jährige Familienvater, weil er inzwischen auch Stellvertretender Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) ist, Hauptredner beim traditionsreichen "Scheßlitzer Bauerntag". Nicht nur am Beispiel des eigenen Hofes machte der Vater von drei Kindern die "irre Entwicklung" deutlich, die seiner Überzeugung nach die Landwirtschaft in den letzten beiden Jahrzehnten gemacht hat und weiter machen wird. Vor fünf Jahren habe der Doppelzentner Weizen neun Euro gekostet, derzeit koste er 25.
"Über Nacht" sei die Energiewende gekommen, deren Hauptträger wegen der benötigten Flächen die Landwirtschaft sei. Hätten sich noch vor einigen Jahren die Bauern als "Pfleger der Kulturlandschaft" definiert ("Das war der Tiefpunkt"), sei man heute wieder eine lebenswichtige Branche für Ernährung und Energie.
Zu den großen Fragen des Marktes, "Tank oder Teller?" und "Weltmarkt oder Wochenmarkt?", nannte Felßner einige Zahlen, die "keinen Platz für Wunschdenken" ließen. Jeden Tag gebe es 250 000 Menschen mehr auf der Welt, die ernährt werden wollten. Lag die Weltbevölkerung 1984 bei rund 3,4 Milliarden, habe sich die Zahl der Menschen auf dem Globus heute mehr als verdoppelt. "Werden es in 20 oder 30 Jahren zehn Milliarden sein?", fragte Felßner und mahnte, die Ressourcen möglichst gut zu nutzen, um die Ernährung sicherzustellen.
Denn nur vier Prozent der Erdoberfläche könnten für die Erzeugung von Nahrungsmitteln genutzt werden. Dabei komme der Nahrungsmittel-Erzeugung jedes Jahr eine Fläche von der Größe der Bundesrepublik Deutschland abhanden - durch Versalzung, Versteppung, andere Naturphänomene, aber auch durch Gesetzgebung: Die "schwachsinnige Regelung" der ökologischen Ausgleichsflächen gelte es "anzugehen", mahnte Felßner. Entgegen stelle man das Prinzip "Schützen durch Nützen". Profitieren könnten davon die etwa zwei Milliarden Menschen, die weltweit an der Schwelle zu gehobenen Einkommen stünden. Außerdem brauche man etwa zehn bis 15 Prozent der Anbauflächen für regenerative Energie. Deshalb warnte Felßner vor dem Weg in die "Dagegen-Gesellschaft", die den Ausstieg aus der Kernkraft fordere, aber auch die Bio-Energie schon in Frage stelle. "Es gilt jetzt, die Weichen richtig zu stellen", wenn die Europäische Union in den Jahren 2014 bis 2020 über den Einsatz von einer Billion Euro - das sind 1000 Milliarden - befinde. Abzulehnen, so Günther Felßner, seien die Vorschläge des EU-Agrarkommissars Csiolos zum "Greening" von Flächen. "Wir brauchen die Wertschöpfung in den Betrieben und haben 0,0 Prozent übrig zur Stilllegung", unterstrich der Vizepräsident des Bayerischen Bauernverbandes. Damit würde man in Bayern etwa 300 000 Hektar Bauernland verlieren, im Landkreis Bamberg etwa 2500. Im Übrigen seien kleinstrukturierte Gebiete "green per se". Keine Sorgen bereitet dem Milchbauern Felßner indes das Auslaufen der EU-Milchquote im Jahr 2014. Die deutschen wie die bayerischen Bauern sollten den neuen Spielraum nutzen, mahnte er.