Ludwig Güttler und Friedrich Kircheis waren von Anfang an beim Kissinger Sommer dabei, und sie haben nur selten gefehlt. Jetzt wurden sie vom Publikum in der Erlöserkirche gefeiert.
Sie sind echte Wegbegleiter des Kissinger Sommers: Ludwig Güttler, der Trompeter, und Friedrich Kircheis, der Organist und Cembalist, waren von Anfang an dabei. Ludwig Güttler tauchte fast jedes Jahr auf, und wenn "Trompete und Orgel" oder die "Virtuosi Saxoniae" angekündigt waren, war immer Friedrich Kircheis an seiner Seite. Sie haben dem Kissinger Sommer die Treue gehalten, und das Publikum ihnen: Man "geht zu Gütt ler" hieß es schon bald. Es war schon folgerichtig, die beiden im Jubiläumssommer zu einem Konzert in die Erlöserkirche einzuladen.
Natürlich waren vor 30 Jahren alle noch jünger. Das sieht man am Publikum, und das hört man auch ein bisschen an den beiden Musikern. Aber das darf man auch: Ludwig Güttler war beim ersten Kissinger Sommer 43, und Friedrich Kircheis war drei Jahre älter. Das konnte natürlich nicht ganz spurlos an ihnen vorübergehen, denn beide spielen ein Instrument, das auf seine Weise enorm viel Kraft und Kondition fordert. Beide sind immer noch außergewöhnliche Musiker. Wo man's ein bisschen merkt, ist bei der Stetigkeit des Spiels.
Besondere Atmosphäre Aber das ist nichts Gravierendes, und das stört auch niemanden. Die Leute kommen ja nicht, weil sie eine CD hören wollen, sondern wegen der besonderen Atmosphäre dieser Konzerte. Und sie legen auch keinen Wert auf Neues. Die Werke, die Güttler und Kircheis an diesem Abend spielten, standen alle schon mal auf dem Programm, sind Teil eines Rituals geworden. Und es machte auch dieses Mal wieder Spaß, die beiden zu hören: Ludwig Güttler mit seinem virtuosen Zugriff, seinem drängenden Vortrieb in den schnellen Sätzen etwa von Loeillets G-dur-Sonate für Trompete und Orgel oder von Vejvanovskys g-moll-Sonate, einem wahren Virtuosenfutter. Und Friedrich Kircheis, ein bisschen der Besänftiger bei den beiden, der stabile, verlässliche Fundamente liefert und der in den Präludien und Fugen von Bach eine Kraft entwickelt, die aus der Ruhe kommt - eine gute Kombination.
Bach in einem anderen Licht Obwohl: Eine Erfahrung war doch überraschend. Dadurch, dass die beiden Musiker Choralvorspiele für Corno da caccia und Orgel von Gottfried August Homilius und für Trompete und Orgel von Bach aufeinander folgen ließen und dann auch noch das Trompetenkonzert D-dur von Telemann draufsetzten, wurden plötzlich die Reaktionen der Zeitgenossen verständlich: Bach galt schon zu Lebzeiten bei vielen als unmodern - im Vergleich zu Telemann, aber vor allem zu Homilius, dessen bewegtes Orgelfundament schon in die Vorklassik weist. Zwei Zugaben mussten sein.