Zwei Jünglinge im Feuerofen

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Gehen wir's an: Valery Sokolov und Evgeny Izotov. Foto: Ahnert
Gehen wir's an: Valery Sokolov und Evgeny Izotov. Foto: Ahnert

Wenn es nicht Kunst gewesen wäre, wäre es ein Fall für das Arbeitsschutzgesetz gewesen: 34 Grand im Schatten - die lähmten nicht nur das Publikum. Der Geiger Valery Sokolov und sein Klavierpartner Evgeny Izotov mussten Scbwerstarbeit leisten beim Schmuckhofkonzert.

Nicht nur sie hatten vermutlich auf schlechtes Wetter und den kühlen Rossini-Saal gehofft. Und was erschwerend hinzukam: Der Schmuckhof ist für Bläser ein akustisch wunderbarer Ort. Aber beim Klavier und vor allem bei den Streichinstrumenten verflüchtigen sich zu viele Obertöne - der Klang wird banal, fast ein bisschen schülerhaft. Man musste sich einiges dazudenken, wenn man einen Eindruck bekommen wollte, wie die Musik bei 14 Grad weniger unter Dach geklungen hätte.

Eingespielte Partner

Vermutlich sehr gut. Denn Sokolov und Izotov kennen sich gut, sind aufeinander eingespielt. Zweie Sonaten von Ludwig van Beethoven hatten sich die beiden ausgesucht: die c-moll op. 30/2 und die A-dur op. 30/1. Erstere begann Izotov - das Klavier hat hier deutlich die Führung - ein bisschen sehr romantisch. Aber das war wohl auch ein Verdienst der Hitze, dass die beiden ihre Bewegungen zu minimieren suchten und so schnell zu einem sehr durchsichtigen und trotzdem farbenreichen Ton kamen. So hatte das Allegro con brio plötzlich doch etwas Witz - ein Lächeln gehörte allerdings schon zu den vermeidbaren Tätigkeiten. Und im Finalpresto, wenn auch an seinem langsamen Rand, hatten die beiden nach einer gewissen Durststrecke den Vortrieb wieder entdeckt. Der war so tragfähig, dass er auch noch den ersten Satz der A-dur-Sonate befeuerte. Aber dann forderte die Hitze ihren Tribut. Das singende Adagio geriet, allerdings mit wunderschönem Ton von beiden, ein bisschen müde, und die Variationen des Schlusssatzes, die normalerweise einiges an Konfrontation vertragen, gerieten ein wenig ins Buchstabieren.

Die 1. Sonate von Béla Bartók war eigentlich verschenkt. Nicht, dass die beiden Interpreten mit den enormen technischen Anforderungen Probleme gehabt hätten. Aber dieses sperrige Werk braucht, um seinen Reiz entfalten zu können, eine weniger belastende Umgebung und auch ein Publikum, das nicht vorrangig nach Schatten lechzt. So gesehen war Ravels "Tzigane" zum Schluss genau richtig. Da konnte Sokolov, wenn auch mit leicht angezogener Handbremse, mit den virtuosen Effekten zaubern. Und das Klavier hatte ohnehin nur begleitende Funktion

Erstaunlich, dass Sokolov und Izotov angesichts der klimatischen Verhältnisse nicht gemeutert haben. Vielleicht, das wäre schön, lässt sich das Konzert ja mal bei Regen wiederholen.