Zum Sterben nach Würzburg

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Das nächste Hospiz ist 60 Kilometer entfernt. Einen Platz zu bekommen, ist schwierig. Anspruch auf palliative Versorgung haben nicht alle.
Das nächste Hospiz ist 60 Kilometer entfernt. Einen Platz zu bekommen, ist schwierig. Anspruch auf palliative Versorgung haben nicht alle.
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Viele kommen nach Bad Kissingen, um dort ihren Lebensabend zu verbringen. Doch wenn der Tod naht, ist die Versorgung schwierig: Die Palliativstation ist nicht für alle da, Hospizplätze sind begrenzt und weit entfernt.

Zum Sterben geht's in die Palliativstation, und das ist ja dasselbe, wie ein Hospiz, oder? Nein. Es gibt wichtige Unterschiede zwischen den Angeboten für Schwerstkranke und Sterbende. Antworten gibt Reinhard Höhn, Palliativmediziner und Vorsitzender des Hospizvereins Bad Kissingen. Er berichtet auch über einen großen Mangel an Hospizen im Landkreis und erklärt, woran das liegt.

Palliativ ambulant: Gut aufgestellt

"Palliativ ist alles, was ärztlich geleitet ist. Das gibt es ambulant und stationär", sagt Höhn. Gut aufgestellt ist die ambulante palliative Versorgung. Ein ambulantes, also aufsuchendes Team gibt es zwar nicht mit Sitz in Bad Kissingen, aber zwei Teams aus Schweinfurt versorgen den Landkreis mit: das Palliativteam Mainfranken und Palliativo Main Saale Rhön.

Sie kommen zu den Menschen nach Hause oder ins Pflegeheim. Der Arzt verschreibt, die Krankenkasse zahlt. Aber nicht jeder und jede hat Anspruch auf diese Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV): "Man muss ein schwerkranker Mensch sein mit kurzer Lebenserwartung", weiß Höhn.

Aber: Wer "nur" schwer krank ist, also beispielsweise einen Schlaganfall erlitten hat, bekommt keine Besuche der SAPV-Teams von der Krankenkasse genehmigt.

Palliativstation : Nur zeitlich begrenzt

Die stationäre Palliative Versorgung wäre die Palliativstation. "Das ist eine ärztlich geleitete Abteilung in einem Krankenhaus mit einer bestimmten Verweildauer, im Durchschnitt zwei Wochen", sagt Höhn. Sie hat ähnliche Vorgaben wie die SAPV.

Es gehe darum, den Menschen die Schmerzen zu nehmen, oder gegenzusteuern, wenn sie Luftnot haben oder nicht schlafen können. Sie werden dann nach Hause entlassen, wo sich das SAPV-Team weiterkümmert.

Offiziell ist Bad Neustadt für Kissingen mit zuständig, aber auch in Schweinfurt wäre ein Aufenthalt möglich. Da die Dauer des Aufenthaltes sowieso sehr kurz ist, sieht Höhn hier nicht das größte Problem.

Hospizdienst: Auf den Schultern der Ehrenamtlichen

Neben der palliativen, gibt es die stationäre und ambulante hospizliche Versorgung. Einen ambulanten Hospizdienst bieten der Kissinger Hospizverein oder die Maltester an. Ehrenamtliche werden über Lehrgänge zu Hospizhelfern ausgebildet - beim Hospizverein sind das derzeit 72 - und übernehmen dann die psychosoziale Betreuung von Schwerstkranken und Sterbenden.

Höhn nennt ein Beispiel: "Der Mann hatte einen Schlaganfall, die Frau betreut ihn. Der Pflegedienst kommt viermal am Tag, aber die Frau möchte mal zum Friseur gehen, mal einkaufen. Dann kommt für eine bestimmte Zeit der Hospizbegleiter, er pflegt ihn nicht, er passt auf ihn auf."

Das Hospiz: Kaum Chancen auf einen Platz

Zuletzt nennt Reinhard Höhn die stationäre Palliative Versorgung: Das Hospiz. "Hier sehe ich ein großes Problem, die funktioniert hier eben gar nicht." Wenn Leute zu Hause nicht mehr versorgt werden können, Palliativstation und Krankenhaus für sie nicht oder nicht mehr zuständig sind, die Familie schafft es nicht - wo gehen die hin?", fragt Höhn. Ins Hospiz.

"Wir haben in Unterfranken aber nur zwei Hospize: In Würzburg und Alzenau, die haben insgesamt 22 Betten. Um da einen Platz zu bekommen, brauche ich großes Glück." Interessant dabei: Es gibt die Vorgabe, dass pro 60.000 Einwohnerinnen und Einwohner ein Hospizbett zur Verfügung steht.

Das sind im Landkreis (103.000) rechnerisch eineinhalb Betten. Die erwähnten 22 Betten in Unterfranken (1,3 Millionen), passen rechnerisch ebenfalls. "Diese Zahlen stimmen, aber der Schlüssel ist Unsinn", folgert Höhn.

Zusammen mit Antje Rink vom Landratsamt und Anbietern von Hospizen oder Hospizbetten in anderen Regionen, tüftelt Höhn derzeit an einer Lösung.

 

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  • Lesen Sie hier den zweiten Teil, der sich damit auseinandersetzt, welche Probleme sich daraus für den Landkreis ergeben und welche Schicksale die Menschen wegen des Mangels erleiden. 
  • Sprechstunde: Welchen Amtsweg braucht es für ein Bett im Hospiz? Bei welchem Krankheitsstadium wird SAPV genehmigt?  Auf diese und andere Fragen antwortet Reinhard Höhn an jedem letzten Montag des Monats ab 14 Uhr in seiner kostenfreien Sprechstunde in den Räumen des Hospizvereins (Kapellenweg 3, Bad Kissingen), Tel.: 0971/ 7858 856.