Zu seinem Hobby kam er zufällig

2 Min
Heimatforscher Alfred Saam (75) in seinem Arbeitszimmer beim Studium alter Zeitungen. Foto: Sigismund von Dobschütz
Heimatforscher Alfred Saam (75) in seinem Arbeitszimmer beim Studium alter Zeitungen. Foto: Sigismund von Dobschütz

Alfred Saam wird 75. Früher war er ein echter Vereinsmeier, heute ist er Heimatforscher.

"Es ist einfach so gekommen und ich bin zufrieden", blickt Alfred Saam in Zahlbach auf sein erfülltes Leben zurück. Am heutigen Mittwoch wird der umtriebige Heimatforscher 75 Jahre alt. Seinen Geburtstag feiert er aber erst am Sonntag im engen Familienkreis mit 20 Gästen. Obwohl ihn wohl alle Dorfbewohner kennen dürften.
Denn kein Einheimischer kennt sich in der Ortsgeschichte so gut aus wie Alfred Saam. Von sich selbst würde er dies kaum behaupten.
Freundlich und bescheiden wirkt der geborene Bamberger. "Aber da war nur die Entbindungsstation." Eigentlich stammt er aus Goßmannsdorf in den Haßbergen. Dort verbrachte er seine Kindheit, ging zur Volksschule und machte seine Lehre zum Elektriker.
Seine ersten Jobs hatte er ab 1956 in Bad Kissingen. Hier lernte er in der Frankenstube den Bezirksmeister des Überlandwerks Vorderrhön kennen. "Er hat mich 20-Jährigen im Mai 1959 nach Zahlbach geholt." Prompt verliebte sich der junge Elektriker in Rolande Wessner, ein einheimisches Mädel aus der Forstmeisterstraße. Nach seinem Wehrdienst bei der Luftwaffe zog er 1961 zu ihr ins Elternhaus. "Natürlich schlief ich weitab im Zimmer unterm Dach; da hat die Oma schon aufgepasst", schmunzelt Saam. Denn geheiratet wurde erst 1962. Heute ist Saam selbst schon Großvater von fünf Enkeln. Sein Sohn wohnt mit Familie im Haus, die Tochter ist in Stadtlauringen verheiratet.
Trubel im Haus mag der Senior. Sein Leben lang war er unter Menschen und suchte den Kontakt. "Ich bin ein echter Vereinsmeier", sagt er. Immerhin war er in jüngeren Jahren Mitglied in elf Vereinen. "Gleichzeitig!" Er war sogar 25 Jahre Vorsitzender im Kleintierzüchterverein. Als ihn aber später die Heimatforschung packte, zog er sich mehr und mehr aus dem quirligen Vereinsleben in sein Arbeitszimmer zurück. Auch seine Kaninchen hat er längst abgeschafft, die Briefmarkenalben bleiben unbeachtet. Heute konzentriert sich Saam fast ausschließlich auf die Aufgabe des Wallfahrtsleiters der Pfarrei Burkardroth und auf seine vielfältige Forschungsarbeit.

Stammgast im Staatsarchiv

Zur Erforschung der Zahlbacher Ortsgeschichte kam der Elektriker eher zufällig und "hätte selbst nie daran gedacht": 1986 wurde seine Arbeitsstelle, das Überlandwerk in Zahlbach, geschlossen. Saam wurde nach Bad Kissingen versetzt. "Damals fing ich an, mich für die Geschichte meiner alten Bezirksstelle zu interessieren." Er wühlte in alten Akten und stieg in die Archive. Inzwischen hat er sein Forschungsgebiet auf die Geschichte der gesamten Marktgemeinde und der Rhön ausgeweitet.
"Im Würzburger Staatsarchiv bin ich Stammgast", schmunzelt er. Vier bis fünf Stunden sitzt er täglich in seinem Arbeitszimmer, surft im Internet, schreibt an Veröffentlichungen oder sortiert Fotos und Dokumente. "Die Heimatforschung bestimmt mein Leben." Vollgepackte Aktenschränke füllen sein kleines Arbeitszimmer. Gerade hat noch ein Schreibtisch Platz. "Etwa 2500 Fotos habe ich gesammelt." Stolz zeigt er die sorgsam auf weißem Papier eingeklebten Fotos von ärmlichen Häusern und kleinbäuerlichen Ortsbewohnern aus dem 19. Jahrhundert.
Viele Geschichten und Anekdoten dazu hat er sich im Laufe seiner 30-jährigen Forschungsarbeit von den Alten im Dorf erzählen lassen und aufgeschrieben. "Alle sind schon gestorben, jetzt bin ich selbst alt", weiß der 75-Jährige um die Bedeutung seiner Arbeit. Oft schon wurde er ausgezeichnet. Im Arbeitszimmer hängen neben anderen Urkunden der Kulturehrenbrief, mit dem ihn 1999 der Landkreis ausgezeichnet hat, und die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Bald soll es eine neue Auszeichnung für ihn geben. Aber das ist noch nicht spruchreif.
Viel lieber erzählt Saam von seiner Arbeit. Wie er 1997 das Glöckle am Kirchturm der Pfarrkirche Burkardroth nach vier Jahrzehnten wieder zum Läuten gebracht oder 2003 die Festschrift zum 700. Geburtstag von Zahlbach geschrieben hat. Gerade sitzt er an der Geschichte des alten Forsthauses Hermannsruh im Stralsbacher Wald, das 2010 der Marktgemeinde geschenkt wurde. "So manches liegt noch im Verborgenen, was heute niemand mehr weiß." Beispielsweise ein Mordfall aus der Zeit um 1880. Es gibt also noch viel zu tun für Alfred Saam. Aber erst wird am Sonntag mit der Familie Geburtstag gefeiert.