Alte Weinbergslagen sind wertvolle Biotope. Ein neues Projekt will sie schützen. Die wichtigsten Helfer sind 300 Ziegen.
Er hatte als letzter einen Weinberg an der Südflanke des Hammelbergs, oberhalb der Kreisstraße 12. "Es waren 400 Stock Müller-Thurgau", sagt Georg Hüfner. 1968 habe er den Weinberg angelegt und bis vor wenigen Jahren bewirtschaftet. Das Alter, wie Hüfner erklärt, hat ihn dann veranlasst, den Weinberg aufzugeben. Denn die Arbeit in den Steillagen ist aufwendig und anstrengend.
Werden die Hänge aber nicht mehr bewirtschaftet, wachsen sie zu. Sie verbuschen. Das will das neue Projekt "MainMuschelkalk" verhindern. "Wir wollen die Kulturlandschaft wiederherstellen und die Artenvielfalt weiterentwickeln", sagt Landrat Thomas Bold (CSU) bei der Auftaktveranstaltung. An dem von der Europäischen Union geförderten Projekt (Life+) nehmen die Landkreise Bad Kissingen, Main-Spessart, Würzburg und die Stadt Würzburg als Partner teil.
Geologische Besonderheit Außer früheren und heutigen Weinbergen sowie Trockenlebensräumen sind auch Streuobstwiesen berücksichtigt. Ihr aller Merkmal ist, dass sie auf Muschelkalk stehen. "Die Europäische Union hat die Besonderheit dieser geologischen Formation erkannt", erklärt der bayerische Staatsminister für Umwelt und Gesundheit, Marcel Huber. Daher gebe es die Förderung.
Knapp 2,6 Millionen Euro werden in den kommenden fünf Jahren für Naturschutzmaßnahmen investiert. 50 Prozent übernimmt die EU, 35 Prozent der Freistaat und der Bayerische Naturschutzfonds. Den Rest teilen sich die drei Landkreise und die Stadt Würzburg.
Was mit dem Geld im Landkreis Bad Kissingen geplant ist, erläutert Roland Lenhart: So will der Landkreis bis zu 300 Ziegen kaufen. Die erste kleine Herde mit 20 Tieren entlässt Huber aus ihrem Gehege am Hammelberg und wünscht den "Landschaftspflegern" alles Gute. Sandra Hoch zieht mit den Tieren über den Hang.
Die Ziegen sollen die Trockenwiesen davor bewahren, dass sie zuwuchern. Denn die Flächen sind wertvolle Biotope mit einer reichen Artenvielfalt. Naturschutzwächter Friedrich Mährlein zählt verschiedene Schmetterlinge wie den Distelfalter und den Schachbrettfalter sowie etliche Orchideenarten auf. Für die Pflege sollen die Grundstücke möglichst aufgekauft werden.
Wald an den Rändern zu der Offenlandschaft wird ebenfalls ausgelichtet. Lenhart: Wie früher bei der Mittelwaldbewirtschaftung, als einzelne Bäume alle 25 Jahre auf den Stock gefällt wurden.
Die ökologische Bedeutung der Kulturlandschaft soll touristisch genutzt werden. So werden Hinweistafeln aufgestellt, wobei die Trimburg und die Homburg zwei größere Informationsstandorte bilden. Katja Winter ist seit Mai als Natur- und Kulturführerin beim Landkreis Main-Spessart eingestellt. Sie soll für die vier Projektpartner Naturführer ausbilden und existierende Angebote wie die des Vereins Natur- und Landschaftsführer Mainfranken (Karlstadt) einbinden.
Als Besonderheit soll am Hammelberg, oberhalb der Kreisstraße 12 wieder ein Weinberg angelegt werden. Die Genehmigung steht aber noch aus. Mit alten Sorten soll dort die Geschichte des Weinbaus aufleben.
Ist der "Hammelberg" Teil des Hammelburger Stadtwaldes? Die "natürliche Waldverjüngung" dürfte bei Ziegen wenig Chancen haben. Es ist bemerkenswert, dass die EU mit Millionen-Zuschüssen subventioniert, was Ziegen über Jahrhunderte getan haben: sie haben die Hügel rund um Hammelburg kahl gefressen, sodass kein Waldbestand entstehen konnte. Was sagt eigentlich Klaus Wilm, der zuständige Forstoberrat des Hammelburger Stadtwaldes, zum "Ziegenprojekt" am Hammelberg? Die staatlich finanzierte Ziegenherde wird hoffentlich gut gehütet und nimmt nicht Reißaus in den Hammelburger Stadtwald.