Wie ein 13-Jähriger den Herrgott lobt

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Balsam für Herz und Seele, für Geist und Sinne, so kann man den Kantatengottesdienst in der Erlöserkirche bezeichnen. Foto: Peter Klopf
Balsam für Herz und Seele, für Geist und Sinne, so kann man den Kantatengottesdienst in der Erlöserkirche bezeichnen. Foto: Peter Klopf

Musik kann Verkündigung sein und Menschen für den Glauben an Gott begeistern. Diese Meinung muss der junge Felix Mendelssohn-Bartholdy gehabt haben.

Sonst hätte er in das "Gloria in Es-dur" für Soli, Chor und Orchester nicht so viel Ausdrucksstärke und Begeisterungsfähigkeit gesteckt. Jetzt stand dieses Werk in der Erlöserkirche beim Kantatengottesdienst mit dem Kissinger Kammerorchester, dem Würzburger Madrigalchor und den Solisten Ilse Fenger und Annette Erb (Sopran), Katrin Edelmann (Alt), Simon Hochburger (Tenor) und Eric Fergusson (Bass) auf dem Programm.

Bemerkenswert und beeindruckend interpretierten die Mitwirkenden dieses emotional tief berührende Meisterwerk auf höchstem Niveau. Kirchenmusikdirektor Jörg Wöltche hatte hervorragende Vorarbeit geleistet, denn die Musiker und Sänger setzten das "Gloria" sehr genau um. Es war eine wahre Lust, den brillanten Sängern und den ausgezeichneten Musikern zuzuhören, in die orchestralen Klangwelten des jungen Felix einzutauchen und tief im Herzen berührt zu sein.

"Das Gloria ist seit Jahrhunderten Teil des christlichen Gottesdienstes. Es gehört zum sogenannten Ordinarium, den feststehenden Teilen, sowohl in der katholischen Messe als auch im lutherischen Gottesdienst", so Pfarrerin Christel Mebert in ihrer Predigt. "Mächtig klingt das Gloria wie ein Fanfarenruf, schallt hinaus, die Ehre Gottes zu verkünden." Doch so prächtig die Töne auch seien, sie dürften uns den Text nicht vergessen lassen: Gott die Ehre, der Erde Frieden, den Menschen Gerechtigkeit. "Nichts von alledem ist schon wirklich, wie wir heute täglich erfahren. Vieles ist friedlos - damals wie heute. Wie eine Spur zieht sich diese Erfahrung bis in unsere Tage. Unfrieden zwischen Völkern, Leid, das Menschen einander zufügen, Traurigkeit des Herzens - und immer wieder wird deshalb eine tiefe Sehnsucht geweckt, dass es anders sein möge, als die Verhältnisse nun einmal sind."

Wahre Worte, die, wie auch die Musik Mendelssohns, in das Chaos in diesen Tage passen. Im Winter 1821/22 schrieb der damals 13-Jährige das Werk. Der kantatenähnliche Aufbau sieht eine Abfolge von großen Chorsätzen im Wechsel mit Arien vor. Obwohl es ein Frühwerk ist, mangelt es ihm keinesfalls an kompositorisch eigenständiger Souveränität: effektvolle Chorsätze mit polyfonen Strukturen (Doppelfuge am Schluss), kontrastreiche Soloabschnitte mit lyrischen Passagen ("Domine"), Solo-/Chorwechseln oder ebenfalls polyfonen ("Gratias") Elementen und ein farbenreicher romantischer Orchestersatz. Das "Gloria" ist Mendelssohns erstes geistliches Werk für größere Besetzung. "Mächtig klingt das Amen am Ende - wie ein Fanfarenruf schallt es hinaus. Doch so prächtig die Töne sind, wir dürfen nicht vergessen: Wir kommen von Gott her. Unser Leben bleibt auf Jesus hin ausgerichtet und durch den Geist Gottes sind wir dem Nächsten und der Zukunft zugewandt", so Pfarrerin Mebert. Gerade diese Mischung zwischen Musik und Wort zwischen Herz und Sinne machen den Kantatengottesdienst so spannend. Bis auf den letzten Platz war die Erlöserkirche besetzt. Ein Traum für jeden Pfarrer.