Wenn die Tage kürzer werden, steigt auch die Gefahr von Wildunfällen. Besonders gefährlich: Straßen, die an einem Waldgebiet entlang führen. Vorausschauend fahren ist daher das eine, richtig handeln im Unglücksfall das andere.
Die meisten Wildunfälle, sagt Michael Zimmer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken, ereignen sich außerorts auf Landstraßen. Vorwiegend in der Dämmerung, vorwiegend an Waldrändern - insgesamt 5050 Wildunfälle wurden heuer in Unterfranken bereits verzeichnet, das sind 579 mehr als im Vergleichszeitraum 2014.
Am häufigsten in einen Unfall verwickelt sind Reh-, Rot oder Damwild (3374), gefolgt von Hase/Kanninchen (624) und Schwarzwild (468). Zwar stieg die Zahl der Unfälle, die Zahl der Personenschäden jedoch ist gesunken. Die meisten Unfälle, sagt Zimmer, sind Kleinunfälle.
So auch beispielsweise in Hammelburg. Von den insgesamt 233 Unfällen in diesem Jahr (2014 waren es 187) wurden lediglich zwei mal Personen leicht verletzt (2014 waren es noch
vier), lediglich einmal entstand ein schwerwiegender Sachschaden. "Unsere Unfallschwerpunkte", sagt der Hammelburger Polizeihauptkommisar Alfons Hausmann, "sind am Dreieck Lager Hammelburg/Gauaschach/Fuchsstadt und auf der B 287 zwischen Euerdorf und Bad Kissingen." Auch in Bad Brückenau ist die Zahl der Wildunfälle gegenüber dem Vorjahreszeitraum gestiegen, um fast 20 Prozent, auf 158.
Im gesamten Landkreis Bad Kissingen ist die Zahl der Wildunfälle von 828 im gesamten Jahr 2014 auf bislang bereits 912 gestiegen. Davon entfallen 104 (2014 wren es 104) auf die Stadt Bad Kissingen selbst.
Statistisch gesehen, besteht das höchste Risiko für Wildunfälle morgens, zwischen fünf und sieben Uhr, sowie abends, zwischen 21 und 23 Uhr.
Zu diesen Zeiten passieren laut des bayerischen Innenministeriums über 37 Prozent der gesamten Wildunfälle.
Schilder nicht nur zum Spaß
Insbesondere auf Waldstrecken in der Dämmerung sollten Autofahrer langsamer fahren, die Wildwechselschilder auch wirklich beachten und bremsbereit sein, sagt Michael Zimmer.
Wenn Wild am Fahrbahnrand oder gar auf der Fahrbahn auftaucht: Geschwindigkeit verringern, abblenden und versuchen, durch Hupsignale und sofern dies möglich ist, durch Bremsen einen Zusammenprall zu verhindern. Immer mit dem Gedanken: "Wo ein Wildtier ist, sind oft noch andere."
Kommt es tatsächlich zum Zusammenstoß gilt: nicht ausweichen, sondern Bremsen, Lenkrad mit beiden Händen festhalten und die Fahrtrichtung versuchen beizubehalten.
"Im Zweifelsfall ist der Frontalzusammenstoß mit Wild für die Insassen ungefährlicher als etwa der Aufprall gegen einen Baum."
Nach einem Wildunfall ist der Autofahrer verpflichtet anzuhalten. Wie bei jedem anderen Unfallszenario gilt auch hier: Warnblinklicht einschalten und Warndreieck aufstellen. Danach muss die Polizei informiert werden. Auch, wie Zimmer sagt, um die Versicherungsleistung beispielsweise im Rahmen einer Teilkaskoversicherung zu sichern.
Außerdem gilt: "Ist ein verletztes Tier geflüchtet, merken sie sich die Richtung. Lassen sie ein verletztes Wild in Ruhe liegen und kommen sie ihm nicht zu nahe, bis professionelle Helfer, wie die Polizei oder der Jagdpächter, vor Ort eintreffen."
Für bayerische Forstwissenschaftler ist die immense Zahl der Rehwild-Unfälle der Beleg dafür, dass in unseren Wäldern so viele Rehe leben wie seit langem nicht mehr.
Deren Population sei binnen zehn Jahren sicher um durchschnittlich 25 Prozent angestiegen, heißt es dazu in Veröffentlichungen der Fachleute.
Wie aber kommen sie zu dem Urteil, dass die Zahl der Rehe so stark zugenommen hat? Ein Indiz, das für diese These spreche, sei, dass die Zahl der Wildunfälle in den zehn Jahren stark angestiegen ist, während Unfälle ohne Wild leicht abgenommen hätten.
Wild hat
keine Ruhe mehr
Auch der Präsident des Jagdverbands, Jürgen Vocke, sagt, dass es immer mehr Rehe gibt. Aber dies sei gewiss nicht der einzige Grund dafür, warum die Zahl der Wildunfälle ansteigt. Für Vocke spielen auch das immer dichtere Straßennetz, der immer stärkere Verkehr und der hohe Freizeitdruck auf die Wälder eine wichtige Rolle.
"Unser Wild hat kaum noch Räume, in denen es Ruhe hat."
Auch die Zeitumstellung kann zu Problemen führen. Tiere haben eine innere Uhr und stellen sich auf die Hauptverkehrszeiten ein. Verändern sich diese wegen der Umstellung, gerät das Tier aus seinem Rhythmus, warnen Experten. Auch die Brunftzeit führt dazu, dass Reh-, Damwild und Co. vermehrt die Verkehrswege der Menschen queren.
Bis Dezember finden vielerorts Ernte- und Drückjagden statt, bei denen das Wild zusätzlich in Bewegung gebracht wird.