Eine Leinwand am Haus, davor ein VW-Bus mit Plattform und oben auf ein Filmvorführer mit Projektor: Als das Fernsehen noch in den Kinderschuhen steckte, war das Wanderkino bis in die 1960er Jahre - vor allem bei der ländlichen Bevölkerung - willkommener Zeitvertreib nach der harten Feldarbeit.
Dass das Wanderkino eine Renaissance erlebt, ist unter anderem den studierten Musikern Tobias Rank (E-Piano) und Gunthard Stephan (Violine) aus dem Raum Leipzig zu verdanken. "Da wir beide gerne mit unserer Musik Stummfilme begleiten, kamen wir 1999 auf die Idee, ein Wanderkino zu eröffnen", erzählt Gunthard Stephan. Sie kauften sich einen Magirus Deutz Gerätewagen, Baujahr 1969, weil er ideal als Transportfahrzeug für Bierzeltbänke und Ausrüstung war. Gleichzeitig dient das Fahrzeug mit aufklappbarem Gestell als Leinwandhalter.
"Was ursprünglich nur für einen Sommer gedacht war, besteht nun seit 14 Jahren." Rund 60 Vorführungen unter freiem Himmel war heuer geplant. Eigentlich sollte der Aschacher Schlosshof als Kulisse für eine Aufführung dienen. Doch das Wetter machte Musikern und Organisator Martin Eisenmann vom Bad Bockleter Bücher-Pavillon einen Strich durch die Rechnung. Kurzfristig zogen die Veranstalter in den Kleinen Salon um. "Ich bin Filmfreund und zufällig im Internet auf das Wanderkino der Beiden gestoßen und finde diese Art von Kino ganz cool. Da der Bücher-Pavillon für so eine Veranstaltung zu klein ist, kam ich auf den Aschacher Schlosshof, der als Rahmen für ein Open-Air-Kino ganz gut passt. Annette Späth, als Museumsleiterin, war von der Idee gleich angetan, und stellte den Hof zur Verfügung", sagte Eisenmann.
Die Filme "Das Boot" (1921), "Schachfieber" (1923) und "The Pilgrim" (1923) begleiteten die Musiker mit eigenen Kompositionen. So steigerten sie die Spannung. Und den Zuschauern gefiel es, wie Georges Maurin aus Bad Bocklet. "Ich bin stark an dem Wanderkino interessiert, da es in meiner Jugend das einzige Vergnügen, war, einmal im Monat in den Pfarrsaal zu gehen und dort Filme anzusehen". Er habe gerne Buster Keaten und Slapstick angeschaut. "Sicher wäre es draußen idealer. Fernsehen ist zwar schön, aber es ersetzt keine große Leinwand. Das Rattern des Projektors ist ein besonderes Feeling", schwärmte er.
Das Wanderkino zeigt Stummfilme, die für die Filmgeschichte Bedeutung haben: Slapstick-Komödien, Monumental-, Independent-, Avantgarde- und Experimentalfilme im 16-Millimeter-Format. Die Leinwand ist vier mal 2,80 Meter groß. Für maximal 60 Zuschauer können Bänke im Deutz mitgeführt werden. Das Wanderkino ist seit 1999 unterwegs und war schon in Frankreich, Slowenien, Polen, Litauen, Tschechien und in die Schweiz. "Auch wenn heuer das Wetter nicht mitspielte, vielleicht klappt es im nächsten Jahre. Das Wanderkino wird auf jeden Fall in den Aschacher Schlosshof zurückkehren", sagte Eisenmann.