Vom Triumph der Gelassenheit

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Die entspannte Trinität: das Trio Zimmermann mit Frank Peter Zimmermann, Antoine Tamestit und Christian Poltéra. Foto: Ahnert
Die entspannte Trinität: das Trio Zimmermann mit Frank Peter Zimmermann, Antoine Tamestit und Christian Poltéra. Foto: Ahnert

Besser als Frank Peter Zimmermann und seine Kollegen kann ein Trio nicht zusammenpassen.

von unserem Redaktionsmitglied 
Thomas Ahnert

Bad Kissingen — Irgendetwas stimmte nicht beim Konzert mit dem "Trio Zimmermann" im Rossini-Saal, irgendetwas irritierte. Und man brauchte eine ganze Weile, um auf die Ursache zu kommen. Es war eine Premiere: Im 29. Kissinger Sommer war es das erste Mal, dass man Frank Peter Zimmermann im Sitzen musizierend erleben konnte - als Kammermusiker.
Er war ja schon oft beim Kissinger Sommer, das erste Mal 1986, als er mit Rudolf Buchbinder im - damals noch - Kleinen Kursaal Brahms-Sonaten spielte. Das tat er im Stehen. Aber seitdem hat er hier nie mehr Kammermusik gemacht. Immer stand er als Solist vor einem Orchester.
Jetzt saß er also mit seinen beiden Kollegen, dem Bratscher Antoine Tamestit und dem Cellisten Christian Poltéra als "Trio Zimmermann" auf dem Podium des Rossini-Saals. Und da fiel noch etwas auf: Die drei sind wirklich füreinander gemacht. Besser kann man als Trio nicht zusammenpassen. Es ist die große Ruhe und Gelassenheit, mit der sie Werke gehen, weil sie sich hundertprozentig aufeinander verlassen können. Da wird mit einer Souveränität musiziert, die jeden Gedanken an technische Realisierungen weit von sich weist, die aber auch nicht in Routine verfällt. Da wird während des Musizierens gelächelt und gelacht, weil jemand plötzlich etwas Neues ausprobiert hat oder weil sie sich an eine Probensituation erinnern oder weil's gar so schön ist. Nein, der Gedanke, dass Musik anstrengende Arbeit sein könnte, kommt nicht auf, wenn man dem "Trio Zimmermann" zuhört.

Beethoven-Mozart-Vergleich

Zimmermann, Tamestit und Poltéra hatten ein Programm der Gegenüberstellung von zwei großen, sechssätzigen Divertimenti, die sich durchaus aufeinander beziehen: dem Streichtrio Es-dur op. 3 von Ludwig van Beethoven und dem Divertimento Es-dur KV 563 von Wolfgang Amadeus Mozart. Und da wurde in der Klarheit der Interpretationen einiges deutlich - schon in der Anlage der ersten Sätze: Beethovens kräftig treibende Synkopen zeigten wesentlich mehr von der Komponistenpersönlichkeit als Mozarts routiniert-genialer Unterhaltungsstil. Der ist auch wesentlich berechenbarer als Beethoven in dem, was kommen würde. Und Beethoven spielt in den beiden Menuetten auch raffinierter mit den Erwartungen der Zuhörer als Mozart, der sich auf eine Idee beschränkt. Großartig musiziert waren beide Werke, weil die drei Streicher den Eindruck vermittelten, als spielten sie auch für sich selbst. Aber unter dem Strich wurde deutlich: Beethoven war in diesem Fall der Bessere.

Noch eine Premiere

Scharnier zwischen den beiden Divertimenti war der Satz für Streichtrio op. posth. von Anton Webern, den das Trio noch vorder Pause spielte. Er dauert nur zwei Minuten und ist serielle Musik reinsten Wassers. Ein höchst filigranes Werklein, das aus lauter kleinen luftigen Klangzellen besteht, die zwischen den drei Stimmen hin und her fliegen und die sich beim Zuhören strukturell verbinden, in die man fast so etwas wie eine Melodie hinein assoziieren konnte. Als Zimmermann nach der Pause ankündigte, den Satz noch einmal zu spielen, weil er doch so kurz ist und man sich besser hineinhören könne, war auch diese Wiederholung eine Premiere. Sie wurde allerdings nicht von allen mit Freude begrüßt. Man merkte mal wieder: Für manchen können auch zwei Minuten sehr lang sein.