Volksbegehren für G9: Wirklich eine gute Idee?

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Symbolfoto: Armin Weigel/dpa
Symbolfoto: Armin Weigel/dpa

Die Freien Wähler in Bayern wollen im Juli ein Volksbegehren zur Wiedereinführung des neunstufigen Gymnasiums durchführen. Bei den betroffenen Schulen im Landkreis Bad Kissingen rennen sie mit ihrem Ansinnen keine offenen Klassenzimmertüren ein.

Die Freien Wähler Bayern haben mit der Werbung für ein Volksbegehren begonnen, mit dem sie zehn Jahre bayerische Schulpolitik korrigieren wollen. Damals wurde in einer von vielen als Nacht- und Nebelaktion empfundenen gesetzlichen Verfügung das achtstufige Gymnasium eingeführt. Der Sturm der Entrüstung hat sich mittlerweile gelegt, und vor zwei Jahren hat der letzte G-9-Jahrgang die bayerischen Gymnasien verlassen.

Jetzt haben die Freien Wähler im Freistaat das Thema wieder auf ihre politische Agenda gesetzt. Die Änderung damals habe sich "als ein Fehler erwiesen", heißt es in einer Presseerklärung. "Mittlerweile führen fast alle westdeutschen Bundesländer wieder ein G9 ein, vielfach zumindest in der Übergangszeit in Form einer Wahlfreiheit zwischen G8 und G9."

Deutliche Ablehnung

Natürlich wird auch an den Gymnasien im Landkreis noch immer über den G8/G9-Komplex diskutiert (und geschimpft). Und niemand hätte ernsthaft etwas dagegen, wenn es G9 auch heute noch gäbe. Trotzdem fällt die Ablehnung des Freie-Wähler-Vorstoßes unter den vier Schulleitern überraschend einmütig ablehnend aus.

Frank Kubitza, Chef des Jack-Steinberger-Gymnasiums Bad Kissingen, spricht es am deutlichsten aus: "Das ist ein ziemlich unsinniger populistischer Aktionismus." Sein Münnerstädter Kollege Joachim Schwigon zielt in die ähnliche Richtung, wenn auch etwas abgemildert: "Das ist ein Volksbegehren, auf das ich nicht unbedingt gewartet habe."

"Man sollte sich erst einmal Zeit nehmen und derartige Pläne in Ruhe mit allen Beteiligten überdenken", sagt Helmut Schreiner vom Hammelburger Frobenius-Gymnasium. Es dürfe nicht wieder so eine Situation eintreten wie vor zehn Jahren: "Da hatten wir die druckfrischen neuen Lehrpläne für G9 bekommen, und im nächsten Augenblick wurde G8 eingeführt." Hier gehe es doch zunächst um politische Motive.

Dr. Stefan Bub, Chef des Franz-Miltenberger-Gymnasiums Bad Brückenau, sieht derzeit keinen Handlungsbedarf: "G8 funktioniert doch." Man habe nach dem etwas überraschenden Start acht Jahre Zeit gehabt, die neuen Strukturen mit Inhalten zu füllen. "Zu den wichtigen Rahmenbedingungen für die Schule gehören auch gewisse Ruhe und Verlässlichkeit.

G8 nicht verantwortlich machen

Frank Kubitza drückt es anders aus: "Da läuft eine Debatte der Eltern, die G8 für die schulischen Probleme ihrer Kinder verantwortlich machen - die sie genauso gut aber auch bei G9 haben können." Dahinter stehe der Glaube, dass man durch Strukturreformen bessere Schulen schaffen könne. Die Forderungen lenkten nur ab von einer wesentlich größeren Baustelle: "Wir müssen uns wieder stärker auf die Verbesserung der Unterrichtsqualität konzentrieren. Da besteht ein wesentlich größerer Handlungsbedarf." Die Schüler, das stelle er immer wieder im Kontakt mit ihnen fest, hätten mit G8 erheblich weniger Schwierigkeiten, als in der Öffentlichkeit verkündet wird. Auch mit dem Nachmittagsunterricht gebe es weniger Probleme, als behauptet, so Joachim Schwigon, "wenn ich sehe, wie viele Schüler einen Nebenjob haben. Und in unserer kleinen Schule gibt es noch drei Chöre, drei Theatergruppen, eine Big Band und ein Orchester." Das sei eher eine Frage der Selbstorganisation der jungen Leute.

Großstädtische Reform

In der öffentlichen Diskussion, so Helmut Schreiner, werde oft übersehen, dass G8 auch große Vorteile gebracht habe, etwa die Intensivierungsstunden oder die Seminare der neuen Oberstufe, die in G9 sicher nicht übernommen würden. Ein Parallelangebot von G8 und G9 ist für Frank Kubitza zwar vorstellbar, aber nicht wünschenswert und nicht finanzierbar. Die drei kleineren Schulen sähen sich außerstande, derartige Angebote zu machen. Stefan Bub: "Das geht vielleicht in den Großstädten, aber nicht auf dem Land."

Und dann gibt es noch ein Problem, das die Kosten in die Höhe treiben würde: Für G9 gibt es keine Schulbücher mehr. Die müssten entsprechend der Lehrpläne erst wieder produziert werden.

Ob sie trotzdem beim Volksbegehren unterschreiben werden? "Nein", sagt Frank Kubitza. Seine Kollegen berufen sich auf das Wahlgeheimnis.