Vater und Tochter arbeiten gemeinsam in der Hausarztpraxis

3 Min
Vater und Tochter als Team: Seit November arbeitet Christina Holleber-Sobtzick in der Praxis ihres Vaters Dr. Jürgen Sobtzick mit und will sie kommendes Jahr als Praxisgemeinschaft weiterführen. Foto: Ralf Ruppert
Vater und Tochter als Team: Seit November arbeitet Christina Holleber-Sobtzick in der Praxis ihres Vaters Dr. Jürgen Sobtzick mit und will sie kommendes Jahr als Praxisgemeinschaft weiterführen.  Foto: Ralf Ruppert
 

Die Übergabe von Hausarzt-Praxen im ländlichen Raum ist immer noch schwierig. Dr. Jürgen Sobtzick aus Euerdorf hat Glück: Seine Tochter Christina würde übernehmen - aber ungern alleine.

Für Dr. Jürgen Sobtzick steht fest: "Es gibt keinen schöneren Arztberuf als den des Hausarztes." Und das habe einen einfachen Grund: "Wir haben es nicht nur mit einem Organ zu tun, sondern mit dem ganzen Menschen." Deshalb hat er es nie bereut, sich nach dem Studium und vier Jahren in Kliniken 1980 in Euerdorf niedergelassen zu haben.
Nach 34 Jahren denkt der 65-Jährige jetzt allerdings ans Aufhören, deshalb ist es für ihn ein Glücksfall, dass seine Tochter Christina Holleber-Sobtzick (31) seit Herbst bei ihm mitarbeitet.

"Damals gab es noch Niederlassungsfreiheit", erinnert sich Sobtzick an seinen Start als Hausarzt. Auf Euerdorf wurde der gebürtige Schlesier eher zufällig aufmerksam: "Ich habe vorher im Krankenhaus Hammelburg gearbeitet." Seine Eltern lebten in Bad Kissingen, die Lage Euerdorfs zwischen Würzburg und der Rhön schienen ihm und seiner Frau Hiltrud ideal. Also investierten sie und bauten neu, obwohl es in der Marktgemeinde bereits zwei Praxen gab: Die Ärzte Friedel und Günther praktizierten damals noch.

"Ich habe noch bis vor wenigen Jahren 100 Stunden Dienst in der Woche gemacht", erinnert sich Sobtzick. Lediglich der Mittwoch-Nachmittag und drei von vier Wochenenden waren frei. Und auch seine Frau Hiltrud hielt ihm den Rücken frei und half mit, etwa wenn Anrufe kamen und die Notrufe damals noch per Funk weitergegeben werden mussten. Das habe sich mittlerweile aber deutlich verbessert: Mit der Einführung der täglichen Notdienste ab 18 Uhr seien Landärzte deutlich entlastet worden.

Tochter Christina hat der Bereitschaftsdienst des Vaters nie abgeschreckt: "Er war für uns immer im Haus", hat sie eher positive Erinnerungen. Also trat sie als Jüngste der drei Kinder in die Fußstapfen des Vaters und studierte auch Medizin. Allerdings zunächst ohne das Ziel, die Praxis zu übernehmen. "Ich wollte eigentlich in Richtung Psychotherapie gehen, aber das Spektrum in der Allgemeinmedizin ist viel größer."

Nach dem Medizinstudium in Würzburg ging sie zunächst in die Ferne: an ein Krankenhaus am Schliersee und in Praxen in München. Trotzdem zog es sie gemeinsam mit ihrem Mann, der aktuell die Weiterbildung zum Urologen macht, zurück in die Provinz: "Für uns war immer klar, dass wir auf dem Land leben wollen."
Seit November arbeitet Christina Holleber-Sobtzick in Euerdorf mit. Zunächst ist das allerdings noch eine Station in der Weiterbildung zur Fachärztin für Allgemeinmedizin, die sie im Herbst abschließen will. "Ich fühle mich schon enorm entlastet", freut sich ihr Vater. Schließlich betreut er rund 1800 Patienten, zu Spitzenzeiten waren es sogar schon mehr als 2000.

Aber es gibt eine Einschränkung: "Ich habe nicht vor, die Praxis ganz alleine zu führen", betont die junge Ärztin. Sie hofft, einen Partner für eine Gemeinschaftspraxis zu finden, schon alleine, um den Beruf mit der Familienplanung vereinbaren zu können: "Irgendwann wollen wir auch Kinder haben", sagt die 31-Jährige. Vorerst muss also der Vater mithelfen, schließlich kann er als Landarzt wegen der schwierigen Situation so lange praktizieren, wie er will. Aber: "Auch meine biologische Uhr tickt", sagt er lachend und hofft auf eine baldige Lösung und mehr Freizeit.

Kollege ist nur zwei Jahre jünger

Sein Euerdorfer Kollege Peter Bergel ist noch nicht so weit: "Ich schaue mich aber auch um", sagt der 63-Jährige. Auch er wolle mit 65 in Ruhestand, aber: "Unsere Standesvertreter haben die Landärzte leider immer arm gerechnet", sieht auch er ein Problem, einen Nachfolger zu finden. "Obwohl es sich hier auf dem Land wunderbar leben und arbeiten lässt."

Struktur Für die Niederlassung von Ärzten ist die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) zuständig. Demnach ist ein Hausarzt im Schnitt für 1671 Einwohner zuständig. Ein Demographie-Faktor soll Besonderheiten vor Ort ausgleichen.

Landkreis Der Landkreis Bad Kissingen ist laut KVB in drei Planungsbereiche eingeteilt, in allen dreien liegt der so genannte Versorgungsgrad bei über 100 Prozent, deshalb sind keine Neu-Niederlassungen möglich. Praxis-Übergaben bleiben von dieser Sperre unberührt. Im Bereich Hammelburg sind 20 Hausärzte für 27 700 Einwohner zuständig (Versorgungsgrad 122 Prozent), 40 Prozent der Ärzte sind über 63 Jahre alt, 55 Prozent sind 60 Jahre und älter. Im Planungsbereich Bad Kissingen versorgen 38,5 Hausärzte 48 700 Einwohner (125 Prozent), im Bereich Bad Brückenau kommen 18 Hausärzte auf 26 800 Einwohner (112 Prozent).

Serie Die Saale-Zeitung stellt in den kommenden Wochen Generationswechsel in unterschiedlichen Bereichen vor: vom Bauernhof bis zu Dienstleistern. Ideen gerne an die Telefonnummer 0971/ 8040-118 oder die E-Mail:redaktion.badkissingen@infranken.de.