Die Akteure des Minnesängerwett- streits stecken in den letzten Proben. Am Sonntagnachmittag wird es ernst
von unserem Mitarbeiter Werner Vogel
Reiterswiesen — Brigitte Ascherls heller Sopran weht durch die Mauern der Burgruine. Spaziergänger bleiben stehen, hören zu, schauen, was sich da auf Botenlauben tut. "Ich zôch mir einen Valken..." singt sie, während die seit einigen Jahren brütenden Turmfalken mit atemberaubenden Flugkünsten um die Zinnen kreisen.
Die Kissinger Sängerin hat wieder die Partie der Jutta von Meissen bei den Botenlauben-Festspielen übernommen und probt mit den anderen Minnesängern auf der Naturbühne. Knud Seckel, Darsteller des Otto von Botenlauben und künstlerischer Leiter, nimmt das heitere Flugspiel als gutes Zeichen für die Festspiele am kommenden Wochenende. Es soll wieder ein beschwingtes Fest werden.
So, wie es gewesen sein könnte, als Graf Otto sein "Gold aus Syrien" dem fränkischen Hochadel auf Botenlauben vorstellte.
"Hier auf Botenlauben stimmt vieles. Die faszinierende Figur des Minnesängers und Beatrix, sein Kleinod aus dem Morgenland, sind ein echtes Mittelalter-Traumpaar. Die Vita der beiden ist hochspannend, zudem vielfach belegt. Die Story spielt am Originalschauplatz. Die Botenlauber sind hochmotiviert.
Ich kenne kein anderes Fest mit ähnlichen Ambitionen", sagt Knud Seckel. Zum zweiten Mal hat der studierte Musiker und Geschichtler die Verantwortung für Musik, Freilichttheater und Minnesängerwettstreit übernommen: "Die Geschichtspräsentation stimmt. Hier wird Laientheater an die Grenze geführt", meint der Hauptdarsteller, der mehrmals zum Minnesänger des Jahres gewählt wurde, gleichzeitig aber ein einfühlsamer Musikpädagoge ist.
"Brigitte, du darfst den Schlussbogen ruhig etwas länger aussingen", motiviert er die Sängerin bei ihrem Ausflug in die alte Musik und greift zur Handharfe, um zu demonstrieren, was er meint.
Das kommt auch bei Hanns-Einar Geiger gut an, der erstmals die Rolle des blinden Minnesängers Reinmar von Zweter spielt und um die große Herausforderung seines Sologesangs "Die Minne leret" weiß.
Profis und ambitionierte
Laien Ralph Simon ist da schon abgeklärter. Den populären "Vogelweider" hat er zwar schon seit vielen Jahren gegeben, aber bei der Interpretation von Walthers Lied " Unter der Linden an der Heiden" muss er sich an vielfältigen CD-Einspielungen messen lassen. "Aber der Ralph macht das richtig gut und hat eine tolle Bühnenpräsenz", erklärt Seckel. Catherine Vogel als Beatrix komplettiert die Szenerie.
Die junge Mutter probt ganz intensiv zu Hause in Frankfurt, ist aber samt Baby zur Probe angereist.
Flucht in die trockene Turnhalle Inzwischen haben sich die Falken verzogen, und der einsetzende Regen vertreibt auch die Akteure von der Naturbühne. Aber wer seit fast 30 Jahren Freilichttheater macht, den ficht das kaum an.
Knud Seckel verkündet den noch wartenden Akteuren, dass die weitere Stell- und Ablaufprobe in die Schulturnhalle verlegt wird. Andreas Schwarzkopf als Konrad von Trimburg und die "Fuschter Troubadours" ziehen mit. Zur Generalprobe am kommenden Freitag sind dann auch Heinz Wernke als Wolfram von Eschenbach - sein Urlaubsflieger hatte Verspätung - und Alexander Laue als Herold dabei.
Die ambitionierten Laiensänger ergänzt als weiterer Profi-Spielmann und Minnesänger Michael Hoffkamp, der die Rolle des Neidhart von Reuenthal verkörpert. Dazu kommen jede Menge Hofdamen, Ritter, Tänzer, Falkner und die Gruppe der Orientalen aus der Heimat der Gräfin Beatrix.
Über 100 Darsteller auf der Bühne An die 100 Mitwirkende werden die Naturbühne zu einer bunten Szenerie gestalten
beim Herzstück der mittelalterlichen Tage, dem großen Minnesängerwettstreit am Sonntagnachmittag. Zum Abschluss erklingt dann der gemeinsame Sprechgesang: "Minne, oh du kannst 1000 Wunder machen."