Weil die Henneberg-Sporthalle derzeit geschlossen ist, mussten die Steinacher mit ihrem Kappenabend ins Wirtshaus ausweichen und kleinere Brötchen backen. Der Stimmung hat das allerdings keinen Abbruch getan.
Wie in alter Zeit fühlte sich so mancher ältere Steinacher bei den zwei Kappenabenden am Wochenende im Gasthaus Adler & Post. Da die Henneberg-Sporthalle wegen anstehender Sanierungsmaßnahmen für Großveranstaltungen gesperrt ist, war der Faschingsclub RC "Blaue Wolke" nämlich ins Wirtshaus umgezogen. Das Programm wurde von einst fünf auf knapp drei Stunden eingedampft, aus über 20 Programmpunkten wurde ein Dutzend, aus dem Siebenerrat kurzerhand ein Dreigestirn und Akkordeon-Spieler Heinz Fick ersetzte das Orchester.
Als Ersatz für die Halle hatte Bürgermeister Wolfgang Back den Steinachern zwar den Bockleter Kursaal angeboten. Aber: "Fasching im Kursaal - das könnt‘ ihr vergess‘!" rief Sitzungspräsident Michael Balling (37) gleich zu Beginn den knapp 100 Gästen im Festsaal zu und sprach damit den Steinachern aus dem Herzen. Stänicher Fasching gehört nach Steinach!
So machten die Aktiven aus der Not eine Tugend und luden zu zwei Kappenabenden. Der Stimmung im Saal hat es nicht geschadet - im Gegenteil: Alles war etwas intimer, alles war etwas gediegener.
"Ein Gefühl der Nostalgie" kam bei Ortssprecher Paul Schmitt auf, als er die kleine Bühne sah, auf dem sich neben dem Akkordeonspieler und der Bütt der Dreierrat dicht am Präsidiumstisch drängte. Denn in den Siebziger Jahren hatte der Fasching immer im Gasthaus Adler & Post stattgefunden. Erst nach dem Neubau der Henneberg-Halle hatten sich ab 1985 die Sitzungsabende zu Großveranstaltungen entwickelt.
So mussten sich die Aktiven diesmal in kleinen Nebenräumen drängen, um sich dort umzuziehen und von Maskenbildnerin Sandra Kirchner (39) etwas aufhübschen oder rollengerecht maskieren zu lassen.
Die Sanitäterin, die heuer zusammen mit Jutta Kunze und Katharina Steinert für langjährige Mitwirkung im Fasching mit dem Sessionsorden des Fastnachtsverbands Franken ausgezeichnet wurde, ist seit zehn Jahren dabei. Vier Jahre war sie Prinzessin und ist Mitglied im Siebenerrat. Üblicherweise schminkt sie die Tanzgarde. Diesmal sprang sie als Maskenbildnerin ein, "weil ja nur wenig zu tun ist".
Als ersten nahm sie sich Sitzungspräsident Michael Balling vor. Etwas Puder, etwas Rouge, etwas Lippenstift - schon war er einsatzbereit. Seit 20 Jahren ist Balling im Steinacher Fasching aktiv, seit 2013 als Sitzungspräsident. Sein Vater German (73), der erste und einzige Steinacher Träger des Ordens "Till von Franken", hatte es ihm jahrelang vorgemacht.
Angefangen hatte es bei ihm im Unterricht an der Fachoberschule in Bad Neustadt. Statt mit seinem Steinacher Freund Frank Schmitt (36) zu pauken, schrieben sie die Texte für ihre erste "Bierzeitung". Seit 1995 nehmen sie Jahr für Jahr das örtliche Geschehen unter die Lupe.
Auch diesmal waren sie natürlich ein Höhepunkt der Kappen abende. "Unser Auftritt kann schon mal 45 Minuten dauern", schmunzelt Balling, "je nachdem, was vorgefallen ist oder was ansteht". Klar, dass sie im laufenden Wahlkampf den amtierenden Bürgermeister Wolfgang Back und seinen Gegenkandidaten Peter Holzheimer kräftig auf die Schippe nahmen. Mit lockiger Perücke und in typischer Pose hatte Schmitt den Kandidaten Holzheimer perfekt drauf. Warum sie schon zwei Jahrzehnte im Fasching aktiv sind? "Es macht einfach Spaß", ist die spontane Antwort der beiden Beamten.
Nach 20 Jahren in der Bütt oder auf der Bühne ist Frank Schmitt längst ein Urgestein des Stänicher Faschings, weshalb er am Freitag, gemeinsam mit dem langjährigen Sitzungspräsidenten Georg Schmitt, vom Fastnachtsverband Franken mit dem Verdienstorden ausgezeichnet wurde, der Vorstufe zum "Till von Franken". In manchem Jahr stand er gleich in fünf Programmpunkten auf der Bühne, diesmal waren es mit der "Bierzeitung" und dem Auftritt der Kellersbachspatzen nur zwei.
"Wenn etwas nicht so klappt oder euch fremd vorkommt - das soll so sein!" Locker eröffnete der Sitzungspräsident den Kappenabend in der für viele Jüngere so ungewöhnlichen Atmos phäre. Aber schon nach den ersten zwei Schunklern hatte die Stimmung ihren ersten Höhepunkt erreicht, so dass Eulenspiegel Andreas Freibott mit seinem Auftritt als Steinacher Bürgermeister-Kandidat leicht die Wahl gewonnen hätte. Aber es war ja nur Kappenabend im Stänicher Fasching.