"Stabat mater" in der Jakobuskirche von Bad Kissingen

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Hermann Freibott dirigierte die Kissinger Sängervereinigung in der Jakobuskirche. Werner Vogel
Hermann Freibott dirigierte die Kissinger Sängervereinigung in der Jakobuskirche. Werner Vogel
Die Solistinnen Stefanie Wagner (links) und Katharina Flierl.Werner Vogel
Die Solistinnen Stefanie Wagner (links) und Katharina Flierl.Werner Vogel
 
Schlussapplaus in der Jakobuskirche. Werner Vogel
Schlussapplaus in der Jakobuskirche. Werner Vogel
 
Hermann Freibott dirigierte die Kissinger Sängervereinigung in der Jakobuskirche. Werner Vogel
Hermann Freibott dirigierte die Kissinger Sängervereinigung in der Jakobuskirche. Werner Vogel
 

Die Kissinger Sängervereinigung setzt mit dem Passionskonzert "Stabat mater" in der Jakobuskirche ein Glaubenszeichen. Die stimmige Einheit von Thema, Ort, Programm und Künstlern führte zu einem beeindruckenden Erlebnis.

Cyrill Kistler lebte von 1885 bis zu seinem Tod 1907 in Bad Kissingen. In der Kurstadt war er schon mal populärer. Immerhin ist ein Weg nach ihm benannt, eine Büste in der Martin-Luther-Straße erinnert an den Komponisten und seine letzte Ruhestätte gehört zu den eindrucksvollsten Grabdenkmälern im Kapellenfriedhof. Obwohl Richard Wagner ihn als seinen "einzigen legitimen Nachfolger" bezeichnet hat, wird seine Musik selten gespielt.

Zu Unrecht. Seine Vertonung des "Pange Lingua", von Thomas von Aquin war staunenswert stimmungsvoller Auftakt zum Passionskonzert in der Jakobuskirche von Bad Kissingen. Das eingängig fließende "Tantum Ergo" daraus möchte man gerne bei der Fronleichnamsprozession hören. Schön, dass Dirigent Hermann Freibott dieses Juwel wiederentdeckt hat. Er gestaltete die Liedfolge Kistlers mit harmonischer Klangfülle und zeigt, mit wie viel Musikverständnis er die Sängervereinigung zu stimmiger Gestaltung führen kann.

Hymnus an die Mutter der Schmerzen

"Es stand die Mutter mit Schmerzen und voller Tränen neben dem Kreuz": So beginnt "Stabat mater", das mehrstrophige mittelalterliche Reimgebet in lateinischer Sprache. Bedeutende Komponisten haben diesen Text vertont. Rossinis Version des "Cujus animam" aus diesem Zyklus, die jeder höhensichere Tenor als Bravourarie (bis zum hohen Des!) in seinem Repertoire hat, wird gern als "Stabat mater" verkürzt, obwohl dieser klassische Gassenhauer so gar nicht nach Karfreitag klingt. Nein, die wohl eindrücklichste Fassung stammt aus der Feder des italienischen Barockkomponisten Giovanni Battista Pergolesi, der 1736 mit 26 Jahren viel zu früh verstorben ist.

Die Sängervereinigung hatte für das herausfordernde musikalische Projekt mit der Staatsbad Philharmonie (damals Kurorchester) eine alte Tradition der Zusammenarbeit neu begründet. In der Einführung erinnerte Dirigent Freibott, dass Cyrill Kistler zwei Jahre lang die damalige Sängervereinigung führte. Mit Stefanie Wagner und Katharina Flierl gaben auch zwei junge, aufstrebende Solistinnen, aus der Gesangsklasse von Prof. Martin Hummel an der Hochschule für Musik, eindrucksvolle Visitenkarten ihres Könnens ab, die schon mit zahlreichen Auftritten an internationalen Konzerthäusern auf sich aufmerksam gemacht haben.

Klagende Seele der Frauen

"Cujus animam" ist bei Pergolesi ein ergreifendes Klagelied. Stefanie Wagner schien fast erschrocken, wie intensiv die Akustik, bei fast voller Kirche, ihren Sopran verstärkte, nahm sich bei "Quae moerebat" deutlich zurück, ließ da die geschundene Seele erkennen und war spätestens bei "Quis es homo" ganz bei sich. Klar und eindringlich fragte sie "Wer ist der Mensch" und suchte den intensiven Dialog mit den antwortenden Frauen im Chor. Das gelang ganz ausgezeichnet.

Katharina Flierl glänzte in "Pia mater" mit langen schwingenden Bögen, die ihr warmer Alt zu formulieren vermochte. Schön, wie ihre Trauer mit der Mutter deckungsgleich mit dem Pianissimo des Chors verhallte.

Zum mitreißenden Höhepunkt wurde das Duett der beiden Solistinnen bei der Forderung: "Fac ut ardeat cor meum" (Mach, dass brenne mein Herz!) Stimmgewaltiger Apell von Alt und Sopran an die mutlos verzweifelnden letzten Getreuen vor dem Kreuz. Verzagt antworten die weinenden Frauen.

Mit der jubelnden Gewissheit der Herrlichkeit nach dem Tod findet beim "Quando Corpus morietur" mit dem gemeinsamen Amen, Amen, Amen, das Stabat Mater seinen mitreißenden Abschluss und endlich, endlich darf ergriffen Beifall geklatscht werden. Es wäre ein verlockender Abschluss gewesen, aber natürlich musste der gesamte Chor - und nicht nur die Damen wie bei Stabat Mater - zeigen, welch qualitätvoller Klangkörper die Jakobuskirche an diesem Passionssonntag zum stimmungsvollen Konzertsaal macht. Wie gelänge das besser als mit Mozarts "Laudate Dominum". In der Kissinger Fassung mit kleinem Orchester, aber stimmgewaltigen Chor.

"In schwierigen Zeiten ein Glaubenszeichen gesetzt", meint Dirigent Hermann Freibott. "Ein gesellschaftliches Ereignis", glaubt Vorsitzender Wolfgang Russ. "Wiederholung erwünscht", hofft Pfarrer Gerd Greier.