Lutz Wagner: Ein Lob für die Basis

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Ein Vollblut-Schiedsrichter mit Herz für die Kollegen an der Basis: Lutz Wagner. Foto: Sebastian Schmitt
Ein Vollblut-Schiedsrichter mit Herz für die Kollegen an der Basis: Lutz Wagner. Foto: Sebastian Schmitt

Der ehemalige Profi-Schiedsrichter unterhielt seine Kollegen aus der Rhön mit einem Mix aus Anekdoten, Humor und wertvollen Tipps.

Mit einem humorigen und äußerst lehrreichen Vortrag hat Lutz Wagner, Vollblut-Schiedsrichter und begnadeter Redner, die heimischen Unparteiischen förmlich mitgerissen. Der 54-Jährige ging als Gast der Schiedsrichtergruppe Bad Kissingen anhand von zahlreichen aktuellen Video-Beiträgen auf kuriose Situationen und Herausforderungen für Schiedsrichter ein. Und machte kein Geheimnis daraus, dass ein guter Schiedsrichter nicht nur die Regeln beherrschen muss, sondern auch ganz viel Fingerspitzengefühl und ausgeprägte Führungsqualitäten benötigt. Wie man diese Anforderungen souverän meistert, vermittelte Wagner mit anschaulichen Beispielen und einer ordentlichen Portion Witz. Die Schiedsrichtergruppe nahm den Ball dankbar auf, fragte nach und lieferte selbst Antworten aus der Praxis. Ein wahrlich außergewöhnlicher Lehrabend.


Unnachahmliche Mimik

Wenn Lutz Wagner über den Fußball spricht, gibt es kein Halten mehr. Dann verfällt Wagner zuweilen in hessische Mundart, gestikuliert eindrucksvoll, legt eine unnachahmliche Mimik an den Tag und läuft im Saale unermüdlich auf und ab. Wagners Vortragsstil ist extrem abwechslungsreich, rasant, emotional und immer wieder urkomisch. Langweile lässt der Familienvater gar nicht erst aufkommen. Und doch will Wagner Botschaften transportieren und Hilfestellung gerade für den Amateursport bieten. Die Rhön ist dem ehemaligen Bundesliga-Schiedsrichter immer noch geläufig, kein Wunder, denn vor seiner Bundesliga-Zeit war Wagner immer wieder im hessischen Teil der Rhön eingesetzt worden, spielte zum Beispiel auch bei Schiedsrichter-Turnieren in Bad Brückenau mit. "95 Prozent der deutschen Schiedsrichter pfeifen auf Kreisebene. Das muss allen klar sein. Wir müssen aufpassen, dass wir uns in dem, was wir tun und lehren, nicht zu weit von der Basis entfernen. Wir sprechen immer über Videobeweise, aber 95 Prozent des deutschen Fußballs findet an der Basis statt", sagte Wagner. "Ich bin leidenschaftlicher Fußballer, ich kicke heute noch gerne." Von Wagner stammt übrigens ein Zitat, das es bundesweit durch die Presselandschaft geschafft hat: "Die wahren Helden pfeifen auf roter Erde."

Doch bei allem Stolz auf eine herausragende Schiedsrichterkarriere hat sich Wagner einen Schuss Demut immer bewahrt: "Wir Schiedsrichter müssen uns in erster Linie als Dienstleister sehen. Es geht darum, dass das Spiel auf dem grünen Rasen funktioniert. Alle wollen sehen, dass der Ball rollt. Und dabei sind wir nur ein Teil des großen Ganzen." Insofern müssten Schiedsrichter auch dazu bereit sein, Entscheidungen zurückzunehmen, wenn es der Gerechtigkeit dient. Großes Lob hatte Wagner für die Schiedsrichtergruppe Bad Kissingen im Gepäck: "Die Altersstruktur ist genau richtig. Ich sehe viele sehr junge Schiedsrichter bei euch, aber eben auch noch die ältere Generation. Nur jung, funktioniert nicht, da fehlt die Erfahrung. Nur alt, funktioniert auch nicht, da fehlt die Innovation."


Positives Klima fördern

Wagner rät den Schiedsrichtern dazu, schon vor dem Spiel ein positives Klima zu erzeugen, nicht erst in kritischen Situationen. Zudem ist der 54-Jährige ein großer Freund der persönlichen Ansprache. "Wenn eine Gruppe ein Fehlverhalten zeigt, dann gibt es nur eine Lösung: Personifizieren. Nehmt euch einen Spieler raus und macht ihn verantwortlich. Ihm gebt ihr eine Aufgabe. In der modernen Personalführung ist das Personifizieren in Stresssituationen das einzige Mittel, wie man mit Gruppen klar kommt. Ihr könnt nicht mit einer ganzen Gruppe auf einmal sprechen."

Schiedsrichterobmann Alexander Arnold zeigte sich von den vielen Praxisbeispielen und der lockeren Vortragsart des ehemaligen Bundesliga-Schiedsrichters angetan. "Lutz Wagner macht das hervorragend. Das ist einfach klasse." Auch von den zahlreich erschienenen Schiedsrichtern gab es tosenden Applaus für einen gelungenen Lehrabend.