Bei der SpVgg Bayreuth ist der 22-Jährige zwischen den Pfosten die Nummer 2 hinter Sebastian Kolbe - mit höheren Ambitionen.
Lucas Zahaczewski ist kein Sven Ulreich. Auch wenn der 22-Jährige wie sein Torwart-Kollege vom FC Bayern München mit dem Titel einer "Nummer 2" zu leben hat. Der Bundesliga-Profi hat die Bank dauerhaft gebucht, weil der unverwüstliche Manuel Neuer, sofern nicht verletzt, natürlich gesetzt ist bei Julian Nagelsmann. Und der gebürtige Oberthulbaer muss damit leben, dass Bayreuths Trainer Thomas Kleine aktuell auf die Fangkünste von Sebastian Kolbe baut.
Selbstvertrauen ins eigene Können und der persönliche Ehrgeiz sind bei Zahaczewski groß genug, um sich ein Leben als Stammtorwart bei der "Oldschdod" gut vorstellen zu können. Aber da gibt es eben auch den Teamplayer Zahaczewski, der sich, und zwar zu hundert Prozent, in den Dienst der Mannschaft stellt. Und für den es selbstverständlich ist, den Konkurrenten bestmöglich zu unterstützen. "Der Sebastian spielt eine klasse Saison und macht das super. Was für uns beide zählt, ist der Klassenerhalt in der 3. Liga. Keiner von uns hat Bock auf die Regionalliga. Wir verstehen uns gut und helfen uns gegenseitig", sagt Zahaczewski. Spielpraxis bekam der 1,86 Meter große Keeper in dieser Saison lediglich in den drei Spielen im bayerischen Verbandspokal: beim 12:0-Sieg in Grafenwöhr, beim 3:0-Sieg bei Bayernligist Eltersdorf und bei der 2:3-Niederlage im Achtelfinale bei Drittliga-Absteiger Würzburger Kickers.
Schon früh hatte sich das Talent des jungen Lucas abgezeichnet, der über den FC 05 Schweinfurt im Juli 2011 in den Nachwuchs der SpVgg Greuther Fürth wechselte, ehe im Jahr 2020 der nächste Karriere-Schritt folgte mit dem Engagement beim damaligen Regionalligisten SpVgg Bayreuth, der in der Saison 2021/22 als souveräner Meister in die 3. Liga aufstieg. Ein anderer Kosmos, der sich da auftat. Ging es vorher oftmals in die Provinz, warten in dieser Saison fast ausschließlich Traditionsvereine, auch aus dem Osten der Republik wie Dynamo Dresden. Emotionaler Höhepunkt für den Verein und seine Fans war der 1:0-Erfolg Ende Oktober über den damals die Tabelle anführenden TSV 1860 München vor 12.000 Zuschauern im ausverkauften Hans-Walter-Wild-Stadion. "Das war echt der Wahnsinn. Genauso wie unser Spiel in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen den Hamburger SV. Da war die Hütte schon 90 Minuten vor Spielbeginn voll."
Ein Wahnsinns-Erlebnis gegen den HSV
Erst in der Verlängerung (1:3) hatten sich die Oberfranken geschlagen geben müssen, waren gegen den ambitionierten Zweitligisten durch einen abgefälschten Freistoß (16.) sogar in Führung gegangen, erst spät (83.) hatten die Hanseaten die Verlängerung erzwungen und sich in der Verlängerung durchgesetzt. "Da hat man dann den Unterschied gemerkt. Trotzdem war das ein geiles Erlebnis. In einem Ligaspiel wäre das ein Unentschieden gegen den großen HSV gewesen", so Zahaczewski, für den stimmungsvolle und optisch schöne Stadien wie das des MSV Duisburg eine zusätzliche Motivation bedeuten. "Würde ich zum Beispiel gegen Dresden mit seinen lauten Fans spielen, wäre ich vorher bestimmt aufgeregt. Aber nur solange, bis es los geht. Dann spiele ich mein Spiel."
Mit dem Aufstieg hat sich die Trainingsarbeit intensiviert. Im Spielbetrieb gibt es gewöhnlich nur an einem Tag in der Woche trainingsfrei, manchmal setzt der Chefcoach zwei Einheiten an einem Tag an. "45 Minuten vor Trainingsbeginn müssen wir vor Ort sein. Dann geht es zum Beispiel in den Kraftraum oder zum Physiotherapeuten, wenn es bei einem zwickt. Nach einer kurzen Besprechung beginnt das Training, wo es auch schon mehr zur Sache geht als in der letzten Saison", sagt der Oberthulbaer, der mit seiner Partnerin in Großgründlach, einem Stadtteil von Nürnberg, lebt und die 45-minütigen Fahrten in die Wagnerstadt auch deshalb in Kauf nimmt "weil meine Freundin in Nürnberg Lehramt studiert. Wenn wir von Auswärtsspielen erst spät heimkommen, wird auch schon mal bei einem Teamkollegen übernachtet."
Immer noch Kontakt zum Heimatverein
Nie abgerissen ist der Kontakt zum Heimatverein TSV Oberthulba, auch wenn es in dieser Saison noch nicht zu einem Besuch bei einem Kreisklassen-Spiel gereicht hat. "Dafür schauen mein Bruder und Kumpels immer mal wieder vorbei, sind auch bei dem ein oder anderen Spiel bei uns im Stadion."
Das erste Pflichtspiel nach der WM-bedingten Spielpause ist bereits am 15. Januar. Im heimischen Stadion geht es dann gegen die 2. Mannschaft von Borussia Dortmund. Aktuell Letzter ist die Spielvereinigung mit 13 Punkten aus 17 Spielen. Aber der VfB Oldenburg auf dem ersten Nichtabstiegsplatz ist nur drei Punkte entfernt. "Unsere Fans sind deutlich mehr geworden. Die pushen uns und sind auch auswärts dabei. Da sind wir sehr dankbar. Das alles ist keine Selbstverständlichkeit", sagt Zahaczewski, der WM-Spiele "selbstverständlich" und im eher privaten Rahmen schaut und Brasilien als den kommenden Weltmeister sieht - mit einem Finalsieg über Portugal.