Der Zuschauerzuspruch in der Bayernhalle übersteigt alle Erwartungen. Sieben der elf Kämpfe gewinnen die Lokalmatadore. Warum zwei TSV-Helden nicht in den Ring stiegen.
Die goldenen Schuhe sind ein Statement. Und sie passen ja irgendwie auch zu Bert Piontek. Der 22-Jährige beherrscht jedenfalls den großen Auftritt an diesem Samstagabend und macht den Ring zu seiner Bühne. "Es waren so viele Freunde, Vereins- und Arbeitskollegen von mir da. Und natürlich die Familie. Denen allen wollte ich eine gute Show bieten", erinnert sich der 22-Jährige, der seit gut einem Jahr für den TSV Bad Kissingen boxt und nach seinem Premieren-Kampf in Ilmenau vor einigen Wochen seinen zweiten offiziellen Kampf bestritt zur "Nacht der Revanche" gegen eine verstärkte Box-Staffel vom 1. FC Nürnberg.
Doch beim Anblick seines Gegners begannen Selbstzweifel am Bad Neustädter zu nagen. "Der war irgendwie Angst einflößend, hat vor unserem Kampf öfter mal zu mir geschaut und schien gar nicht nervös zu sein. Ich habe echt gedacht, dass ich verliere", gibt Bert Piontek zu. Dabei ist der AOK-Angestellte alles andere als ein Anfänger in Sachen Kampfsport, hatte es als Kickboxer in der Jugend sogar zu einer Bayerischen sowie einer deutschen Vize-Meisterschaft gebracht für die Kampfsport-Arena in Bad Neustadt, für die Piontek immer noch aktiv ist: als Box-Trainer und Abteilungsleiter mit Trainerschein. Nach einem Bandscheiben-Schaden war es zumindest mit der Kickbox-Karriere vorbei. "Die Hälfte meines Lebens habe ich Kampfsport ausgeübt und wollte damit unbedingt weitermachen. Umso dankbarer bin ich, dass ich in Bad Kissingen von Edgar Feuchter und meinen neuen Teamkollegen so super aufgenommen worden bin."
Volltreffer nach wenigen Sekunden
Mit der Konsequenz, dass im Mittelgewichts-Kampf also dieser Umut Birdal im Ring wartete, und drumherum ein erwartungsvolles Publikum in einer proppenvollen Bayernhalle mit annähernd 1000 Besuchern. Und dann passierte es: Nach etwa 20 Sekunden landete Bert Pionteks einen Wirkungstreffer, prompt wurde der Forchheimer vom Ringrichter angezählt. "Ich sah in seinem Blick, dass er gar nicht wusste, was da los ist. Da war ich sicher, dass ich den Kampf gewinnen werde." Der Konterboxer hatte seine große Stärke, die Beweglichkeit perfekt ausgespielt und krönte seinen Triumph mit einem kleinen Tänzchen im Ring, um sich anschließend von seinen Fans feiern zu lassen. "Nach dem Kampf war ich echt schlapp und einfach nur froh. Noch Tage später hatte ich Muskelkater. So muss es sich nach einem Marathon anfühlen", lacht Bert Piontek, der bereits nächste Woche wieder im TSV-Trikot bei einem Turnier in Würzburg antritt.
Die Steher-Qualitäten der Jessica Klose
Die "Nacht der Revanche" endete unter den Augen von Schirmherrn Thomas Leiner, dem 3. Bürgermeister der Stadt Bad Kissingen, wie im vergangenen Jahr: Mit einem Sieg der Lokalmatadoren gegen die verstärkte Auswahl vom 1. FC Nürnberg. Einer der sieben Erfolge ging auf das Konto von Jessica Klose, die den Premieren-Kampf an diesem Abend bestritt - und sogar vorzeitig gewann. "Drei Stunden vorher war ich ziemlich nervös. Aber je näher mein Kampf kam, umso mehr stieg die Vorfreude und Motivation", sagte die 18-Jährige, die erst seit einem halben Jahr boxt und durch ihren Freund Felix Säwert und ihren Bruder zum neuen Hobby kam.
Die Erzieherin in Ausbildung überzeugte ihr Publikum mit Kampfgeist und Steher-Qualitäten. Und das, obwohl die Vorbereitung krankheitsbedingt alles andere als optimal war. "Ich musste mich in der Woche vor dem Kampf ausruhen und im Training zurückhalten. Aber ich habe mir gedacht, das harte Training zuvor mit fünf Einheiten pro Woche können mir die Kondition nicht komplett nehmen", sagte die Garitzerin, die am Abend noch als Nummern-Girl im Einsatz war. "Ausgeteilt und eingesteckt" hatte Jessica Klose gegen Maria Wörlein. Und sich dabei zwei Rippen geprellt. "Aber natürlich werde ich weiter boxen und vor allem an meiner Deckung und Technik arbeiten. Schön wäre es, wenn mal jemand in meiner Gewichtsklasse im Training auftaucht. Ich muss ja sonst immer Sparring mit den Jungs machen."
Der Box-Präsident des Freistaats war auch da
Unter den Gästen an diesem bunten Abend mit Tanz, Gesang (Natascha Wallace), Poledance und beeindruckender Artistik vom Zirkus Luna aus Langendorf war mit Karl-Heinrich Pauckner auch der Präsident des Bayerischen Amateur-Box-Verbandes, der für seine erste Bad Kissinger Visite überhaupt samt Gattin aus Weißenburg angereist war. "Großartig, was hier geleistet wurde. Das ist eine hervorragende Veranstaltung, die den Boxsport weiterbringt. Schade nur, dass Mohammad Shadab und Kai Friedensohn nicht boxen konnten. Dennoch waren die Leistungen im Ring ansprechend", sagte Pauckner.
Die beiden Vorzeige-Kämpfer des TSV Bad Kissingen waren im Vorfeld als Zugnummern für diese "Nacht der Revanche" auserkoren. Umso bitterer für den Verein und vor allem die vielen Zuschauer in der Bayernhalle geriet deren kurzfristige Absage. "Ansonsten hatte die Besetzung der Kämpfe reibungslos geklappt", so Edgar Feuchter.