Spannendes Präludium

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Clayton Stephenson spielte das Präludium. Foto: Ahnert
Clayton Stephenson spielte das Präludium. Foto: Ahnert

Er fiel schon letztes Jahr beim Kissinger KlavierOlymp auf: der damals 15-jährige Clayton Stephenson.

Nicht nur, weil ihm seine Tastenarbeit wirklich Spaß zu machen schien, sondern auch, weil er unvoreingenommen an die Musik heranging. Das hat er sich bewahrt. Mit dieser Einstellung gelingt ihm bereits erstaunlich viel - wenn auch noch nicht alles - und erstaunlich viel Überraschendes.

Clayton Stephenson ist - und das verwundert nicht angesichts seiner jungen Jahre - ein eminenter Rhythmiker. Und das machte er auch sofort deutlich. Denn er begann mit Gershwins Prelude Nr.
1. Wie er da mit starkem Zugriff dieBachsche Formensprache in die Nähe des pointierten Jazz zog, hatte etwas enorm Spannendes - und Amerikanisches.

Technisch glänzend gespielt waren Claude Debussys "Pagodes". Die konturierte Flüssigkeit, die die Musik fordert, hat er. Aber er muss noch ein bisschen Geheimnis in seinen Anschlag bringen, dass nicht zu schnell Gewöhnung einsetzt.

Wo diese Gefahr eindeutig nicht bestand, war bei Liszts Mephisto-Walzer Nr. 1, bei dem Clayton Stephenson nicht nur damit überraschte, dass er nicht der jugendliche Haudrauf ist, sondern immer auch die leisen Momente sucht. Sondern mehr noch, dass er wirklich jeden Ton spielte, ohne Tempokompromisse machen zu müssen. Erstaunlich sanglich gelang ihm Schuberts "Ständchen" in der Bearbeitung von Liszt. Da ließ er die Virtuosität zurücktreten hinter die Emotionalität, auch wenn sein Tempo verriet, dass er der Sache nicht ganz traute. Er muss wohl erst mal unglücklich verliebt gewesen sein.

Interessant war sein Zugang zu Chopin. Da verweigerte sich Stephenson dem in Europa geschätzten und erwarteten Zelebrieren und brachte Chopin lieber ein bisschen zum Schwitzen. Das machte die As-dur-Polonaise op. 53 unpathetisch erträglich, verdeutlichte aber auch, wie wenig an Substanz trotz der virtuosen Anforderungen in dem Andante spianato e Grande Polonaise brillante tatsächlich steckt.

Mit den beiden letzten Werken schlug er den Bogen zurück in die Musik der Gegenwart, die wirklich die seine ist: mit Lowell Liebermanns berühmten, zum Mystischen neidfenden "Gargoyles" ("Wasserspeier") und vor allem mit Hiromi Ueharas "Tom & Jeryy Show". Vor allem bei Letzterem konnte er hinlangen, konnte er zaubern mit seinen Humor und seiner eminenten Technik.