Sozialpsychiatrischer Dienst stellt sich vor

2 Min
Gerd (links) im Gespräch mit Luisa Mühlstein (Leiterin Betreutes Wohnen) und Jürgen Wolfer (Leiter der Tagesstätte). Foto: Sigismund von Dobschütz
Gerd (links) im Gespräch mit Luisa Mühlstein (Leiterin Betreutes Wohnen) und Jürgen Wolfer (Leiter der Tagesstätte). Foto: Sigismund von Dobschütz

Nochmals am Mittwoch präsentiert der Sozialpsychiatrische Dienst der evangelischen Diakonie sein Leistungsspektrum in Bad Kissingen am Informationsstand hinter dem Alten Rathaus.

Hierzu zählen die Beratungsstelle mit ihrem kostenfreien Service, die Tagesstätte im Theresienstift sowie die ambulante Betreuung psychisch kranker Menschen in ihrer eigenen Wohnung. Außer Informationen gibt es gegen eine Spende auch einiges an Selbstgebasteltem aus Holz und Ton, Wolle und Seidenpapier.

Standdienst machen Jürgen Wolfer, Leiter der Tagesstätte, und Luisa Mühlstein, Leiterin der ambulanten Wohnbetreuung, im Wechsel mit Kollegen. Auch einige ihrer "Klienten" - so nennen beide die von ihnen Betreuten - harren in der frostigen Kälte aus. "Hier bin ich unter Freunden", sagt Gerd (52) lächelnd und erzählt aus seinem problematischen Leben. Erst das Team vom sozialpsychiatrischen Dienst habe ihm wieder neuen Mut und Freude gegeben.

Das Leben wurde schwieriger

Vor knapp 20 Jahren kam Gerd aus Thüringen nach Unterfranken. Obwohl seit seinem achten Lebensjahr nach einem Unfall körperlich behindert, hatte er immer Arbeit - zunächst als Computerfachmann, zuletzt als Wachmann. Doch dann verlor er seinen Job und "von da an ging's mit mir bergab". Er wurde zum Hartz-IV-Empfänger.

Zwischendurch jobbte er auf 400-Euro-Basis. Dadurch gab es Zahlungsprobleme mit der Arbeitsagentur. "Ich verstand die komplizierten Berechnungen nicht." Seine Bewerbungen um eine richtige Arbeitsstelle blieben bisher ohne jeden Erfolg. "Unsere Gesellschaft hat ein großes Problem mit Behinderten."

Schließlich war er ganz allein

Schließlich trennte sich 2010 auch noch seine Frau mit den Kindern von ihm. "Ich bekam eine schwere Depression." Gerd kam in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie in Werneck. Nach seiner Gesundung stellte man ihm den Kontakt zum sozialpsychiatrischen Dienst in Bad Kissingen her. Hier besorgte man ihm zunächst einen Platz im Wohnheim, dann 2011 eine eigene Wohnung.

Dort wird Gerd seitdem vom Sozialpsychiatrischen Dienst zweimal wöchentlich ambulant betreut. Man macht mit ihm Behördengänge, füllt komplizierte Anträge aus oder formuliert mit ihm Briefe an offizielle Dienststellen. "Allein könnte ich das gar nicht." Seit seiner Depression leidet Gerd an Konzentrationsmangel. Auch gibt man ihm Ratschläge, wie er in seiner Wohnung allein zurechtkommen kann.

Wichtig sind die Gespräche

Besonders wichtig sind ihm aber vor allem die Gespräche mit seinen Betreuern. Denn nur hin und wieder hat er flüchtigen Kontakt mit den Kindern und der Ex-Frau, von der er seit 2012 geschieden ist. "Auch während der Scheidung hat mich der Dienst unterstützt." Gerd ist allein, richtige Freunde hat er nicht.

Ablenkung von seiner Einsamkeit findet Gerd in der Tagesstätte im Theresienstift, freut er sich. "Wenn man jemanden zum Reden braucht, findet man beim Sozialpsychiatrischen Dienst immer einen." Er bekommt täglich sein warmes Mittagessen. "Und meinen Kaffee." Vor allem aber, "kann ich dort Dinge machen, die ich früher niemals gemacht hätte". Auch das ist eine Folge seiner depressiven Erkrankung und seiner Konzentrationsschwäche: Leistete er in seinem früheren Leben Kopfarbeit am Computer, arbeitet er jetzt mit seinen Händen und bastelt mit Holz - Dinge, wie sie am Infostand angeboten werden.

Die Arbeitsbelastung wächst

Gerd ist nur einer von vielen Klienten des Sozialpsychiatrischen Dienstes in Bad Kissingen. "Die Zahl hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt", sagen Jürgen Wolfer und Luisa Mühlstein. Die arbeitsmäßige Belastung wächst schneller, als man mit zusätzlichen Mitarbeitern auffangen könnte. "Für unsere Arbeit brauchen wir Humor." Anders wäre der Umgang mit der Vielzahl schwerer Schicksale nicht zu leisten. "Und zuhause einen verständigen Partner", ergänzt Wolfer, dessen Ehefrau "zum Glück" in einem ähnlichen Beruf arbeitet.