Sanierungsstau in der Erlöserkirche in Bad Kissingen

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Pfarrer Jochen Wilde zeigt, wie die evangelische Erlöserkirche ursprünglich farblich gestaltet war. Fotos: Thomas Mäuser
Pfarrer Jochen Wilde zeigt, wie die evangelische Erlöserkirche ursprünglich farblich gestaltet war. Fotos: Thomas Mäuser

Der Innenraum und die Orgel müssen hergerichtet werden. Die Glocken haben das Ende ihrer Laufzeit erreicht. Ein barrierefreier Zugang ist dringend nötig. Noch heuer sollen die Rahmenbedingungen für die Sanierung festgelegt werden.

An den Wänden sind noch die Spuren des Brandanschlages von 2005 zu sehen, der Innenputz hat Schrammen, die Risse in der Kuppel sind statisch unbedenklich, aber nicht schön. Eines wird beim Betreten der evangelischen Erlöserkirche sofort klar: Das Gotteshaus hat Sanierungsbedarf.

Das weiß auch Pfarrer Jochen Wilde. Doch das mit dem Renovieren ist so einfach nicht. Schon alleine deswegen, weil die Baulast aufgeteilt ist.
Für das Langhaus ist der Staat zuständig, für Altarraum und Apsis sind es Kirchengemeinde und Landeskirche. Und auch das Landesamt für Denkmalpflege wird ein Wörtchen mitzureden haben.

"Bevor es losgehen kann, sind Grundsatzentscheidungen nötig", sagt Pfarrer Wilde. "Wir brauchen ein Gesamtkonzept, das festhält, was gemacht werden muss und wer was übernimmt." Das Wissen um den Sanierungsbedarf ist nicht neu, doch Pfarrer Wilde ist optimistisch, dass es nach Jahren der Stagnation jetzt vorwärts geht. "Wir sind in guten Gesprächen mit allen Beteiligten." Der Geistliche wünscht sich, dass die Kosten- und Zuständigkeitsermittlung noch heuer in Angriff genommen und auch abgeschlossen wird.

Eines der vordringlichsten Anliegen ist Jochen Wilde ein behindertengerechter Zugang: "Immer mehr Gottesdienstbesucher sind darauf angewiesen." Das Hauptportal ist nur über eine Treppenanlage erreichbar, ein Behelfs-Behinderten-Zugang an der Nordseite eher unpraktisch. Nun soll ein barrierefreier Zugang auf der Südseite der Kirche entstehen, mit einer zeitgemäßen Toilettenanlage.

Marode Technik

Außerdem muss laut Wilde die gesamte Technik, darunter die Heizung und die Elektroinstallation, erneuert werden. "Immer wieder haut es Lampen durch", sagt der Pfarrer und deutet auf die zusätzlich installierten Leuchten für die aktuelle Kunstausstellung. Dann wäre da noch die denkbare Wiederherstellung des Zustandes von 1891, als das ursprüngliche Bethaus unter anderem um den Chor, den 40 Meter hohen Hauptturm und die beiden kleinen Türme der Westfassade ergänzt wurde. Eine schon vor Jahren freigelegt "Musterachse" zeigt, dass die Wände früher hell, die Holzteile dunkel waren. Heute ist es genau umgekehrt. Zudem wurden bei der Sanierung Anfang der 1950er Jahre sämtliche Bemalungen übertüncht. Diese sollten freigelegt werden. So zeigten etwa Chor und Kuppelgewölbe Bilder im byzantinischen Stil.

Glocken am Ende

Das ist nicht alles, was Pfarrer Wilde Sorgen macht. Da wären noch Glocken und Orgel. Für beides ist die Kirchengemeinde allein zuständig. Das Geläute der Erlöserkirche stammt aus dem Jahr 1922, die stählernen Glocken sind am Ende ihrer Laufzeit angelangt. Der Glockenstuhl bedarf der Überarbeitung.

Schlimmstenfalls können überalterte Glocken bersten. Eine Untersuchung hat laut Pfarrer Wilde zwar ergeben, dass diese Gefahr in der Erlöserkirche - noch - nicht besteht. Aber über kurz oder lang müssen die Glocken stillgelegt werden.

Die Technik der Steinmeyer-Orgel bedarf ebenfalls der Überarbeitung. Außerdem zitiert Pfarrer Wilde Fachleute, die einen wesentlich besseren Klang prognostizieren, falls die Orgel aus der Nische nach vorne gerückt würde. Für die Orgel-Sanierung hat die evangelische Kirchengemeinde bereits eine Kostenschätzung, und die spricht von 60.000 bis 100.000 Euro. Alle anderen Kosten sind noch offen.

Ein Zeitplan existiert noch nicht, der lässt sich laut Pfarrer Wilde erst nach Erstellung des Gesamtkonzeptes entwickeln. Es habe keinen Sinn, mit der Orgel anzufangen, wenn ein Jahr später der Innenraum saniert wird. Wenn der Staat in den nächsten zehn Jahren die Renovierung des Kirchenschiffes nicht leisten kann, dann könnte man mit der Orgel beginnen.

Bliebe die Frage der Finanzierung, denn ein Gutteil der Kosten bliebe an der Kirchengemeinde hängen. So will Pfarrer Jochen Wilde mit der Landeskirche verhandeln, habe die Erlöserkirche doch einen hervorgehobenen Stellenwert. Und das nicht nur für die Stadt, sondern auch für die Kur und die Gäste Bad Kissingens. Auch Spendenaktionen und die Gewinnung von Sponsoren kann sich der Geistliche vorstellen.

Hat Pfarrer Wilde noch einen zusätzlichen Wunsch? "Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wir bräuchten dringend Lagerraum, zum Beispiel für die Bühnenteile und die Stühle, die im Gotteshaus lagern. Damit die Kirche wieder ihren liturgischen Raum zurückbekommt."


Aus der Geschichte der Erlöserkirche


Anfang Der bayerische König Ludwig I. erteilte 1840 die "allerhöchste Bewilligung" für die Berufung eines "Badpredigers" während der Sommermonate, nachdem die Zahl der überwiegens evangelischen Kur- und Sommergäste in Bad Kissingen drastisch angestiegen war. Der erste evangelische Gottesdienst fand am 17. Mai 1840 im Saal des königlichen Landgerichtes statt.

Bethaus Ludwig I., der mit der evangelischen Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen verheiratet war, war es auch, der in den Jahren 1845/1846 aus eigenen Mitteln am heutigen Standort ein protestantisches Bethaus errichten ließ.

Umbau Nachdem schon 1882 die Zahl der Kurgäste die 12.000er-Marke überschritten hatte, wurde 1890 mit der Erweiterung des protestantischen Bethauses begonnen. Dabei wurden das Kirchenschiff verlängert und nach Abriss der alten Apsis ein neuromanischer Chor geschaffen. Über dem Kuppelgewölbe erhebt sich seitdem der 40 Meter hohe Glockenturm. An der Stirnseite erhielt die Kirche die beiden Türme, die das Kirchendach um 16 Meter überragen. Die Erlöserkirche hatte ihre heutige Gestalt erhalten. Die Baukosten betrugen 98 000 Mark. Schon damals waren die Mitglieder der rund 600 Köpfe starken Kirchengemeinde in die Finanzierung mit eingebunden. Auch der bayerische Landtag war mit einem Zuschuss dabei. Zudem trug eine "gnädigst bewilligte Zuwendung" aus königlichen Kassen mit dazu bei, dass der Kirchenumbau überhaupt möglich wurde. Die Einweihung fand 1891 statt.

Orgel Die Orgel der Erlöserkirche stammt aus dem Jahre 1884. Erbauer war die renommierte "Königlich-Bayerische Hof-Orgel- und Harmoniumfabrik Steinmeyer in Oettingen.
Quelle: Wikipedia