"Die Tendenz ist steigend", sagt Schuldnerberaterin Regina Franke vom Landkreis Bad Kissingen über die Zahl der Hilfe suchenden Rentner. Während das Einkommen kaum zum Leben reiche, plage viele das Verantwortungsgefühl, die entstandenen Schulden irgendwie zu begleichen.
In Deutschland sind immer mehr Menschen im Rentenalter auf Sozialhilfe angewiesen - derzeit sind die Zahlen auf einem Höchstwert. In vielen Fällen müssen Betroffene die Grundsicherung zusätzlich zu ihrer Altersrente beziehen, weil diese nicht zum Leben reicht. Sozialpädagogin Regina Franke ist seit fünf Jahren Schuldnerberaterin, arbeitet für den Landkreis Bad Kissingen und hat bereits diverse Einzelschicksale kennengelernt.
Vor allem bei der Gruppe der Rentner beobachte Franke eine "sehr große Hemmschwelle, sich überhaupt an die Beratungsstelle zu wenden und ein ausgeprägtes Schamgefühl, sich eingestehen zu müssen, dass man seine Schulden nicht bezahlen kann". Hinzu mischten sich Schuldgefühle und sogar Angst, ins Gefängnis zu kommen. "Die Leute haben einen sehr hohen psychischen Druck und befinden sich in großen moralischen Nöten", fügt sie hinzu. Und nicht immer fänden sich Lösungen.
Durchschnittsrente unter 1000 Euro: So können Rentner zu Schuldnern werden
Im ersten Halbjahr von 2024 habe die Beratung 37 Rentnerinnen und Rentner begleitet. "Die Tendenz ist steigend", sagt sie gegenüber inFranken.de mit Blick auf die vergangenen zehn Jahre. Mittlerweile seien über 15 Prozent der Schuldner Rentner. "2015 waren es noch unter zehn Prozent." Die Durchschnittsrente der Beratenen liege unter 1000 Euro, informiert Franke. Die normale Altersrente beträgt laut der Expertin derzeit durchschnittlich 908 Euro. "Wir haben auch viele mit einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrente. Sie liegen noch niedriger", ergänzt sie. Auch Steuerabgaben gibt es bei der Rente zu bedenken. So viele Steuern zahlst du beispielsweise bei einer Rente von 1600 Euro.
Wie gerät die betroffene Gruppe in Schulden? Rentner konsumierten in der Regel nicht über ihre Verhältnisse, wie das Team feststelle. "Diese Leute haben oft weniger hohe Schulden. Es sind beispielsweise alte Kredite, die während der Berufstätigkeit geradeso gezahlt werden konnten." Mit der Rente sei die Begleichung plötzlich nicht mehr möglich, zumal steigende Lebenshaltungskosten hinzukämen.
Manche Rentner hätten auch keine solch alten Schulden. "Doch dann geht etwas kaputt oder die Nebenkosten steigen und so wird es nicht mehr möglich, die Kosten zu bezahlen", so die Sozialpädagogin. "Dann nimmt man den Dispo in Anspruch und hat vielleicht nur einen Rückstand von 1000 bis 2000 Euro. Aber wenn man nur 900 oder 950 Euro im Monat hat, bleibt nichts mehr übrig, um etwas abzuzahlen."
"Ich muss das doch bezahlen": Beraterin aus Landkreis Bad Kissingen beobachtet große Gewissensbisse
Jeder Fall sei sehr individuell und spezifisch. Häufig handele es sich um Ein-Personen-Haushalte. Franke nennt exemplarisch eine alleinstehende, Mitte 60-jährige Frau, die "immer gearbeitet hat". Doch ihr Arbeitgeber habe sie irgendwann nicht mehr pünktlich und dann gar nicht mehr entlohnt und so habe sie eines Tages ihr Konto überziehen müssen.
Später habe sie zwar einen neuen Job in der Gastronomie gefunden. "Doch dann kamen Corona und Kurzarbeit. Der Schuldenberg ist immer mehr gewachsen", illustriert die Beraterin. Schließlich sei sie auch noch über längere Zeit erkrankt, letztlich habe sie Altersrente und Wohngeld bezogen.
Und das im "reichen" Deutschland !!!!!!!!!!!!!!!!!!!
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