Randale in Skihütte: Gedächtnis des Skiclubs verbrannt

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Weil vier Jungs alkoholisiert waren und für ihr Saufgelage ein Feuerchen machen wollten, verschürten sie Seiten der Hüttentagebücher - die Chronik des Skiclubs Bad Brückenau und randalierten. Das hatte ein gerichtliches Nachspiel.
Weil vier Jungs alkoholisiert waren und für ihr Saufgelage ein Feuerchen machen wollten, verschürten sie Seiten der Hüttentagebücher - die Chronik des Skiclubs Bad Brückenau und randalierten. Das hatte ein gerichtliches Nachspiel.
Symbolbild: E. Schittenhelm, stock.adobe

Vor Gericht standen drei junge Männer wegen schweren Diebstahls und Sachbeschädigung. Bei ihrem Saufgelage verbrannten sie eine Chronik - das hatte Folgen.

Eigentlich wollten sie sich im Mai 2020 abends einfach gemütlich treffen, um gemeinsam etwas zu Trinken. Und wegen der Corona-Beschränkungen suchten sich die vier Jungs in Bad Brückenau ein wenig abseits gelegene Bänke. Soweit nicht unbedingt ungewöhnlich. Doch jetzt mussten sich drei von ihnen wegen schweren Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Bad Kissingen vor Gericht verantworten. Das Urteil gegen den vierten Kumpel war bereits in einem separaten Verfahren gefallen und so war er dieses Mal als Zeuge geladen. Er erschien jedoch nicht, was die ganze Verhandlung beinahe zum Platzen gebracht hätte. Um das zu verhindern, rief die Richterin die Polizei an und ließ den 22-Jährigen kurzerhand vorführen.

Derweil berichteten die drei Angeklagten (ein Anlagenmechaniker, ein Verkäufer und ein Hausmeister im Alter von 24, 25 und 27 Jahren), was sich an jenem Abend zugetragen hatte. Sie hatten auf zwei Bänken den mitgebrachten Alkohol getrunken. Als es anfing zu regnen, seien sie den Berg hoch zu einer Hütte gelaufen. Diese hätten sie jedoch nicht aufgebrochen, wie sie gleich mehrmals versicherten, sie habe offen gestanden beziehungsweise sei die Tür angelehnt gewesen. Sie hatten sich reingesetzt und den vierten, "ein wenig geneckt und gepiesackt, weil er mit dem Kopf auf dem Tisch eingeschlafen ist", so einer der Beschuldigten. Daraufhin sei dieser total ausgerastet und habe die halbe Einrichtung auseinander genommen.

Die Polizei fand später sein Blut und konnte die Täter darüber und über Zigarettenkippen identifizieren.

In der Hütte waren Spiegel, Tischdecke, Eingangstür und der Außengrill beschädigt. Der Gesamtschaden belief sich am Ende auf rund 500 Euro, "vermutlich hätte er höher gelegen, wenn die Ehrenamtlichen es nicht selbst repariert hätten", so der Staatsanwalt. Und auch wenn die Angeklagten unisono versicherten, sie seien zwar alle alkoholisiert gewesen, hätten aber nichts mitgenommen, waren diverse Dinge verschwunden, wie Getränke, Plastikbecher, Mülleimer und ein Messingzapfhahn. Diebesgut im Wert von etwa 150 Euro.

Hoher ideeller Schaden

"All das ist ersetzbar, doch was uns wirklich geärgert hat war, dass Seiten aus den Hüttentagebüchern herausgerissen waren. Dabei handelt es sich um die Chronik des Skiclubs, die seit den 60er-Jahren zusammengetragen wurde. Das ist unwiederbringlich verloren", erläuterte eine Vertreterin des Bad Brückenauer Skiclubs, dem die Hütte gehört, vor Gericht. Sie glaube, dass die Eindringlinge Papier für ein Feuer benötigt haben und deshalb die Bücher und die Tischdecke dran glauben mussten. Denn die vier hatten auch ein Feuerchen auf der Terrasse gemacht. Davon zeugten Brandspuren. Und das gaben sie vor Gericht auch zu. "Sie gestehen immer nur genau das, was man Ihnen anhand der Spurenlage sowieso beweisen kann", so machte der Staatsanwalt erbost deutlich, dass diese Einlassungen den Angeklagten bei der Strafbemessung nicht helfen würden. Derweil beteuerten die drei immer wieder, dass sie weder etwas aufgebrochen noch etwas mitgenommen hätten.

Die Hüttenwartin des Skiclubs hatte den Schaden bei ihren regelmäßigen Kontrollen am 25. Mai 2020 entdeckt, anschließend hätten sie gemeinsam Anzeige bei der Polizei erstattet, so die Zeugin. Die Hütte werde ehrenamtlich betrieben, die Versicherung sei nicht für das Mobiliar zuständig gewesen und so habe man alles aus der Vereinskasse ersetzt. Den Grill habe man nur teilweise repariert, denn "der Verein altert und wegen Corona hat eh nichts stattgefunden".

Die Hütte stehe im Wald, sei eigentlich nicht einfach zu finden. Trotzdem locke sie immer mal Jugendliche an, so die Zeugin. "Der Verein hat auch nichts dagegen, wenn sie alles wieder in Ordnung bringen", erläuterte sie. Eingebrochen wurde vorher jedoch noch nicht.

Diesmal jedoch war die Eingangstür aufgehebelt worden, wie der ermittelnde Polizeibeamte vor Gericht angab. Der vierte Teilnehmern, von dem man Blutspuren gefunden hatte, war sechs Monate später wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verhört worden. So kam die Polizei den vieren auf die Spur.

Die Richterin hielt den Angeklagten vor: "Ihr Kumpel wurde bereits verurteilt und hat sie in die Pfanne gehauen." Auf Diebstahl in besonders schwerem Fall stehe eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten. Doch das änderte nichts. Die drei blieben bei ihren Aussagen. Als der "Kumpel" dann als Zeuge vorgeführt wurde, konnte - oder wie der Staatsanwalt mutmaßte, wollte er sich an nichts mehr wirklich erinnern. Aussagen wie: "Ich schlaf eigentlich überall" und "ich verletze mich öfter, keine Ahnung was da war" waren kaum hilfreich.

Der Staatsanwalt sah die Anklage bestätigt und forderte angesichts des hohen ideellen Wertes vor allem der Hüttenbücher und des nicht unerheblichen Schadens Freiheitsstrafen von neun und zehn Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollten. Zudem Zahlungen der Angeklagten von je 600 Euro an den geschädigten Verein, Geldauflagen in Höhe von 1700 Euro, 1200 Euro und 600 Euro und die Kosten des Verfahrens.

Späte Reue

"Keiner von uns ist da hochgegangen, um das Heim leer zu räumen", gab der eine an, der zweite gestand "es war blöd und wird nicht noch einmal vorkommen" und der dritte sagte: "Wir wollten uns eigentlich sogar melden und den Schaden reparieren, aber wir wussten nicht, wem die Hütte gehört".

Die Richterin hatte ein Einsehen: Keiner der Jungs war einschlägig vorbestraft oder hat Drogenprobleme, alle haben feste Jobs, es sei auch kein großer Schaden entstanden. Für sie eine "jugendtypische Tat" und "vielleicht hatten sie zu dieser Zeit einfach den falschen Umgang". Sie verhängte für alle drei Geldstrafen, jeweils drei Monatsgehälter, und die drei müssen die Kosten des Verfahrens bezahlen - das ergibt sich aus dem Gesetz. Sowohl Staatsanwalt als auch die Jungs verzichteten auf weitere Rechtsmittel und akzeptierten das Urteil.