Um den perfekten Mord, beklemmende Nähe und Psychospielchen ging es im Zwei-Personen-Stück "Ein Deal nach Hitchcock" von Regisseur Thomas Rohmer im Kurtheater. Die Darsteller überzeugen schauspielerisch, haben aber Probleme mit der Akustik.
Alles Fassade - und die zerbröckelt im Laufe des Schauspiels "Ein Deal nach Hitchcock" wie eine Sandburg am Strand der Insel Rügen. Die bekannten weißen Kreidefelsen müssen als Tat- oder Unfallort herhalten. Nichts ist gewiss in diesem Zwei-Personen-Stück, dem die knapp 200 Gäste anfangs reserviert gegenüberstanden, das in der zweiten Hälfte Fahrt aufnahm und ein überraschendes Ende offerierte.
Die Bühne im Kissinger Kurtheater zeigt die Praxis des Psychoanalytikers Salomon: zwei Ledersessel anstelle der obligatorischen "Patienten-Couch", Großstadt-Panorama im Hintergrund auf einer Media-Leinwand und große Schachfiguren auf einem schwarz-weißen Bodenbelag als symbolische Anspielung auf die Gegensätze in dieser Inszenierung nach einer Vorlage von Bernd Storz.
Umgesetzt wurde das Stück von Thomas Rohmer, der mit dem Tourneetheater Fürth in Bad Kissingen kein Unbekannter ist. Mit "Ein Deal nach Hitchcock" nutzen Autor und Regisseur nicht nur den Namen des Meisters der psychologischen Filminszenierung, sondern seinen Filmklassiker "Zwei Fremde im Zug", in dem es um den perfekten Mord geht.
Auf dieser Grundlage erweitert das Drehbuch die psychologischen Spielchen um religiöse "Schein-Motive" und Sterbehilfe, um biblische Zitate und islamische Suren, um Beziehungskrisen und Geschlechterrollen. Handlungszeitraum ist dabei eine "Beratungs-Doppelstunde", die nicht der normalen Uhrzeit folgt, sondern zweimal 50 Minuten umfasst. Im ersten Akt der Inszenierung erfährt das Publikum von einem Erstkontakt, der vor 66 Tagen stattfand. Klient Müller äußert darin nicht nur seine Mordfantasien, sondern erläutert auch - rein hypothetisch - ein gegenseitiges Komplott zum perfekten Mord. Im Raum steht der Unfalltod von Salomons Ehefrau Adelina, einer zum Islam konvertierten Christin, und damit die unausgesprochene Frage, ob dies ein Unfalltod oder Mord war. Im zweiten Akt entwickelt sich diese Konstellation zu einem tiefenpsychologischen Spielchen mit gekränkten Eitelkeiten, eifersüchtigen Sticheleien, intimen Geständnissen, entlocktem Täterwissen und dem Einfordern einer Mordtat als Gegenleistung.
Die Darsteller haben wenig Handlungsspielraum auf der Bühne. Sie bewegen sich zwischen bedrückender Nähe und emotionsloser Distanz. Dramaturgisch unterstützt wird das durch Einspielungen von Musik, TV-Nachrichten, Hitchcock-Bildern, lachender Muslima oder Bahnfahrt auf der Mediawand. Bei so einer Bühnenkonstellation kommt es auf die persönliche Darstellungskraft der Schauspieler an. Patrick Dormann als jugendlich wirkender Salomon und Julian Schneider als überheblich-cholerischer Klient liefern sich ein Duell, das mit den Rollenklischees spielt und bei dem sich die Schwerpunkte verschieben.
Anfangs ist Klient Müller die treibende Kraft, die mit Anspielungen und Andeutungen in der Inszenierung dominiert. Salomon verschanzt sich hinter professioneller Distanz, deren Fassade von seinem Klienten immer wieder durchbrochen wird. Eine Verschiebung der Dominanz geht in Nuancen über die Bühne. Perfide lockt Salomon seinen Kontrahenten in die Falle, indem er dessen Überheblichkeit zu einem Geständnis mit "Täterwissen" nutzte.
Dialoglastig war das Spiel zwischen den beiden Ledersesseln und da lag auch der Knackpunkt der Aufführung: die Verständlichkeit der Dialoge litt unter der Distanz von Bühnenaufbau zum Publikum und so mancher Gast hätte sich mehr Lautstärke -durch die beiden Akteure selbst oder mit Hilfe von Mikrophon/Verstärkeranlage - gewünscht. Trotzdem gefiel das manipulative Spiel um den "perfekten Mord" und Salomons Aufforderung "Ihre Zeit ist um. Sie haben die Alternative: der Notruf oder der 5. Stock" war zwar an Klient Müller gerichtet, wurde aber auch vom Publikum für einen anerkennenden Schlussapplaus für Patrick Dormann und Julian Schneider genutzt.