Der Kreis- Haushalt bläht sich heuer um fast ein Fünftel auf. Der Kreisausschuss hat den Entwurf trotzdem fast ohne Einwände empfohlen. Mit Kommentar.
Von einer "deutlichen Aufblähung des Haushaltsvolumens" berichtete Kämmerer Christian Metz gestern im Kreisausschuss. Nach der Vorberatung mehrerer Haushalte hat Metz nun alle Einzelergebnisse zusammengefasst: Die Erträge steigen demnach um 13,7 Millionen Euro oder 16,7 Prozent auf 95,8 Millionen Euro, die Aufwendungen um 15,2 Millionen Euro oder 19,2 Prozent auf 94,0 Millionen Euro. Das Jahresergebnis sinkt von 3,33 Millionen auf 1,79 Millionen Euro, das sind 46,2 Prozent weniger. "Wir sind trotzdem noch im grünen Bereich", beruhigte der Kämmerer die Kreisräte.
"Nicht besorgniserregend"
"Der Zuwachs der Kreis-Finanzen ist nicht besorgniserregend", kommentierte Landrat Thomas Bold (CSU) die Entwicklung. Die Mehrung sei vor allem der Flüchtlingssituation geschuldet, allerdings würden die Kosten für Notunterkünfte, dezentrale Unterbringung und die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge weitgehend erstattet. Trotzdem blieben die Personalkosten für 13 neue Stellen sowie die damit verbundenen Sachkosten am Kreis hängen: Insgesamt handle es sich um eine siebenstellige Summe.
"Der kommunale Finanzausgleich hat sich deutlich verändert", ging Bold auf die Diskussion in vielen Kommunen in den vergangenen Monaten ein. Durch eine Umstellung stieg die Umlagekraft aller 26 Kommunen im Kreis von 80,7 Millionen auf 89,5 Millionen Euro. Hätte der Landkreis seinen Hebesatz bei 48,7 Prozent gelassen, hätte er auf einen Schlag 4,45 Millionen Euro mehr eingenommen.
Deshalb habe die Verwaltung eine Senkung um drei Prozentpunkte auf 45,7 Prozent vorgeschlagen: Trotzdem müssen alle Kommunen zusammen 1,75 Millionen Euro mehr an den Landkreis überweisen: die gesamte Kreisumlage steigt von 39,3 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 41,1 Millionen Euro heuer. Am heftigsten trifft es die Große Kreisstadt Bad Kissingen: Statt 8,83 Millionen Euro im vergangenen Jahr muss der Bad Kissinger Kämmerer heuer 9,78 Millionen Euro an den kreis abgeben, bei Wildflecken liegt die Mehrung bei rund 494 000 Euro. Dagegen fällt die Kreisumlage der Stadt Hammelburg um 436 000 Euro und die der Gemeinde Euerdorf um 258 000 Euro niedriger aus, weil dort die Umlagekraft für das laufende Jahr einbrach.
Landrat Bold verwies zudem darauf, dass fast die komplette Steigerung der Kreisumlage an den Bezirk durchgebucht werden muss: Der hat seinen Umlagesatz nämlich nicht gesenkt. Ergebnis: Die Bezirksumlage steigt von 14,54 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 16,18 Millionen Euro heuer. Das ist eine Mehrung von 1,65 Millionen Euro oder 11,3 Prozent.
Bold wies vor allem darauf hin, dass der Landkreis Bad Kissingen seit 2006, also zehn Jahre in Folge, unterm Strich keine neuen Schulden aufnimmt. "Wir haben sogar Schulden abgebaut." Im Wesentlichen hat sich der Landkreis das Geld dafür allerdings von den Kommunen geholt. Im gleichen Zeitraum hat sich das Haushaltsvolumen um das Eineinhalbfache erhöht: 68,2 Millionen Euro umfassten Verwaltungs- und Vermögenshaushalt im Jahr 2006. Nach Einführung der doppischen Haushaltsführung im Jahr 2012 lässt sich der Wert mit den so genannten Auszahlungen vergleichen: Die liegen heuer voraussichtlich bei 103,5 Millionen Euro, das sind 35,3 Millionen Euro oder 51,7 Prozent mehr.
Schulden sinken nur minimal
Für heuer war im Vorbericht ein Rückgang der Schulden um 2,26 Millionen Euro durch die Tilgung von Krediten vorgesehen. Im Kreisausschuss berichtete Kämmerer Christian Metz nun jedoch, dass der Kreis einen neuen Kredit über 2,2 Millionen Euro aufnimmt, um das Geld der kreiseigenen Carl-von-Heß'schen Stiftung zinslos zur Verfügung zu stellen. Eigentlich sollten die Schulden auf 15,0 Millionen Euro sinken, nun bleiben sie vermutlich am Jahresende bei rund 17,2 Millionen Euro. Zum Vergleich: Ende 2008 hatte der Landkreis noch 31,9 Millionen Euro Schulden.
Der Landkreis hortet jede Menge Geld: 29,3 Millionen Euro betrug die Liquidität zum Jahreswechsel. Kämmerer Christian Metz relativiert die Zahl aber ganz schnell: 10,78 Millionen Euro seien als Haushaltsausgabereste fest verplant. So sollte zum Beispiel der Sitzungssaal des Landratsamtes 2015 für eine Million Euro auf Vordermann gebracht werden. Auch in der Hoffnung auf Förderung wurde die Maßnahme verschoben, soll aber bald nachgeholt werden.
Investitionen in Schulen
Der größte Brocken bei den Rückstellungen sind die 2,32 Millionen Euro für die Ortsumgehung Eltingshausen. Zudem stehen in der Liste 462 000 Euro für den Neubau Mühlgasse, 571 000 Euro für das Bad Kissinger Gymnasium, 250 000 Euro für die Berufsschule, 858 000 Euro für die Bad Brückenauer Dreifachturnhalle, 953 000 Euro für die Saalebrücke/Aschacher Kreuzung, 666 000 Euro für den Ausbau der Straße Modlos-Detter sowie 860 000 Euro für den Bereich Schönderling-Hänleinsplatz. Aber auch jenseits der bereits beschlossenen Maßnahmen stehen laut Landrat Thomas Bold (CSU) jede Menge Investitionen an: Allein der Neubau des Berufsbildungszentrums ist mit 20 Millionen Euro veranschlagt, 60 Prozent davon trägt der Landkreis. Ein erheblicher Sanierungsstau sei auch beim Landratsamt aufgelaufen: Für insgesamt 4,05 Millionen Euro ist ein Neubau an der Mühlgasse geplant. Nach gut 50 Jahren sei zudem der Austausch der Fenster im Hauptgebäude notwendig. 3,5 Millionen sind dafür notwendig. Zudem soll für 2,5 Millionen der Anbau aus dem Jahr 1982 energetisch saniert werden. Ein Neubau des Frobenius-Gymnasiums Hammelburg würde bis 2019 zehn Millionen Euro verschlingen.
"Die zu erwartenden Investitionsauszahlungen und der massive Finanzmittelfehlbetrag in den kommenden Planungsjahren werden die Aufnahme neuer Kredite unumgänglich machen", heißt es dazu im Vorbericht zum Haushalt 2016.
"Ich sehe durchaus Potential für eine weitere Senkung der Kreisumlage", widersprach Kreisrat Stefan Lang (FW-CBB) als einziger. Bei 1,8 Millionen Überschuss könnten auch zwei Prozentpunkte weniger erhoben werden - zumindest zeitlich befristet. Lang stimmte als einziger gegen den Entwurf. Grünen-Kreisrat Johannes Wegener kritisierte lediglich den Kreisverkehr bei Langendorf und stellte den Sinn einer vier Millionen Euro teuren Umgehung von Rannungen in Zweifel, stimmte aber trotzdem dem Gesamt-Haushalt zu.
KOMMENTAR von Ralf Ruppert:
Bürgermeister zwischen den Stühlen
Fünf Bürgermeister und drei Ex-Bürgermeister gehören dem zwölfköpfigen Kreisausschuss an. Berücksichtigt man zudem Landrat Thomas Bold und seine beiden Stellvertreter Emil Müller und Alfred Schrenk, die auch bereits als Bürgermeister fungierten, saßen bei der Haushaltsberatung samt Festklopfen der Kreisumlage zwölf Kreisräte am Tisch, die aus eigener Erfahrung um die Sorgen und Nöte der Kommunen wissen.
Trotzdem gab es nur einen einzigen Einwand gegen die "klebrigen Finger" des Landkreises, der heuer den Kommunen erneut tiefer in die Tasche greift. Zum Vergleich: 29,8 Millionen Euro mussten die 26 Kommunen im Jahr 2007 insgesamt ans Landratsamt überweisen, heuer wird mit 41,1 Millionen Euro ein neues Allzeit-Hoch erreicht.
Der Mechanismus ist denkbar einfach: Der Bezirk kann frei festlegen, was er den Kreisen abknöpft, die Landkreise holen sich den größten Teil ihrer Einnahmen bei den Kommunen - und den letzten beißen die Hunde: Städte, Märkte und Gemeinden kämpfen seit Jahren mit klammen Kassen, da reißt eine Zunahme der Kreisumlage um zwei Drittel wie bei der Gemeinde Wildflecken ein riesiges Loch. Und selbst kleine Steigerungen sind für kleine Gemeinden schwer zu verkraften: Wenn Geroda statt 317 000 Euro im Jahr 2015 heuer 369 000 Euro zahlen muss, dann sind das pro Bürger rund 370 Euro, also gut 50 Euro mehr als im Vorjahr.
Die Stadt Bad Kissingen als größter Finanzier des Landkreises berappt heuer knapp 10 Millionen Euro, das sind rund 450 Euro pro Einwohner. Natürlich hat Bad Kissingen den größten Nutzen vom Landratsamt, bringen die Beschäftigten doch auch viel Leben in die Innenstadt. Dass die Stadt Bad Kissingen jedoch aktuell 26 Millionen Euro Schulden vor sich her schiebt, und gleichzeitig dem Landkreis Geld überweist, der aktuell "nur" 17,2 Millionen Euro Schulden hat, aber 29 Millionen Euro in der Kasse hortet, ist doch sehr schwer zu verstehen.