P43-Engstellen an der Rhönautobahn: Sind Erdkabel die Lösung?

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Die Karte zeigt, wo die Stromtrasse geplant ist und wo die Engstellen sind.
Die Karte zeigt, wo die Stromtrasse geplant ist und wo die Engstellen sind.
Grafik: Dagmar Klumb / Quelle: Tennet

Mitte Oktober verkündete Tennet seinen Vorzugskorridor für die P43 entlang der A7. Nicht erst seitdem steht die Frage, wie die Mega-Stromleitung bestimmte Engstellen, vor allem bei Römershag und Elfershausen, passieren soll. Jetzt gibt es erste vage Antworten.

Das Hindernis scheint unüberwindlich - zumindest wenn man eine 380-Kilovolt-Freileitung bauen will. Links der Autobahn die Wohnbebauung des Bad Brückenauer Stadtteils Römershag, bis fast an die dortige Talbrücke heran. Rechts Kernzonen des Biosphärenreservats Rhön, streng unter Naturschutz stehend. Wie soll da eine Stromtrasse mit 55 bis 65 Meter hohen Strommasten und einem mindestens ebenso breiten "Schutzstreifen" unterkommen?

Im weiteren Verlauf der A7 wird es nicht besser: Die Sinntalbrücke überspannt zwischen Römershag und Riedenberg das recht tief eingeschnittene Tal des Wildbachs Sinn. Quasi auf gleicher Höhe wie die Fahrbahn klebt der Röderhof am Hang; fast unter der Brücke sitzt der Stockhof.

Eine weitere, scheinbar unüberwindliche Engstelle tut sich weiter südlich bei Elfershausen auf: Auf der einen Seite der Autobahn die steilen zerklüfteten Hänge des Schwedenberges; auf der anderen eine Neubausiedlung. Wie will der Übertragungsnetzbetreiber Tennet, der die Trasse plant, da durchkommen?

Engstellen wie diese scheint es im Vorzugskorridor im Landkreis Bad Kissingen weitere zu geben: Da wären die Grenzwaldbrücke bei Speicherz und die Anschlussstelle Hammelburg.

"Insel" im Naturschutzgebiet

Jakob Euba aus Volkers hat bei einem von Tennet Ende Oktober angebotenen Infomarkt einen Mitarbeiter des Unternehmens nach der Engstelle bei Römershag gefragt. Der habe ihm eine mögliche Trassenführung aufgezeigt. Demnach würde die P43-Freileitung von Norden kommend bis auf Höhe Volkers westlich der A7 geführt. Dann, kurz vor Römershag , überspanne sie in nordöstliche Richtung die Autobahn. Auf der Seite befinde sich zwar eine Kernzone des Biosphärenreservats Rhön, aber auch eine "Insel" im Naturschutzgebiet, auf der Strommasten stehen könnten.

Das Problem, dass im weiteren Verlauf die Römershager Wohnbebauung und die beiden Aussiedlerhöfe im Sinntal den Weg der Freileitung scheinbar versperren, will Tennet laut Euba über eine speziell bayerische Schwachstelle in den Gesetzen lösen.

Mindestabstände

Eigentlich stehen im Bundesbedarfsplan für die dort aufgeführten Freileitungsprojekte mit einer Spannung ab 220 Kilovolt Mindestabstände von 200 Metern zur Wohnbebauung im Außenbereich und 400 Metern zu Wohngebäuden in Ortschaften. Hessen habe diese Abstände in seinen Landesentwicklungsplan (LEP) übernommen, weswegen der Vorzugskorridor beispielsweise einen Schlenker um Uttrichshausen macht, so Euba, der auch Mitglied in der Bürgerinitiative "Sinntal gegen die Stromtrasse" ist.

Im bayerischen Landesentwicklungsplan sei das nicht so klar geregelt: "Die Abstandswerte sind ein Grundsatz der Raumordnung, weswegen sie nicht strikt einzuhalten, sondern in Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen sind. Eine Unterschreitung ist also möglich, wenn es gewichtige Sachgründe dafür gibt", heißt es aus dem Münchner Wirtschaftsministerium.

Heißt: Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine Freileitung näher als 400 Meter an Römershag und weniger als 200 Meter an den beiden Weilern vorbeigeführt wird. Nur überspannt werden darf Wohnbebauung per Gesetz definitiv nicht. Jakob Euba will sogar vom Tennet-Mitarbeiter gehört haben, dass man dort genau auf diese Lücke setze. Auch für die Engstelle bei Elfershausen könnte das eine Option werden.

Arten-, Boden- und Gewässerschutz noch nicht geprüft

Cindy Schemmel, Referentin für Bürgerbeteiligung und Kommunikation bei Tennet, möchte "genaue Trassen-Verläufe noch nicht erklären". Dazu sei die planerische Flugebene noch zu hoch, in dem 1000 breiten Vorzugskorridor viel möglich. Noch stehe nicht einmal fest, ob die vorgeschlagene Variante an der A7 die endgültige werde.

Im jetzigen Planungsschritt wurde laut Schemmel geprüft, ob die Fulda-Main-Leitung entlang der Autobahn technisch machbar sei. Dazu seien zum Beispiel Wohngebiete und Naturschutzräume abgeprüft worden, aber noch nicht der Arten-, Boden- und Gewässerschutz. "Vertieftere und detailliertere Ergebnisse kommen im nächsten Schritt, der Planfeststellung", verspricht Schemmel . In dem Zusammenhang dürfte es interessant werden, wie das Bad Brückenauer Wasserschutzgebiet bewertet wird, das die Fernstraße durchschneidet.

Die Tennet-Mitarbeiterin schreibt: "Eine direkte gesetzliche Vorgabe für einen Mindestabstand von Freileitungen zu Wohnbebauungen gibt es nicht." Im hessischen LEP seien die 400 und die 200 Meter als Ziel der Raumordnung festgelegt. "In Bayern ist dies als Grundsatz der Raumordnung nicht beschrieben."

Cindy Schemmel verweist auch auf die Option, die auch Fulda-Main-Leitung genannte P43 über einige Kilometer als Erdkabel zu führen. Um Internet unter https://gis.arcadis.nl/age_prod/Mecklar-Bergrheinfeld/Map finden sich sogenannte "Prüfstellen". Dort sehen die Planer große Probleme, mit einer Freileitung inklusive 55 bis 65 Meter breitem Schutzstreifen auf der gesamten Korridorbreite von 1000 Metern technisch durchzukommen. Und ziehen daher eine Erdverkabelung in Betracht.

Ein solcher Punkt läge demnach an der Grenzwaldbrücke bei Speicherz, die ein Naturschutzgebiet an der Kleinen/Schmalen Sinn überspannt. Weiter in Richtung Süden kämen die Engstellen oberhalb von Römershag, aber auch an der Sinntalbrücke bei Riedenberg. Den weiteren Verlauf an der A7 sehen die Planer offensichtlich nicht so problematisch. "Prüfstellen" gibt es erst wieder am Schwedenberg bei Elfershausen und an der Anschlussstelle Hammelburg.

Für die unterirdische Trassenführung dürften "Kabelübergangsanlagen" zwischen Freileitung und Erdkabel nötig werden. Sie fressen einen halben bis eineinhalb Hektar Fläche. Wo diese stehen könnten, kann Schemmel nach jetzigem Planungsstand nicht sagen.