Alltagsbegleiter bringen Pflege, Betreuung und Hilfe im Haushalt unter einen Hut und werden oft zu Vertrauten. In Schweinfurt wird in dieser Hinsicht schon Pionierarbeit geleistet.
"Es ist logisch und selbstverständlich, aber man muss es halt machen." Bernd Stelzer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Schweinfurt, skizziert mit diesen Worten die Notwendigkeit des Berufes Alltagsbegleiter, den es zwar vom Namen her schon seit einiger Zeit gibt, der aber in Schweinfurt kreativ und bedarfsgerecht mit weiterem Inhalt befüllt wurde. In seiner Version "Made in Schweinfurt" hat er eine neue Dynamik entwickelt. Alltagsbegleiterinnen, bis jetzt sind es zum Großteil Frauen, sind hier sozusagen "Three in one", wenn es darum geht, Menschen mit Hilfebedarf unter die Arme zu greifen.
Drei in eins, weil Pflegeassistenz (leichte pflegerische Tätigkeiten wie Hilfe beim Anziehen oder Duschen etc.), Betreuungsassistenz (Erinnerungsarbeit bei Demenz, Begleitung zu Arzt oder Friseur, mal ein Spiel spielen) und Hauswirtschaftliche Hilfen (Kochen, Bügeln, Waschen etc.) in einem maßgeschneiderten Angebot und in einer Person zusammenkommen. Alltagsbegleiterinnen schließen die Lücke, die weder Betreuung noch Pflege füllen können, ohne zu ihnen in Konkurrenz zu treten. Wie dieser vielfältige Beruf aussieht, wer dafür in Frage kommt und welche Voraussetzungen dafür zu erfüllen sind, wurde nun in den Räumen der Bundesagentur für Arbeit vorgestellt.
Angehörige entlasten
Ein Berufsbild, das es bereits erfolgreich von der Theorie in die Praxis geschafft hat. Ulrich Buchholz, Leiter der Caritasstation St. Michael in Werneck ist einer derjenigen, der an das Potenzial der Alltagsbegleitung glaubt. Schon vor sieben Jahren hat er erkannt, dass da viel Raum ist zwischen reiner Pflege und dem was zum Beispiel berufstätige Familienmitglieder zeitlich für ihre Angehörigen leisten können. Seinerzeit hat er mit einer Kollegin angefangen, mittlerweile sind es 24, und er hat dabei immer eng mit der Bundesagentur für Arbeit in Schweinfurt zusammengearbeitet. Die Nachfrage und der Bedarf sind weiter hoch, so seine Erfahrung. Er kann sich gut vorstellen, dass in wenigen Jahren 50 Kolleginnen und vielleicht auch Kollegen als Alltagsbegleiter im Einsatz sein werden.
"Alltagsbegleiter sind auch Seelenpfleger, tragen dazu bei, dass der Mensch länger in seinen eigenen vier Wänden bleiben kann und die Angehörigen entlastet werden", ist er sich sicher. Simone Rückel und Jaqueline Wegner, die seit Herbst als Alltagsbegleiterinnen unterwegs sind, teilen diese Auffassung. Denn sie dürfen sich Zeit lassen für ihre "Kunden", für die sie nicht selten zu Vertrauten werden. Sie sorgen nicht nur für gebügelte Wäsche oder ein warmes Essen, sie organisieren auch Arzt- oder Gymnastiktermine, geben dem Leben der ihnen Anvertrauten Struktur, motivieren und haben auch mal Zeit für Kaffee, Kartenspiel oder einen kleinen Ausflug. Anders ausgedrückt: Es braucht Herz und Hand, um eine gute Alltagsbegleiterin zu sein. Umfassend und dem jeweiligen Bedarf angepasst sind solche Einsätze nicht nur im Privathaushalt, sondern auch zum Beispiel in Wohngemeinschaften oder Heimen möglich.
Einsamkeit und Isolation
Älteren Menschen nicht nur praktisch, sondern auch aus Einsamkeit und zunehmender Isolation zu helfen, ist aber nur die eine Seite der Medaille. Denn auch für die Frauen, die sich auf dieses Berufsbild einlassen, eröffnen sich neue Horizonte. "Alltagsbegleitung kann ohne Vorkenntnisse und in jedem Alter erlernt werden und ist häufig der Einstieg in die weitere Qualifizierung für Pflegeberufe", sagt Doris Küfner-Schönfelder, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt.
"Man fährt mit hin zu den Menschen und findet heraus, ob es einem liegt", sagt Jaqueline Wegner, die seit dem Spätsommer dabei ist. Qualifizierungsmöglichkeiten, die über die Bundesagentur für Arbeit finanziert werden, gibt es reichlich, werden modular oder in Vollzeit (etwa fünf Monate) angeboten. Alltagsbegleiterin, für viele ein Türöffner für einen der vielen Pflegeberufe. Renate Rahm zum Beispiel hat vor einigen Jahren so angefangen, heute ist sie Pflegefachkraft und hat - wie sie selbst sagt - ihren Traumjob gefunden. Davor war sie in der Fabrik, hat für einen Bekleidungshersteller gearbeitet. Nach dessen Insolvenz dann die völlige berufliche Neuorientierung.
Ein Beruf, in dem es "menschelt"
Genau solche Menschen will man ansprechen, so Qualifizierungsberaterin Iris Zwierlein. Berufliche Wiedereinsteigerinnen, Umsteigerinnen, Jobsuchende, bei denen man das Gefühl hat, "die können das". Denn können kann nicht jeder, auch wenn zunächst keine Vorbildung erforderlich ist. "Man muss es wollen", sind sich alle einig, die bereits damit Erfahrung gemacht haben. Ohne Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen ist dieser Beruf, in dem es schon sehr "menschelt", kaum zu machen. Organisatorisches und planerisches Geschick, Freude an hauswirtschaftlicher Arbeit und "Zuhören können" sind gefragt. Aber: "Wir sind keine Putzfrauen."