Nahbar und unkonventionell: Marcus Lingel als neuer Eigentümer der Bank Schilling erklärt beim Pressegespräch, was er mit dem Geldinstitut am Marktplatz vor hat.
Hinter der Fassade der Bank Schilling stehen die Zeichen auf Veränderung. Alles wird in den kommenden Monaten aufeinander abgestimmt. An der Spitze der neue Eigentümer Marcus Lingel. Er ist für einen Kurzbesuch aus München angereist. Klar ist: Manches wird nicht mehr so sein, wie es war. So verschwindet im Laufe des Jahres auch der Schriftzug der Bank Schilling von der prominenten Adresse in der Altstadt. Passanten, Kunden und Mitarbeiter werden sich an den neuen Namen gewöhnen müssen: Merkur Privatbank.
Als Geschäftsführer vor Ort
Wie geht es dort weiter? Erfrischend locker spricht Marcus Lingel über sein Verständnis von Bankgeschäften. Zusammen mit Andreas Maurer blickt er in dem nüchternen Besprechungszimmer bei Kaffee und Kuchen auf das gemeinsame Projekt. Die Zusammenführung der Banken nach der Übernahme soll Maurer als Geschäftsführer der Merkur Bank vor Ort managen.
"Die Kunden sind offen", empfindet Lingel die Einstellung der Kunden zum frischen Wind in dem Geldhaus. Die Grundstimmung der Mitarbeiter sei gut. Aber: "Es gibt auch eine gewisse Verunsicherung", hat er unter den Beschäftigten ausgemacht. Durch Personalgespräche sollen diese Sorgen genommen werden.
Deutlich versucht sich Lingel im Pressegespräch von den Großen in der Branche abzusetzen. "Wir spekulieren nicht auf Zinsveränderungen", stellt er klar. Um nicht in Interessenskonflikte zu geraten, biete man keine eigenen Produkte, etwa eigene Fonds, an. Für alles, was passiert, hafte er mit seinem eigenen Kapital. "Ich habe hier ja keinen Zwei- oder Vierjahresvertrag, sondern lebenslänglich", sagt Lingel schmunzelnd.
Auf Augenhöhe
Das Zusammenwachsen beider Banken sei eine neue Erfahrung für alle Beteiligten. Es schlucke ja hier nicht der viel Größere den Kleineren, sondern man bewege sich gewissermaßen auf Augenhöhe. "Die Bank Schilling passt zur Merkur Privatbank, wie eine Schublade in den Schrank", zieht Lingel Vergleiche. Zumal es im Filialnetz keine regionalen Überscheidungen gibt. Beide Banken waren bisher unternehmergeführt. Unter dem gemeinsamen Nenner soll sich daran nichts ändern. "Bei uns zählt der Handschlag noch etwas", wirbt der Schwabe für seinen Kurs.
Genüsslich erzählt der 50-Jährige die Geschichte der Merkur Bank. Sie beschränkte sich seit der Gründung 1959 als Merkur Bank Horowicz KG zunächst auf den Verkauf von Medaillen und Sorten. 1986 hatte sie gerade mal ein Kreditvolumen von sechs Millionen Euro und sieben Mitarbeiter. Dann kaufte sie Siegfried Lingel, der Vater von Marcus Lingel. Fortan ging es aufwärts.
In Familienhand erweiterte die Bank ihre Geschäfte zunächst mit Bauträgerfinanzierung. Für sich alleine hatte die Bank 2018 auch mit Filialen in Thüringen und Sachsen eine Bilanzsumme von 1,3 Milliarden Euro bei 167 Beschäftigten. Durch die Hammelburger Übernahme springt sie auf eine Bilanzsumme von über zwei Milliarden Euro. Sie zählt damit zu den größten inhabergeführten Banken in Deutschland.