Naturschutz kontra Spektakel beim BraveheartBattle

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Ursprünglich hätten die Teilnehmer etwa einen Kilometer durch die Brend stapfen sollen. Jetzt wird das Rhöner Gewässer weitaus weniger belastet. Foto: Jürgen Schmitt
Ursprünglich hätten die Teilnehmer etwa einen Kilometer durch die Brend stapfen sollen. Jetzt wird das Rhöner Gewässer weitaus weniger belastet. Foto: Jürgen Schmitt
Ein Teil der Strecke führt über reguläre Wanderwege. Das finden nicht alle gut. Foto: Jürgen Schmitt
Ein Teil der Strecke führt über reguläre Wanderwege. Das finden nicht alle gut. Foto: Jürgen Schmitt
 
Mit dem Gewässerschutz vereinbar sind Querungen der Brend. Um den Leidensdruck zu erhöhen, wurden Netze über den kleinen Fluss gespannt, die die Bravehearts zum Kriechen zwingen. Foto: Pas-Team
Mit dem Gewässerschutz vereinbar sind Querungen der Brend. Um den Leidensdruck zu erhöhen, wurden Netze über den kleinen Fluss gespannt, die die Bravehearts zum Kriechen zwingen. Foto: Pas-Team
 

Der Extremlauf rund um Bischofsheim hat viele Auflagen.

Für die einen ist das BraveheartBattle ein Spektakel. Ein Ereignis, das der Region nur gut tun kann. Überregionale Aufmerksamkeit ist garantiert beim Extremlauf am Samstag rund um Bischofsheim. Mit etwa 3000 Teilnehmern und noch viel mehr Zuschauern, die auch einen Batzen Geld in die Rhön bringen. Aber womöglich auch allerhand Kummer. Sagen die kritischen Stimmen, die einen unnötigen und nicht zuletzt unangebrachten Eingriff in die Natur befürchten. Wir fragten nach bei den Umweltschützern und den Organisatoren.


Absurd und maßlos

"Diese Art von Veranstaltungen gehört zu einer inzwischen aus den Fugen geratenen Eventkultur in Deutschland. Die dafür notwendigen Strukturen und die organisatorischen Maßnahmen sind äußerst aufwändig. Die Veranstaltung hinterlässt nicht nur Abfälle, sie erzeugt Verkehr bei Teilnehmern wie Zuschauern. Insofern sehe ich diese Veranstaltung ähnlich wie Skilanglauf in Arenen im Ruhrgebiet, für den Schnee aus dem Alpenraum angekarrt werden muss. Die Begriffe 'absurd' und 'maßlos' sind meines Erachtens eine passende Einschätzung. Es gibt andere Wege, um Abenteuer und Herausforderungen zu finden", findet Franz Zang klare Worte. Der 67-Jährige ist seit vier Jahren der Vorsitzende der Kreisgruppe Bad Kissingen im Bund Naturschutz. Der ehemalige Sportlehrer hat "prinzipiell Verständnis für den Bewegungsdrang und die Lust auf Abenteuer. Ob all das aber Werbung für die Region ist, mag ich nicht beurteilen. Es kommt wohl darauf an, mit welchen Attributen eine Region assoziiert werden will."


Stress für die Vögel

Zu den Kritikern gehört auch Dieter Fünfstück vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). Der Oerlenbacher spricht den möglichen Schaden für jene Vogelarten an, die auf dem Durchzug sind oder bereits ihr heimisches Revier wieder besetzt haben. "Die Hochrhön ist noch schneebedeckt, weswegen sich die Vögel kaum bewegen, um Energie zu sparen. Bei solchen Menschenmassen ist der Stressfaktor doch leicht nachvollziehbar bei all dem Lärm und der Bewegung. Werden die Fettreserven zu schnell aufgebraucht, kann dies lebensbedrohlich sein. Und an so was denken doch die wenigsten", sagt der Vorsitzende der Kreisgruppe.


Sportler und Kritiker

Als Sportler, der er auch ist, sieht Dieter Büttner das BraveheartBattle als Herausforderung. "Von der sportlichen Seite betrachtet, ist das in Ordnung. Vielleicht laufe ich sogar mit", sagt der 57-Jährige, der regelmäßig im Rhön-Grabfeld-Cup startet und immer mal wieder einen Halbmarathon läuft. Der Bischofsheimer ist aber auch Rhönklub-Vorsitzender in Bischofsheim. Und das verändert den Blickwinkel. "In diesem Ausmaß hat das mit sanftem Tourismus nichts mehr zu tun, zumal deswegen doch kein Urlaubsgast mehr in Zukunft kommt. Mit 500 Leuten fände ich das in Ordnung, aber nicht in dieser Dimension", sagt Dieter Büttner, der einen Teil der Strecke abgelaufen ist. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass da nichts kaputt geht: Wege, Fauna und Flora werden leiden. Es ist ein zweischneidiges Schwert. Man hätte die Bürger besser informieren sollen. Der Sportverein und der Rhönklub hier im Ort wurden jedenfalls nicht mit ins Boot geholt."


Es braucht Erfahrungswerte

"Wir haben keine Erfahrungswerte. Wir haben alles nach bestem Wissen und Gewissen organisiert. Abgerechnet wird zum Schluss", sagt Dirk Franzke vom Ordnungsamt in Bischofsheim. Und meint dies durchaus wörtlich, weil Kosten für Beschilderung, Straßensperren etc. dem Veranstalter in Rechnung gestellt werden. "Der Stadtrat hat seine Zustimmung gegeben. Auch bei uns in der Verwaltung gibt es Pro und Kontra. Wir stehen aber mit den Organisatoren ständig in Verbindung und müssen jetzt schauen, wie es laufen wird."


Modifizierungen

Maßgeblich in die Vorabplanung involviert war die Untere Naturschutzbehörde in Bad Neustadt. "Wir untersuchen die ganze Wegestrecke auf ihre Verträglichkeit mit der Natur. Wir prüfen zunächst, ob es sich um ein Naturschutzgebiet handelt oder um ein Flora-Fauna-Habitat-Gebiet, das europarechtlich geschützt ist", erklärt Dieter Weisenburger. So ist zum Beispiel die Brend als ein sogenanntes FFH-Gebiet ausgewiesen. "Wenn 3000 Leute auf größerer Strecke durch die Brend waten, ist das nicht unbedingt im Sinne des Naturschutzes. Es gab mehrere Entwürfe des Veranstalters, die modifiziert wurden nach gemeinsamen Begehungen. Und es wurden immer Lösungen gefunden", erklärt der Fachreferent für Naturschutz. "Auch Vertreter der Fischerei, der Stadt und der Rettungsdienste haben abschließend die Strecke durchgesprochen. Jetzt sollte alles soweit in Ordnung sein."


Kompromissbereit

Auch Joachim von Hippel geht offensiv mit dem Thema Naturschutz um, verweist bereitwillig auf die vielen Auflagen, die es zu erfüllen gilt. "Von der Skisprungschanze in Haselbach sollte es quer rüber nach Bischofsheim durchs Wasser gehen, etwa einen Kilometer. Da gab es konkrete Bedenken vom Wasserwirtschaftsamt, Fischereiverband und Naturschutz. Jetzt wird auf Wander- und Flurbereinigungswegen gelaufen, weshalb die Strecke um einige Kilometer länger wurde", sagt der Veranstalter, der auch Abstriche in Bischofsheim machen musste, wo die Brend nur auf einem kleinen Stück gequert werden darf. Bereits am frühen Samstagabend beginnen die Aufräum- und Abbau-Arbeiten. "Am Sonntag sind nur noch Restarbeiten zu erledigen. Dann wird die Strecke ein letztes Mal abgefahren, um etwaigen Müll aufzusammeln", sagt der Masterchief.