Höchst erfolgreiche Maskerade

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"Spark - die klassische Band" - das sind (v.l.) Stefan Glaus, Mischa Cheung, Victor Pluttaz, Andrea Ritter und Daniel Koschitzki. Foto: Ahnert
"Spark - die klassische Band" - das sind (v.l.) Stefan Glaus, Mischa Cheung, Victor Pluttaz, Andrea Ritter und Daniel Koschitzki. Foto: Ahnert

"Spark - die klassische Band" heizte mit ungewöhnlichem Brennstoff dem Publikum im Rossini-Saal ein.

Nein, für den aufrechten Streichquartett-Apostel ist "Spark - die klassische Band" nichts. Die fünf Musiker, überwiegend aus der Schweiz, nutzen nur die Maskierung des Flötenquintetts, um etwas zu tun, was nicht im Vordergrund der klassischen Kammermusik steht: um des eigenen Vergnügen willens zu musizieren und das Publikum dabei mitzunehmen.

Das genügt eigentlich schon, das ist schon sehr viel, wenn's gelingt.
Sätze wie "Die fünf Musiker genießen es, sich von Stück zu Stück neu zu erfinden" oder Floskeln wie "Mut zum Risiko" braucht es nicht - abgesehen davon, dass sie unverständlich sind. Wenn sie loslegen, ist das Publikum dabei - und nicht nur, weil das Programm "Folk Tunes" heißt.


Aus Altem ganz Neues machen

Man kann auch nicht sagen, dass da die Klassik in die Moderne geholt wird. Wenn etwa Jonannes Motschmann (*1978) alte Volksliedthemen verwendet wie "Hoch auf dem gelben Wagen", dann macht er das nicht, weil ihm nichts einfällt, sondern weil sich aus diesem Thema wunderbar etwas Neues, Eigenes machen lässt, weil sich der Schwung des Liedes neu gestalten und umsetzen lässt.

Das Stück war ein Modell für den Abend, der Originalkompositionen mit folkloristischen Wurzeln und Bearbeitungen - viele vom Ensemble selbst - vereinte: von Fazil Say und Jonne Valtonen, Jacob van Eyck und Lev Ljove Zhurbin, Lera Auerbach und Sulchan Zinzadse, Chiel Meijering, Jacques Duphly und Michael Nyman und damit aus vielen Epochen und Kulturkreisen: Immer war es das Erwachsen des Rhythmischen aus der Verdichtung und damit letztlich das Wachsen von Emotionalität auch in Richtung Publikum. Dort kam sie auch an.


Großer Respekt vor Bach

Irgendwie war es schon bezeichnend: An Johann Sebastian Bach und seine Mega-Arie "Schafe können sicher weiden" haben sich die fünf Musiker nicht wirklich herangewagt, davor hatten sie wohl zu großen Respekt. Denn die Bearbeitung bestand im wesentlichen darin, dass alle Instrumente einmal das wunderbare Thema spielen durften. Und da zeigte sich vor allem bei den Flöten, wie schwierig es ist, die abgrundtiefe Ruhe, die die Arie vermittelt, musikalisch zu gestalten.

Und noch etwas fiel - angenehm - auf: Wann kommt es schon vor, dass fünf junge Musiker, die sich zu Modernisierern der tradtionellen Musik erklären, auf die Bühne kommen und nicht als erstes ihre Instrumente an ein Kabel anstecken, sondern durchwegs unplugged spielen. Obwohl man es sich gegen Ende manchmal ein bisschen gewünscht hätte, um die klangliche Bandbreite zu vergrößern und das Untergehen von einzelnen Stimmen zu vermeiden.

Denn so durchaus mitreißend die einzelnen Sätze waren, hatten sich die Ausdrucksmittel schnell angenähert, gestatteten Gewöhnung. Das lag allerdings auch ein wenig an Mischa Cheung, der dem Flügel nicht allzu viele Differenzierung abnötigte, der sich selten ins Leise, ins Geheimnisvolle begab und dadurch auch das Etikett des Experimentellen verschüttete. Vielleicht hätte sich mit Hilfe der Elektrizität eine Spannung erzeugen lassen, die dem Aroma des Mutig-Biederen enteilte.

Aber unterm Strich konnte man schon verstehen, dass das Publikum von Spark drei Zugaben forderte - und gerne auch noch mehr gehabt hätte.