Haushalt: Neue Altstadt schluckt alle Kräfte

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Vorplanung für Altstadtsanierung: Ein Student aus Berlin steigt in einen Kissinger Kanal. Foto: Ruppert/Archiv
Vorplanung für Altstadtsanierung: Ein Student aus Berlin steigt in einen Kissinger Kanal.  Foto: Ruppert/Archiv

Die finanzielle Situation Bad Kissingens hat sich verbessert, allerdings besteht weiter ein großer Investitionsstau bei der Infrastruktur. ( Mit Kommentar )

Fünf Millionen Euro Stabilisierungshilfe hat die Stadt in den vergangenen beiden Jahren vom Freistaat bekommen und auch beim Blick auf die Steuereinnahmen hat Kämmerer Gerhard Schneider Grund, sich zu freuen. "Bei den Steuern haben wir gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 1,35 Millionen Euro. Hier spielt die Musik", berichtete er während der Haushaltsberatung im Finanzausschuss. Steuern stellen mit 30,7 Millionen Euro die wichtigste Einnahmequelle der Stadt dar.

Die Ausgangssituation hat sich verbessert, wenn gleich kein Grund zum Jubel besteht. "Wir haben eine Verringerung der Schulden, aber es bleibt ein Sanierungsstau bei der Infrastruktur und wir haben einige Großprojekte anstehen", sagte Schneider. Der Schuldenstand ist seit 2010 nicht wie befürchtet angestiegen, sondern wurde gesenkt, von 27 Millionen auf derzeit 25 Millionen Euro.

Die Einnahmen haben sich in den letzten Jahren zwar gut entwickelt, ein Großteil der Erträge wurde allerdings von gestiegenen Ausgaben etwa im Bereich Schulen und Kindergärten, beim Personal und in der Infrastruktur aufgebraucht. Der Schuldenabbau war vor allem zu Lasten der Infrastruktur möglich. Wichtige Investitionen wie etwa die Erneuerung der Fußgängerzone sowie diverse Straßen- und Kanalsanierungen wurden bisher geschoben, stehen aber jetzt an.
 


Geld für Kanäle und Straßen

2017 sollen Erhardstraße, Maria-Ward-Weg inklusive Kanälen sowie der Mühlbach im Bereich Stadtpfarrkirche und Liebfrauensee für 7,7 Millionen Euro angepackt werden. Die Sanierung der Dr. Georg-Heim-Straße muss dagegen weiter warten. Die Beckensanierung des Freibades wartet (siehe) und langfristig kommt auch die Erneuerung beziehungsweise der Neubau der Hennebergschule auf die Stadt zu. Ab 2018 steht das 24-Millionen-Euro-Projekt Neue Altstadt an. "So etwas hatte die Stadt in so kurzer Zeit noch nicht zu stemmen", sagte der Kämmerer zu dem Jahrhundert-Projekt. Er mahnte an, das Konsolidierungskonzept fortzusetzen, um weiter staatliche Finanzhilfe zu erhalten. Laut Schneider ist die Begrenzung der Stabilisierungshilfe auf fünf Jahre aufgehoben, Bad Kissingen könne auch darüber hinaus auf Unterstützung hoffen.

Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD) mahnte wie in den vergangenen Jahren zu Sparanstrengungen. "Es geht uns nicht so gut, wie wir das gerne hätten", sagte er, und: "Die Situation ist aber beherrschbar, wenn wir uns beherrschen." Eine Steuererhöhung schließt er aus, dafür sollen Gebühren, etwa für Stadtbücherei, Museum Obere Saline und für Sporthallen angepasst werden. Sparpotenzial sieht die Verwaltung vor allem im Bauunterhalt, zum Beispiel beim Turniergebäude in der Au. Hier wurden 100 000 Euro für Maßnahmen gestrichen, stattdessen drohen auf kurz oder lang Sperrungen. "Wir haben mit der Altstadtsanierung die größte Einzelinvestition der Stadt überhaupt vor der Brust. Daneben wird wenig Luft für anderes bleiben", betonte Blankenburg.


Personalkosten steigen stark

Ein Streitpunkt in der Haushaltsdebatte war unter anderem das Personal. Die Personalkosten steigen aufgrund von Stellenmehrungen, und Tariferhöhungen in 2017 um 750 000 Euro gegenüber dem Vorjahr an. Die Personalkosten gehören mit 14,4 Millionen Euro neben der Kreisumlage (16,2 Millionen Euro) zu den größten Ausgabeposten der Stadt. Steffen Hörtler kritisierte, dass die Personalkosten in zwei Jahren um zehn Prozent gestiegen sind. Blankenburg entgegnete, dass er derzeit keine Möglichkeit sehe, am Personal zu kürzen. Er betonte, dass die Stadt auch dadurch Geld sparen könne, indem sie Personal aufstockt und fremdvergebene Aufgaben wieder selbst erledigt, wie bei der Kanalreinigung.


Tiefbau stößt an Grenzen

Der Haushaltsplan wurde fraktionsübergreifend befürwortet. Kritik kam von der CSU, die die Kürzung bei der Freibadsanierung ablehnt. Fraktionssprecher Michael Heppes wünschte sich außerdem eine andere Gewichtung bei den Investitionen. Er hält freiwillige Projekte wie den Umbau des Spielplatzes Schützenstraße zum Wasserspielplatz trotz hoher Zuschüsse für derzeit nicht sinnvoll. "Wir möchten lieber noch eine Straße mehr umsetzen", sagte er. Blankenburg lehnte das ab. Das Tiefbauamt sei mit der Erfüllung der Pflichtaufgaben sowie dem Projekt Neue Altstadt ausgelastet.

Drei Mitarbeiter hatten den Tiefbau dieses Jahr verlassen, die Nachbesetzung ist noch nicht abgeschlossen. Viel Arbeit ist deshalb liegen geblieben. Bauamtsleiter Jan Voll erklärte dass es deshalb vorrangiges Ziel sei, bis Ende 2017 die Priorisierungsliste für Straßen und Kanäle zu erstellen und außerdem die Planung für die Neue Altstadt abzuschließen. Um den Tiefbau zu entlasten, befürwortete der Finanzausschuss einen Antrag der Freien Wähler, zwei zusätzliche Bautechniker für die Altstadtsanierung einzustellen.


Haushalt in Zahlen

Bilanz 2017 Im Haushalt 2017 stehen Einnahmen von 50,62 Millionen Euro Ausgaben von 52,48 Millionen Euro gegenüber. Beide Posten sind im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, das Defizit fällt um 0,1 Millionen Euro schlechter aus. Die Kämmerei rechnet mit einem Minus von 1,86 Millionen Euro. Vorgesehen sind in 2017 Investitionen über 8,3 Millionen Euro.

2015 Das Haushaltsjahr 2015 schließt besser ab, als erwartet. Im Vergleich zur Planung erhöhte Einnahmen von 50,36 Millionen Euro stehen verminderten Ausgaben von 47,93 Millionen Euro gegenüber, so dass ein Plus von 1,94 Millionen Euro bleibt. Geplant war ein Minus von 0,7 Millionen Euro.

Schulden Der Schuldenstand der Stadt liegt zum 31. Dezember 2016 bei 25 Millionen Euro und liegt damit deutlich unter der angesetzten Marke von 32 Millionen Euro.


Mehr Manpower für Tiefbau

Ein Kommentar
Die Entscheidung, Personal im Tiefbau für die Altstadtsanierung aufzustocken, ist richtig. Zum einen, weil sie ein Projekt voranbringt, das schon seit Jahren wie ein Damoklesschwert über Stadt, Anwohnern, Gastronomen und Einzelhändlern schwebt. Es ist ein Signal an die Bürger, dass das Jahrhundert-Projekt nicht noch Jahrhunderte auf sich warten lässt. Zum anderen ist die Entscheidung richtig, weil dadurch andere Bereiche im Tiefbau entlastet werden. Dieses Jahr wurde keine einzige Straße saniert, 2017 sind es "nur" zwei. Vielleicht gibt es ja in einem Jahr eine Perspektive für die Anwohner von Holperstraßen.