"Vereinsterrorismus"
Als "perfides Pamphlet" bezeichnete Reinhardt ein Schreiben Walters, in dem er ihm nahe gelegt habe, sich von der Rhönklub-Arbeit zurückzuziehen. "Vereinsterrorismus", so Reinhardt. Walter kommentierte: "Ich stehe zu diesen Ohrfeigen. Wir wollen uns als Regionsvorstand mit dem Hauptvorstand zusammensetzen und haben keine Rückmeldung bekommen und warten jetzt auf die Einladung des Hauptvorstandes und sonst gar nichts. Es soll über Inhalte gesprochen werden, sachlich über die Zukunft des Rhönklubs."
Ein ganzes Bündel an Anträgen lag dem Hauptvorstand vor. So beantragte der Zweigverein Mellrichstadt eine Änderung der Geschäftsordnung. Neben Fragen der Ausstattung der Geschäftsstelle ging es um die Besetzung offener Stellen. Der Bewerberauswahl müsse der geschäftsführende Hauptvorstand zustimmen, um für die notwendige fachliche Eignung des Personals zu sorgen. Auf diese Weise sollte verhindert werden, dass ausschließlich der Präsident Posten besetzt, so der Inhalt des Antrags.
Beschlussfähigkeit gegeben?
Ein heftiger Wortwechsel entspann sich zum Thema Personal-Qualifikation und Vetternwirtschaft. Der Präsident wollte den Antrag wegen Nichtigkeit von der Tagesordnung nehmen, da sich der Hauptvorstand ohnehin auf Basis der Satzung die Geschäftsordnung selbst gibt. Letztlich wurde abgestimmt und der Antrag abgelehnt. Doch zu diesem Zeitpunkt hatten schon viele Delegierte den Saal verlassen. Ob überhaupt eine Beschlussfähigkeit gegeben war, wurde nicht überprüft.
Der Antrag aus Mellrichstadt sollte auch den Weg bereiten, um einen qualifizierten hauptamtlichen Geschäftsführer einzustellen. Dieser Antrag wurde von der Saale-Sinn-Region gestellt. Laut Reinhardt habe dies der Hauptvorstand schon beschlossen, doch aus Kostengründen und sozialer Verantwortung werde eine "Billiglösung" angestrebt. Eine der Damen der Geschäftsstelle solle diese Funktion übernehmen. "Der Hauptvorstand bestimmt die Modalitäten", sagte Reinhardt und entfachte damit erheblichen Diskussionsstoff.
Über mehrere Anträge von Zweigvereinen, unter anderem aus dem Zweigverein Gersfeld, namentlich aufgeführte Mitglieder als Beisitzer in den Hauptvorstand zu berufen, wurde nicht abgestimmt. Laut Reinhardt nehme ausschließlich der Hauptvorstand Berufungen vor, und zwar Manfred Jordan (Region Fulda), Klaus Neißer (Region Saale-Sinn), Lothar Schmitt (Region Ulster) und Dr. Silvio Hartmann (Region Werra). Über den Antrag von Margit Trittin eine Zukunftswerkstatt "Zukunft und Kommunikation" für den Gesamtrhönklub nach dem Vorbild der Saale-Sinn Region ins Leben zu rufen, wollte der Rhönklub-Präsident nicht abstimmen lassen. "Weil schon genug über Kommunikation gesprochen wurde." Die Delegierten bestanden auf Abstimmung und sprachen sich für eine Zukunftswerkstatt aus.
Nicht realisierbar sei der Antrag von Margit Trittin zu Informationen der Mitgliederentwicklung des Gesamt-Rhönklubs in den Jahren 2010 bis 2020 aufgeschlüsselt nach Altersstruktur und Geschlecht. Da keine Unterlagen geführt werden, seien Informationen nur über die Jahre 2020 und 2021 zu geben, so der Präsident. Der Antrag des Würzburger Zweigvereins, den Kalender-Versand über den Hauptvorstand zu organisieren, wurde abgelehnt. Dies würde den Hauptvorstand 30 000 Euro kosten. Eine Versendung mit der Vereinszeitschrift sei organisatorisch nicht möglich, erklärte Reinhardt.
Angenommen wurde der Antrag von Margit Trittin künftig wieder ganztägige Hauptversammlungen zu organisieren, um mehr Raum für Austausch und Impulsvorträge zu bieten. Angenommen wurde der Antrag des Präsidenten, den Zweigverein Elm aus dem Rhönklub auszuschließen, da seit 2015 keine Vereinstätigkeit mehr erfolge und unklar sei ob der Verein überhaupt noch existiere. Zugestimmt wurde der Fusion der Zweigvereine Reichenhausen und Kaltensundheim.
Die nächste Hauptversammlung des Rhönklubs wird am 10. Juli vom Rhönklub-Zweigverein Bischofsheim in Frankenheim (Rhönhalle) ausgerichtet.
Stimmen zur Hauptversammlung
Albrecht Back, Vorsitzender des Zweigvereins Salz, fragt sich nach den teils heftigen Debatten bei der Jahreshauptversammlung des Gesamt-Rhönklubs, wie der weitere Umgang mit dem Präsidenten Jürgen Reinhardt aussehen kann. "Er war es, der das Gift in die Debatte getragen hat." Schon vor zwei Jahren bei der Wanderjahr-Eröffnung auf dem Kreuzberg habe er von "subversiven Kräften" gesprochen. "So etwas geht nicht. Das ist undemokratisch. Er ist nicht offen für Vorschläge und verkehrt sie ins Negative", so Back. Respekt habe er für Bernhard Walter, den kommissarischen Vorsitzenden der Saale-Sinn Region. Der habe die persönlichen Angriffe des Präsidenten ruhig und souverän in Kauf genommen.
Profi gefordert
Einiges habe sich Back bei der Hauptversammlung nicht erschlossen. Das Thema Geschäftsführer beispielsweise. Der Hauptvorstand habe offenbar beschlossen einen Geschäftsführer einzustellen, doch nicht so, wie es der Antrag der Saale-Sinn Region wollte, dass eine Person von außen - hauptamtlich - den Rhönklub auf Vordermann bringe. Stattdessen soll nach Vorstellung des Präsidenten eine Mitarbeiterin der Geschäftsstelle diesen Posten übernehmen.
Dass der Saale-Sinn-Vorschlag unter dem Aspekt der Kosten und einer drohenden Beitragserhöhung von Seiten des Präsidenten verhindert werden soll, ist für Back kein Argument. "Der Rhönklub sitzt auf 300 000 Euro. Um in die Zukunft zu investieren, muss auch mal Geld in die Hand genommen werden. ... Ein Profi hat durchaus andere Möglichkeiten als die Damen der Geschäftsstelle, an Fördermittel heranzukommen."
Als "unsäglich" und "unmöglich eingefädelt" bezeichnete Back die Debatte um die Digitalisierung. Natürlich müsse sich der Rhönklub digital aufstellen und habe großen Nachholbedarf, doch so einiges blieb bei der Vorstellung durch den Vertreter des Rhönklubs Eichenzell im Dunkeln. Unklar, wer hier am Ende möglicherweise profitiere. Andererseits hätten sich aber auch Vertreter von Zweigvereinen in der Versammlung mit ihren Kommentaren nicht mit Ruhm bekleckert.
Hammelmann: Es war heftig
Dieser Ansicht ist auch Thomas Hammelmann (Stellvertretender Vorsitzender Rhönklub Bad Kissingen). "Es war schon heftig", sagt er. Sicher, der Präsident sei "aus der Rolle gefallen", doch auch Eingaben eines Vertreters der Saale-Sinn Region seien übers Ziel hinaus geschossen. Unfair fand Hammelmann die Buh-Rufe gegen den Präsidenten. "Das ist auch nicht akzeptabel. Warum haben diese Personen keinen Gegenkandidaten gestellt?" Hammelmann gibt sich die Antwort selbst: "Es hätte mich gewundert, wenn sich jemand gemeldet hätte. Da stellt sich keiner freiwillig hin."
Zum Thema Geschäftsführer sagt Hammelmann: "Der Präsident versuchte den Vorschlag unter dem Tisch zu halten. Mit dem Personal der Geschäftsstelle ist das aber nicht zu leisten, das macht keinen Sinn." Hammelmann weist aber darauf hin, dass Jürgen Reinhardt viel Zeit in den Rhönklub investiere, allerdings neue Ideen und neuen Schwung gebe es nicht. "Er macht seine Arbeit, lässt aber vieles auch dahinplätschern."
Spaltung schon im Gang
Die Saale-Sinn-Region des Rhönklubs kommt am 13. November in Oberbach zu ihrer Hauptversammlung zusammen. Ein Vertreter eines großen Zweigvereins wünscht sich eine "Trotzreaktion" der Region im Sinne von "jetzt erst recht", dass die Region ihrerseits ihre Vorstellungen umsetzt und vorangeht. Dies könnte zu einer weiteren Spaltung im Rhönklub beitragen. Man beobachte schon seit längerem eine Spaltung der Region Fulda gegen die Region Saale-Sinn.