Vorteil oder Scheinlösung?

2 Min
Ignaz Schneider will sich nicht gegen die Dorfplatzsanierung sperren. Ihn stört nur der Abrechnungsmodus der Straßenausbaubeiträge. Für sein Elternhaus muss die Erbengemeinschaft, der er angehört, rund 21 000 Euro zahlen. Der Wert des Häuschens liege aber nur bei 50 000 Euro. Foto: Heike Beudert
Ignaz Schneider will sich nicht gegen die Dorfplatzsanierung sperren. Ihn stört nur der Abrechnungsmodus der Straßenausbaubeiträge. Für sein Elternhaus muss die Erbengemeinschaft, der er angehört, rund 21 000 Euro zahlen. Der Wert des Häuschens liege aber nur bei 50 000 Euro.  Foto: Heike Beudert

Sind wiederkehrende Beiträge für Grundstücksbesitzer eine Alternative zur gängigen Straßenausbaubeitragssatzung? Ein gebürtiger Seubrigshausener sagt ja.

Ignaz Schneider lebt im Ruhrgebiet. Sein Elternhaus steht am Dorfplatz in Seubrigshausen - ein schnuckeliges Häuschen mit Geranien am Fenster, das von der Erbengemeinschaft weiterhin als Familienmittelpunkt gepflegt wird. Wenn der Dorfplatz umgestaltet wird, fallen für die Erbengemeinschaft hohe Ausbaubeiträge an. Mit 21 000 Euro müssen die Erben rechnen. Für Ignaz Schneider stellt sich deshalb die Frage, ob die in Münnerstadt angewendete Straßenausbaubeitragssatzung zeitgemäß und solidarisch ist. Er glaubt nicht.

Seit diesem Jahr gibt es in Bayern eine zweite Möglichkeit, die Hauseigentümer und Grundstücksbesitzer an den Kosten des Straßenausbaus zu beteiligen. Es ist der sogenannte "Wiederkehrende Beitrag". Diesen hält Ignaz Schneider für gerechter als die geltende Straßenausbaubeitragssatzung.

Schneider hält den Ausbau des Dorfplatzes durchaus für sinnvoll, doch fragt er sich, weshalb alleine die Anlieger bezahlen sollen, wo doch der gesamte Ort profitiert. 80 Prozent der umlagefähigen Kosten sollen die Hauseigentümer am Dorfplatz berappen. "Wir hoffen, dass die Belastung sich noch verringert", sagt Schneider.

Bei wiederkehrenden Beiträgen können ganze Dörfer oder einzelne Stadtbereiche zu einer Gebietseinheit zusammengefasst werden. Jährlich erhebt die Kommune für solche Gebiete einen wiederkehrenden Beitrag von allen Grundstückseigentümern und Hausbesitzern. Aus diesem Fond werden die umlagefähigen Kosten für die Straßenausbauten finanziert. Diese Lösung fände Schneider gerechter und solidarisch.

Besprochen im Stadtrat wurde diese Alternative zum Straßenausbaubeitrag noch nicht. In der jüngsten Stadtratssitzung bestand aber durchaus Interesse daran. Für die nötige Information sollte man einen externen Referenten einladen, findet Blank.

Er selbst zweifelt eher daran, dass der wiederkehrende Beitrag wirklich der goldene Weg ist, vor allem nicht für Münnerstadt. Er weiß aber auch, dass dies eine Glaubensfrage ist. Er sieht den hohen Verwaltungsaufwand, den die Umstellung mit sich bringen würde. Konfliktpotential hätten Beitragssatzungen, egal in welcher Form, ohnehin immer, meint er.

Für Blank ist vor allem die Frage interessant, ob sich die Stadt die Umstellung leisten kann. Seines Wissens nach müssten die Bürger, die in der Vergangenheit schon die einmaligen Ausbaubeiträge bezahlt haben, für die Dauer einer Übergangsfrist keine wiederkehrenden Beiträge bezahlen. Den wiederkehrenden Beitrag könne man sich mit einer Summe von rund 250 Euro pro Jahr vorstellen. Der Fond, der Straßenausbau finanzieren würde, wächst dadurch langsamer als vielleicht benötigt. Geklärt werden müsste zudem, ob die Stadt im Zuge ihrer Haushaltskonsolidierung auf die wiederkehrenden Beiträge umstellen könnte.


Eine bindende Entscheidung

Das Ja zu wiederkehrenden Beiträgen sei eine Entscheidung auf Jahrzehnte,, vergleichbar mit dem Beschluss, Leistungen im Kanal- und Wasserleitungsbau über Gebühren und nicht über Beiträge zu finanzieren, gab Blank zu bedenken.


Geteilte Meinungen

Nach Meinung der bayerischen Staatsregierung ist der wiederkehrende Beitrag eine Lösung, die Kommunen Planungssicherheit gebe und Bürger vor übermäßigen einmaligen Kosten schütze. Der Verband Deutscher Grundstücksnützer wiederum fürchtet, dass der von den Bürgern jährlich gezahlte Betrag in der Summe der Jahre sogar höher ist als bei einmaligen Ausbaubeiträgen. Auf seiner Homepage bezeichnet der Verband dies als Scheinlösung. Er fordert grundsätzlich die Abschaffung der Ausbaubeiträge in Bayern.

Der bayerische Gemeindetag wiederum sieht in der Alternative zu der klassischen Ausbaubeitragssatzung Vorteile (beispielsweise die solidarische Verteilung), aber auch Nachteile. So könnten bei größeren (Gewerbe)-Grundstücken die Belastungen sogar steigen.

In der jüngsten Stadtratssitzung klang das Thema "Ausbaubeiträge" im Falle von Seubrigshausen kurz an. Es kam die Frage auf, ob der städtische Anteil an den Ausbaubeiträgen am Dorfplatz theoretisch von derzeit 20 auf 35 Prozent erhöht werden könne. Dazu müsste die Straße um den Dorfplatz aber von der Anliegerstraße zur Erschließungsstraße hochgestuft werden. Auch hier führt Blank die Haushaltskonsolidierung als Gegenargument ins Feld.


Übliche Praxis

Zum konkreten Fall in Seubrigshausen gibt Helmut Blank zu bedenken, dass die Anlieger des Dorfplatzes bislang noch nie Straßen-Erschließungskosten bezahlen mussten - anders als Anwohner der Neubaugebiete. Gerne würde die Stadt grundsätzlich auf Ausbaubeiträge verzichten. Aber sie könne sich das nicht leisten, sagt Blank, der darauf verweist, dass in Unterfranken 97 Prozent der Kommunen Ausbaubeiträge erheben.