Trotz Kürzungen ein genussreiches Konzert

2 Min
Das Ensemble Vokal Münnerstadt und das Südthüringische Kammerorchester konzertierten am 3. Advent in der Münnerstädter Stadtpfarrkirche. Foto: Gerhild Ahnert
Das Ensemble Vokal Münnerstadt und das Südthüringische Kammerorchester konzertierten am  3. Advent in der Münnerstädter Stadtpfarrkirche. Foto: Gerhild Ahnert

Das Ensemble Vokal Münnerstadt und das Südthüringische Kammerorchester präsentierten gemeinsam Georg Friedrich Händels "Messiah" in Münnerstadt.

Es gibt zwei Großwerke, die bevorzugt aus dem Notenschrank geholt und auf die Pulte und in die Chormappen gelegt werden, wenn es wieder Zeit ist, die Ankunft Christi unter den Menschen zu melden und zu feiern: Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium und Georg Friedrich Händels Messiah. Es sind zwei Werke von außerordentlicher Strahlkraft, wobei ersteres sich sozusagen zeitdeckend in seinen sechs Kantaten auf die ersten Tage im Leben Jesu bezieht, während Händels Oratorium in einem umfangreichen ersten Teil sich zwar auch der Geburt Jesu widmet, in den Teilen zwei und drei die Geschichte aber weiterführt zur Passion und zur Erlösung - Aspekte, die bei Bach nur durchschimmern.

Regionalkantor Peter Rottmann hatte sich mit seinem Ensemble Vokal Münnerstadt und dem Südthüringischen Kammerorchester in diesem Jahr für Händel entschieden, und zwar mit einer gewissen Konsequenz. Denn wenn man sich und seinen Leuten schon die Arbeit des Einstudierens macht, dann sollte sich das auch lohnen. Und so gab es bereits vor einigen Wochen zwei Aufführungen in der Bach-Hochburg Eisenach auf der Wartburg, die sich bestens behaupten konnten. Und jetzt, traditionell am 3. Advent, eine weitere in der Münnerstädter Stadtpfarrkirche.


"Best of Messiah"

Natürlich konnten die Messias-Freunde bedauern, dass Peter Rottmann für diese Aufführung, aus welchen Gründen auch immer, Kürzungen vorgenommen hatte: Die Solopartien von Tenor und Bass waren gestrichen. Freilich war es schade, dass dadurch gewichtige Arien und Rezitative fehlten und dass auch einzelne Sätze aus ihrem fortlaufenden Sinnzusammenhang gerissen waren: sozusagen "Best of Messiah". Aber es war immer noch genug übrig für ein genussreiches Konzert.

Durch dieses Eindampfen geriet der Chor natürlich noch mehr in den Mittelpunkt, als er es in der Vollversion ohnehin schon ist. Vor allem der zweite Teil (Passion und Auferstehung) wurde zur "englischen Woche": Von den elf Nummern musste der Chor acht singen, fünf davon in Folge. Aber es überrascht nicht, dass er diese Aufgabe mit großer Unermüdlichkeit und Präsenz, mit starken Darstellungen, mit Strukturbewusstsein für die mitunter komplizierten Stimmführungen und mit seiner bekannt guten, engagierten Artikulation löste. Und es war erstaunlich, welche Reserven der nicht allzu große, nicht professionelle Chor am Ende dieses Teils noch zusätzlich mobilisieren konnte, um der prächtigen Himmelfahrtsmusik des berühmten "Halleluja" blendende Strahlkraft zu geben. Da konnte man aber auch verstehen, dass im stark gekürzten dritten Teil der Adrenalinspiegel etwas absank - aber nicht auf Kosten der Genauigkeit. Es war freilich auch das dritte Mal.


Zweigleisigkeit zog sich durch die ganze Aufführung

Die beiden Solopartien hätte man - ganz im Sinne Händels - nicht kontrastierender und zielführender besetzen können. Denn die Sopranistin Radka Loudova-Remmler und die Altistin Katrin Edelmann standen für die beiden Aspekte, um die es Händel in seinen Oratorien ging und die die beiden Sängerin schon aufgrund ihrer fachlichen Herkunft verdeutlichen konnten: die opernhafte Virtuosität der hohen Stimme und die introvertierte Virtuosität der tiefen Stimme. Besonders deutlich wurde das bei dem berühmten Duett "Er weidet seine Herde" kurz vor Ende des ersten Teils. Die beiden Strophen werden von demselben Zwölfachteltakt getragen. Aber Katrin Edelmann sang diese Metapher der Geborgenheit im Glauben mit ruhiger, nach innen gewandter Gewissheit im Sinne einer Selbstüberzeugung, während sich Radka Loudova-Remmler mit Nachdruck an die Gemeinde wandte, um sie mit ihrer Stimmkraft zu erreichen: "Kommt her zu ihm, die ihr in Nöten seid" und die Konsequenz einforderte: "Nehmt auf euch sein Joch" - eine Zweigleisigkeit, sie sich sinnfällig durch die ganze Aufführung zog.


Bestseller im Auftragsbuch

Beim Südthüringischen Kammerorchester merkte man, dass der "Messias" zurzeit einer der Bestseller im Auftragsbuch ist. Das Ensemble spielte unaufgeregt und routiniert, mit einer gut ausbalancierten Betonung des Continuos. Peter Rottmann hatte da nicht allzu viel zu tun. Schade nur, dass gelegentlich die Geigenstimmen zumindest in manchen Bereichen von der schwierigen Akustik der Kirche geschluckt wurden.

Zum Schluss gab's wieder das gemeinsame Lied von Aufführenden und Publikum: die vier Strophen des kraftvoll gesungenen "Adeste fideles", begleitet von der Empore von der großen Orgel und gut gelaunt schmetternden Trompeten - sozusagen als Signal nach ganz oben, dass die Botschaft angekommen war. Auch das hat eigentlich Tradition. Für Johann Sebastian Bach war es selbstverständlich, dass die Gemeinde in den Aufführungen seiner Oratorien die bekannten Choräle mitsang. Wer die Texte nicht kannte, konnte sie am Eingang käuflich erwerben.