Seit 31 Jahren Herr über Akten und Urkunden

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Dieses 90 Jahre alte Werbeplakat für das Heimatspiel präsentierte Stadtarchivar Klaus Dieter Guhling beim Erzählcafé in Sankt Elisabeth. Insgesamt umfasst die Plakat-Sammlung des Stadtarchivs und 3500 Stücke. Dieter Britz
Dieses 90 Jahre alte Werbeplakat für das Heimatspiel präsentierte  Stadtarchivar Klaus Dieter Guhling beim Erzählcafé in Sankt Elisabeth.  Insgesamt umfasst die Plakat-Sammlung des Stadtarchivs und 3500 Stücke.  Dieter Britz

Zeitungen, Bilder und Plakate - wichtige Zeitdokumente sammelt Klaus Dieter Guhling im Stadtarchiv in Münnerstadt. Beim Erzählcafé sprach er darüber.

"Alle Macht den Archivaren, sonst wird die Nachwelt nichts erfahren" - Stadtarchivar Klaus Dieter Guhling kennt diesen Spruch ganz sicher, auch wenn er ihn nicht in den Mund genommen hat, als er beim Erzählcafé im Seniorenzentrum Sankt Elisabeth in Münnerstadt über das Stadtarchiv und seine Arbeit sprach. Der Studiendirektor i. R. ist seit 31 Jahren Herr über unzählige ältere Urkunden, Akten, Zeitungsbände, Zeitungsausschnitte, Fotos, Plakate, Bücher. Die älteste Urkunde stammt aus dem Jahr 1308.

"Ich bin Lehrer, Sammler und an Geschichte interessiert, das ist eine wichtige Voraussetzung für einen Stadtarchivar", sagt er schmunzelnd. Er sammelt zusammen mit einigen Helfern nicht einfach nur. "Man muss auch wissen, was man hat", sagte er dazu. Deshalb wird auch alles akribisch geordnet und digital erfasst. Baldur Kolb, der Organisator des Erzählcafés, hob bei der Begrüßung hervor, dass Klaus Dieter Guhling Begründer des Erzählcafés im benachbarten Juliusspital war.

Archiviert und verschlagwortet

Kernaufgabe eines Stadtarchivs ist es, Schriftgut aus dem Rathaus, das dort nicht mehr benötigt wird, zu archivieren. So umriss Klaus Dieter Guhling dessen Aufgabe. Aber auch das Geschehen in Vereinen, Parteien, Firmen, Institutionen hat das Archiv im Blickpunkt. Ganz wichtig sind hier die Zeitungen. Mithilfe seines Archivs konnte er zum Beispiel klären, wann das erste Erzählcafé in Sankt Elisabeth stattfand. Der Artikel darüber ist archiviert, mit Schlagworten versehen und war deshalb leicht aufzufinden: besagtes Erzählcafé fand im Dezember 2009 statt, gesprochen hat die damalige stellvertretende Landrätin Magdalena Dünisch.

Guhling schilderte, dass das Archiv, das in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts öffentlich nicht zugänglich war, auf dem Dachboden des Rathauses und dann im Schloss untergebracht war. Erst 1969/70, als das Schloss saniert wurde, kamen die immerhin gut sortierten Akten in eine eigene Kammer. Pater Dr. Thomas Beckmann war seinerzeit der Archivar. 1982, erst zehn Jahre nach der großen Eingemeindungswelle, wurden die Archive der früher selbstständigen Gemeinden dem Stadtarchiv zugeschlagen. Guhling vermutet, dass in diesen zehn Jahren einiges an Archivmaterial aus den Stadtteilen abhanden kam. Von 1982-1987 war der pensionierte Schuldirektor Josef Willmann Archivar.

Zeitungsberichte als Zeitdokument

1987 übernahm Klaus Dieter Guhling diese Aufgabe. "Als Sammler war mir klar, dass bloßes Verwalten nicht reicht", sagte er. Zentrale Bedeutung haben für ihn die örtlichen Zeitungsberichte, denn "was heute geschieht, ist morgen Geschichte und wird in den Zeitungen dokumentiert." Seit 1884 habe es in Münnerstadt eine Lokalzeitung gegeben. "Vor meiner Zeit ist es versäumt worden, sie zu sammeln, das musste nachgeholt werden." Die Bände der Münnerstädter Volkszeitung von 1884 bis 1932 konnte er von einem Dachboden fürs Archiv retten - "ich hatte schon geahnt, dass die Bände irgendwo sein müssen, das ist ein einmaliger Bestand, das gibt es sonst nirgendwo", freute er sich. Was das die Stadt gekostet hat? Sie hat mit dem Nachlassverwalter vereinbart, dass sie für einige Jahre die Pflege des Grabes des früheren Eigentümers der Bände übernimmt. Die Übernahme dieser Bände nennt Klaus Dieter Guhling eine echte Sternstunde.

Rettung in letzter Sekunde

Doro Hanshans, die rechte Hand von Klaus Dieter Guhling, beobachtete, wie bei einer Entrümpelungsaktion Zeitungsbände aus dem ersten Stock eines Hauses flogen, um ins Altpapier zu wandern. Die 280 schweren und sperrigen Bände konnten im letzten Augenblick fürs Archiv gerettet werden. "Bürgermeister Helmut Blank packte persönlich mit an, um diesen Schatz zu bergen", erzählte der Stadtarchivar.

Bilder gesucht

Neben Akten und Zeitungen werden im Stadtarchiv auch Fotos gesammelt. Viele stammen aus Nachlässen oder wurden von Bürger gebracht. Die Archive der Fotografen Anton Müller und Christian Winterstein konnten übernommen werden. Auch die Negative und Dias von Gerhard Fuhrmann, der jahrzehntelang für Zeitungen fotografiert hat, sind im Stadtarchiv. Guhling bittet, archivwürdige Bilder dem Stadtarchiv zur Verfügung zu stellen. Auch an Sterbebildchen ist das Archiv interessiert.

Kein Archiv ohne Bücher. Rund 2500 sind es, natürlich nicht alle über Münnerstadt selbst. Gesammelt werden auch Periodika wie Pfarrblätter, Jahresabschlussberichte von Schulen oder Vereinen. Auch die Chroniken, die von Vereinen anlässlich von Jubiläen herausgegeben werden, sind archivwürdig. Die Bücher haben die Stadt übrigens so gut wie nichts gekostet, sie stammen zum allergrößten Teil aus Nachlässen. Nicht zu vergessen die 3500 Plakate im Stadtarchiv. Viele Vereine hängen vor Veranstaltungen ihre Plakate in Geschäften auf. Die holt das Archiv dann oft ab, wenn die Veranstaltungen vorüber sind.

Ein besonders wertvolles Stück hatte Klaus Dieter Guhling beim Erzählcafé dabei: ein Werbeplakat für das Heimatsspiel im Jahr 1928. Roman Jonas hat alle Plakate digital erfasst, denn "man muss wissen, was man hat", so der Stadtarchivar. Auch Barbara Jonas, Elisabeth Wüst sowie Dr. Johannes Becker arbeiten im Archiv mit, alle "für Gottes Lohn." Natürlich gehören zu jedem Archiv auch Urkunden. Die älteste stammt, wie schon erwähnt, von 1308. Im Jahr 1472 wurde ein Bürgerverzeichnis verfasst, in dem alle Haushaltsvorstände der Stadt aufgeführt sind - ein Steuerregister. Das Stadtarchiv Münnerstadt hat seinen Sitz in der Zentscheune und ist montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr geöffnet.