Eine begehbare Betonskulptur im Friedhof von Maria Bildhausen soll andie Menschen erinnern, die im Dritten Reich Opfer der NS-Euthanasie wurden.
Acht Heimbewohner aus Maria Bildhausen sind während des Nationalsozialismus Opfer des damaligen Euthanasie-Programmes geworden. Ihnen soll jetzt ein Denkmal gesetzt werden - zur Mahnung an zukünftige Generationen und als spätes Gedenken. Rainer Waldvogel stellte im Bauausschuss des Stadtrates die begehbare Skulptur vor, die im Friedhof der Klosteranlage errichtet werden soll. Emotional waren die Informationen, die Rainer Waldvogel (Gesamtleiter Maria Bildhausen) und Thomas Pfarr, der für die künstlerische Seite sprach, zur Gedenkstätte gaben.
Rainer Waldvogel berichtete von Schloss Hartheim in Österreich; die Anlage gewann traurige Bekanntheit, weil dort Menschen mit Behinderung von nationalsozialistischen Ärzten getötet wurden. "Dort haben die Nazis das systematische Morden gelernt", erklärte Rainer Waldvogel. 199 Behinderte des Dominikus-Ringeisenwerkes, darunter acht aus Maria Bildhausen, seien dorthin in den sogenannten grauen Bussen deportiert worden. Rainer Waldvogel erzählte, er habe noch Ordensschwestern kennengelernt, die diese schlimme Zeit miterlebt und sich schützend vor ihre Schützlinge gestellt hätten. Aber verhindern konnten sie in vielen Fällen deren Deportation nicht.
Die Idee für ein solches Denkmal sei bei einer Informationsfahrt nach Schloss Hartheim entstanden, erläuterte Rainer Waldvogel. Die Initiative ging von dem Münnerstädter Galeristen Thomas Pfarr und dem Kleinrinderfelder Künstler Willi Grimm aus. Beide wollten das Morden künstlerisch sichtbar machen.
Symbole der Hoffnung
Thomas Pfarr war mit Willi Grimm bei dieser Informationsfahrt nach Schloss Hartheim dabei. "Es lässt dir keine Ruhe mehr", betonte Thomas Pfarr in der Sitzung. Dieses Thema müsse aufgearbeitet werden, war Grimm und Pfarr schnell klar. Die begehbare Skulptur sei aus Beton gefertigt und schroff. "Wir wollen die Brutalität sichtbar machen", so Thomas Pfarr. Symbolische Beile sollen gewissermaßen eine Wunde in die Dachkonstruktion schlagen.
Doch laut Thomas Pfarr ist die Gewalt nur eine Seite der Skulptur - Hoffnung ist die zweite. Bemalte Glasfenster sollen Zeichen der Hoffnung, der Göttlichkeit sein. Sie werden ein vielfarbiges Licht in den ansonsten spartanisch ausgestalteten Innenraum bringen; der Raum soll der Meditation und dem Nachdenken dienen. Der 89-jährige Künstler Willi Grimm, der Maria Bildhausen eng verbunden ist, arbeitet zwischenzeitlich an den Glasfenstern.
Rainer Waldvogel berichtet, dass die Gedenkstätte im kommenden Jahr offiziell ihrer Bestimmung übergeben werden soll. Anlass ist der 90. Geburtstag des Künstlers Willi Grimm.
150 000 Euro sind für die Errichtung der begehbaren Skulptur veranschlagt, die im Innenraum eine Fläche von ca. 30 Quadratmetern bietet. Die Kosten werden zu einem Drittel durch ehrenamtliche Tätigkeit (Architekten-Planung, künstlerische Ausführung etc) und je zu einem Drittel von der St. Josefskongregation und dem Dominikus-Ringeisen-Werk getragen. Kreisheimatpfleger und Denkmalschutz hätten positive Stellungnahmen zur Verwirklichung gegeben, so Rainer Waldvogel.
Stadtrat Fabian Nöth wollte wissen, ob zusätzlich zu der Skulptur auch eine Besucherinformation erstellt werden soll. Rainer Waldvogel betonte, dass in erster Linie die Skulptur für sich sprechen solle. Allerdings gehört zum Gesamtkonzept des Dominikus-Ringeisenwerkes, dass im Rahmen von Aktionstagen und Führungen das Thema näher gebracht und somit Sensibilität geschaffen wird. "Die Greueltaten sollen nicht in Vergessenheit geraten", ist der Wunsch Waldvogels.
Diskussionen um die Erstellung des Mahnmals gab es im Bauausschuss nicht. "Diesem Antrag müssen wir zustimmen", lautete die Feststellung von Bürgermeister Helmut Blank.