Angenagte Bäume, Dämme im Flusslauf oder Wohnröhren in den Uferwiesen - der Biber hinterlässt im Lauertal seine Spuren.
Der Biber erobert Stück für Stück die heimischen Fluss- und Bachläufe zurück. Auch an der Lauer ist er heimisch. "Der Biber hat die Lauer fest im Griff", stellt der ehrenamtliche Biberbeauftragte für das Lauertalgebiet, Heinz Becker (Poppenlauer), fest. Das Tier wird der Spaziergänger in freier Wildbahn eher selten zu Gesicht bekommen, doch seine Spuren sind mittlerweile für jedermann sichtbar, egal ob in Münnerstadt nahe der Lauerbrücke, ob am Landschaftssee in Poppenlauer oder an ufernahen Obstbaumanlagen entlang der Lauer.
Zehn bis 15 Tiere
Als Heinz Becker 2004 das Amt des ehrenamtlichen Biberbeauftragten für die Region übernahm, gab es in der Lauer noch keine Tiere. Mittlerweile schätzt er den Bestand auf zehn bis 15 Exemplare. Und er wächst weiter. 2015 wurden in der Lauer drei Reviere kartiert, erklärt Doris Hupfer vom Landratsamt in Bad Kissingen.
Sie ist dort an der Unteren Naturschutzbehörde mit den Bibern befasst. Jungtiere sind zwischenzeitlich aber auch schon in die Nachbargewässer Wannig und Ransbach gewandert. Heinz Becker sucht an allen Gewässern im östlichen Landkreis nach Biberspuren. Im Talwasser sei er noch nicht fündig geworden. Das wundert ihn en bisschen.
Als Biberbeauftragter sei er so eine Art Schadensverwalter, erklärt Heinz Becker. Wenn die Tiere entlang der Lauer das Wasser angestaut haben, dann meldet er das der Naturschutzbehörde. Zwischen Münnerstadt und Stadtlauringen habe eigentlich jede Mühle Probleme mit den Bibern, meint Heinz Becker. Denn Nager schaffen Treibholz, das dann in die Rechen der Mühlen gelange.
Heinz Becker ist allerdings erstaunt, wie tolerant vor allem die Landwirte sind. Sie müssen immer wieder fürchten, mit ihren Schleppern in Röhren hängen zu bleiben, die Biber am Lauerufer gebaut haben.
Das komme gelegentlich schon vor. Größere Schäden seien bislang glücklicherweise ausgeblieben. Dort, wo Becker Röhren vermutet, setzt er Pfähle, um Landwirte zu warnen.
Bis zum Bauchnabel im Loch
Der Althausener Landwirt Roland Bieberich erzählt von einem Loch, das er in seiner Wiese im vergangenen Jahr zufüllen musste, damit der Schlepper beim Befahren nicht einsackt. Bieberich selbst hat getestet, wie tief die Röhre in den Boden reichte. Er stand bis zum Bauchnabel in dem Biberloch. Wenn ein Heugerät in ein solches Loch gerät, könnte schon ein Schaden entstehen. "Man muss aufpassen", sagt Bieberich. Aber man kenne die Stellen in den Wiesen.
Bieberich weiß, dass sich der Nager unter anderem bei den Obstbäumen nahe der Lauerbrücke zwischen Althausen und Brünn aufhält.
Dort hatte ihn eine Wildkamera mehrmals abgelichtet, als er bei seiner nächtlichen Futtersuche das Fallobst verspeiste. "Der Biber ist ein Feinschmecker", erklärt Heinz Becker.
Besonders wohl fühlt sich das Tier aber rund um den Landschaftssee bei Poppenlauer. Auch durch den Biber hat sich hier die Landschaft verändert. Heinz Becker zeigt auf die Insel im See. Vor einigen Jahren war diese noch mit einem Boot erreichbar. Zwischenzeitlich hat der Biber dort so viel Holz angesammelt, dass man keine Ankerstelle mehr finde. Die Insel ist jetzt Urwald.
Vogelwelt profitiert
Heinz Becker beobachtet, dass sich die Natur verändert. Es gibt Eisvögel und den Wiedehopf an den Lauerufern. Der Biber trage dazu seinen Teil bei, glaubt Becker. Weil das Tier ganz streng unter Schutz steht, bleiben diese Gebiete sehr naturbelassen. Das nutze beispielsweise auch der Vogelwelt.
Am Landschaftssee sieht Maßbachs Bürgermeister Matthias Klement die Biberaktivitäten gelassen. Als Vorsitzender des Abwasserzweckverbandes hat er allerdings seine liebe Last mit dem Nager. Bei Oberlauringen, aber auch bei Großwenkheim hat der Biber im Umfeld von Verbandsbauwerken die Natur so umgeformt, dass der Zweckverband gezwungen war, Bypässe zu legen, damit das angestaute Wasser nicht die Dämme aufweicht. "Der Kontrollaufwand ist größer als früher", meint Klement.
Mehr Kontrollen
Mehr Kontrollen sind auch beim Wasserwirtschaftsamt nötig. Immer häufiger drohen angenagte Bäume entlang der Ufer umzufallen. Stark beschädigte Bäume werden gefällt, wenn es der Nager nicht schon vorher selbst geschafft hat. Der Biber sei an der ganzen Lauer aktiv, weiß auch Martin Rottenberger vom staatlichen Wasserwirtschaftsamt.
Das sei aber an nahezu allen Gewässern der Region so. Martin Rottenberger sieht die Aktivitäten positiv. "Der Biber verbessert die Gewässerstruktur", erklärt Rottenberger, was wiederum der Tier- und Pflanzenwelt zugute komme. Probleme bekommt die Wasserwirtschaft nur dann, wenn der Biber die Gewässer richtig aufstaut. Darauf werde geachtet.
Ein echtes Biberproblem gebe es noch nicht, meint Bürgermeister Helmut Blank. Die Stadt Münnerstadt stehe aber im engen Kontakt mit der Unteren Naturschutzbehörde. Blanks Haltung zum Biber ist eher fatalistischer Natur. "Es ist der Wille, dass man das hochgeschätzte Tier arbeiten lässt."
Der Biberschutz genießt höchste Priorität. Dämme dürfen beispielsweise nicht entfernt werden. Nur im direkten Umfeld von Mühlen gibt es unter Umständen Genehmigungen.
"Mühlgräben dürfen frei bleiben", erklärt Doris Hupfer.
Was sein wird, wenn die Population weiter kräftig wächst, weiß Heinz Becker nicht. Becker, der auch Jäger ist, glaubt nicht daran, dass die Biber wieder dem Jagdrecht unterstellt werden. Er sieht aber auch, dass die Biber keine natürlichen Feinde haben. Höchstens den Autoverkehr könnte man dazu zählen. Außerdem seien die Tiere sehr robust. Ein Weibchen gebärt zwei bis drei Junge im Jahr. Es werden also immer mehr, denn die Bedingungen seien gut. Heinz Becker hat auf jeden Fall durch die wachsende Population schon viel mehr Arbeit als früher. Einmal wöchentlich ist er auf jeden Fall an den Ufern der Gewässer im östlichen Landkreis unterwegs, um nach dem Rechten zu schauen.
Auch am Landratsamt weiß man, dass die Kartierer vor Ort immer mehr Arbeit haben.
Die Kontrollabschnitte sind groß und der Biber verursacht mehr Schäden, die gemeldet und reguliert werden müssen.
Helfer gesucht
Doris Hupfer von der Unteren Naturschutzbehörde wäre dankbar, wenn sich weitere Naturfreunde finden würden, die die Biberbeauftraten vor Ort durch Kontrollgänge bei ihrer Arbeit unterstützen. Für die Behörde ist es wichtig zu wissen, wo der Biber aktiv ist. Wer Interesse hat, kann sich im Landratsamt bei Doris Hupfer melden.