Mordfall an Unterfranken nimmt überraschende Wendung

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Unter großer Anteilnahme wurde gestern der 47-jährige Zeitlofser zu Grabe getragen, der genau eine Woche zuvor im hessischen Salmünster tot aufgefunden worden war. Ausgerechnet gestern wurden Medienberichte veröffentlicht, die den Fall in ein anderes Licht rücken. Foto: Ralf Ruppert
Unter großer Anteilnahme wurde gestern der 47-jährige Zeitlofser zu Grabe getragen, der genau eine Woche zuvor im hessischen Salmünster tot aufgefunden worden war. Ausgerechnet gestern wurden Medienberichte veröffentlicht, die den Fall in ein anderes Licht rücken. Foto: Ralf Ruppert
Noch immer sucht die hessische Polizei nach Zeugen, die den silbernen Mercedes-Kombi des Zeitlofsers am Tag seines Todes, dem 17. September, gesehen haben. Hinweise an Tel.: 06051/ 8270. Foto: Polizei Hessen
Noch immer sucht die hessische Polizei nach Zeugen, die den silbernen Mercedes-Kombi des Zeitlofsers am Tag seines Todes, dem 17. September, gesehen haben. Hinweise an Tel.: 06051/ 8270. Foto: Polizei Hessen
 

Die Polizei geht offenbar beim Tod des 47-jährigen Zeitlofsers von einem Verdeckungsmord aus: Er könnte sich beim Sprengen eines Automaten verletzt haben, Unbekannte schafften ihn dann zum Bahnhof Salmünster.

Genau eine Woche, nachdem ein 47-Jähriger aus Zeitlofs am Bahnhof Salmünster tot aufgefunden worden war, wurde er gestern zu Grabe getragen. Als "lieben Kerl" beschreiben ihn Zeitlofser. Er sei im Ort aufgewachsen, war vielen bekannt, auch wenn er selten Feste besuchte und wohl einige Jahre auswärts wohnte. Natürlich will niemand etwas schlechtes über den Toten sagen, aber hinter vorgehaltener Hand wird dann doch gemunkelt, er sei ein "Schlawiner" und sein Umgang "nicht eben empfehlenswert" gewesen. Solche Gerüchte untermauert ein Bericht in der gestrigen Ausgabe der Fuldaer Zeitung.

Die jüngste Wendung des Falles scheint fast filmreif: In einer ersten Meldung ging die hessische Polizei zunächst davon aus, dass der 47-Jährige am Dienstag, 17. September, auf einem Parkplatz in der Nähe des Bahnhofes Salmünster erschlagen wurde. Auch nach der Obduktion der Leiche hieß es vergangene Woche noch, dass er durch einen stumpfen Gegenstand am Kopf so schwer verletzt wurde, dass er an den Folgen starb.


Erste Zweifel nach Obduktion

Allerdings sagte der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Hanau, Oberstaatsanwalt Jürgen Heinze, bereits zwei Tage nach der Tat, dass die Ermittlungen "in eine Richtung führen, die uns selbst überrascht und die wir so nicht erwartet haben." Und: "Das ist eine äußerst heikle Geschichte."

Die jüngste Version der Fuldaer Zeitung will Heinze auf Nachfrage der Saale-Zeitung "nicht kommentiert, aber auch nicht dementiert". Auch aus Kreisen der Ermittlungsbehörden gibt es Hinweise, dass sich der Fall so zugetragen hat, wie gestern bekannt wurde.


Bei einer Sprengung verletzt?

Demnach geht die Kriminalpolizei nicht mehr von einem Totschlag, sondern von einer Art Betriebsunfall unter den seit langem gesuchten "Automatenbombern" aus: Der 47-Jährige soll angeblich dabei gewesen sein, als ein Automat gesprengt wurde und von einem umherfliegenden Teil am Kopf getroffen worden sein. Für diese Version spricht unter anderem, dass im Fahrzeug des Opfers jede Menge Blut von ihm gefunden wurde, ohne dass ein Unfall am Fahrzeug vorlag. Die Polizei vermutet deshalb, dass Mittäter den verletzten Komplizen mit dessen Auto nach Salmünster gefahren und dort abgelegt hatten. Die Polizei hat bereits in der vergangenen Woche festgestellt, dass zu wenig Blut auf dem Parkplatz gefunden worden war.

Aufmerksam gemacht wurde die Polizei in der Tat-Nacht von einem anonymen Anrufer. Die Vermutung liegt nahe, dass die Komplizen noch versuchten, dem Opfer medizinische Hilfe zukommen zu lassen. Erfolglos. Gefahndet wird nun nach den Mittätern - und zwar nicht etwa nur wegen unterlassener Hilfeleistung oder Körperverletzung mit Todesfolge, sondern wohl wegen eines so genannten Verdeckungsmordes. Davon sprechen Juristen vor allem dann, wenn etwa Zeugen einer Straftat umgebracht werden, um sie zum Schweigen zu bringen. Die Mordkommission Gelnhausen reiht auch den Tod des 47-Jährigen aus Zeitlofs vorerst noch in diese Kategorie ein. Auf einen solchen "Verdeckungsmord durch Unterlassen" steht laut Paragraf 211 des Strafgesetzbuches eine bis zu lebenslängliche Freiheitsstrafe.

"Wenn jemand in unserem Bereich stirbt, sind wir immer eingebunden, aber mehr kann ich dazu nicht sagen", lautete gestern das offizielle Statement des Polizeipräsidiums Unterfranken zu dem Fall. Die bayerische Polizei verweist auf die Ermittlungsbehörden in Hessen, die für den Fall zuständig seien. Aus Ermittlungskreisen war zumindest zu erfahren, dass der 47-Jährige bereits bei der Polizei in Erscheinung getreten sei, allerdings nicht wegen Kapitalverbrechen.

Die Kriminalpolizei in Gelnhausen (Tel.: 06051/ 8270) sucht derweilen immer noch nach Zeugen. Vor allem das Fahrzeug des Opfers, ein silbergrauer Mercedes, steht im Mittelpunkt der Ermittlungen: Der Kombi wurde wohl erst Stunden nach der Tat am Bahnhof in Schlüchtern abgestellt. Ein schwerer Fall für die Polizei, deshalb gilt weiterhin die Aussage von Inbert Zacharias, Pressesprecher beim Polizeipräsidium Südosthessen in Offenbach: "Wir ermitteln in alle Richtungen."